limbus
12.01.2007
Kommentar
„Die Wolken ziehen über den sonst azurblau gefärbten Himmel.“
Mein erster Gedanke war: „Aha. Pärsens. Der wird noch in der Zeit verrutschen.“ Allerdings, ich bin positiv überrascht, hast du's dann doch durchgehalten. Ein paar Verbesserungen:
„Mit jedem Millimeter, den sie voran kommen[,] verstreichen die Sekunden. Zeit[,] die niemand zurückholen kann. Was wäre, wenn die Zeit für einen Moment still [stünde]?“
„Kein Ton oder kein Luftzug und auch keine Bewegung auf ihr. Und doch würde es niemand bemerken.“ Du scheinst selbst gemerkt zu haben, dass diese vielen „und“ sich ein wenig seltsam anhören, da hast du einfach schnell ein „oder“ eingefügt. Also haben wir bei einem Zeitstillstand entweder Ton oder Luftzug? Wie wär's stattdessen damit: „Kein Ton, kein Luftzug, auch keine Bewegung auf ihr. Und doch würde es niemand bemerken“? Vielleicht sogar ein „bemerkte es niemand“.
„Es wird Abend in meiner kleinen Welt. Ich sehe schon zum hundertsten Mal auf die Uhr und hoffe, dass der große Zeiger endlich die 12 erreicht hat.“
Ich Rate zum Konjunktiv. So? „Es wird Abend in meiner kleinen Welt. Zum hundertsten Mal sehe ich schon auf die Uhr und hoffe, der Zeiger würde endlich die 12 erreichen.“
„Es wird Zeit[,] den Rechner runterzufahren, meinen Schreibtisch ein wenig zu ordnen und dann zu verschwinden, denke ich mir.“ Iich den umgangssprachlichen Ausdruck „runterfahren“ vermeiden. Und für die bessere Verständlichkeit ein wenig an der Satzstellung basteln: „Es wird Zeit, denke ich mir, den Rechner herunterzufahren, meinen Schreibtisch ein wenig zu ordnen und dann zu verschwinden.“
„Aber alles[,] wozu ich in diesem Moment fähig bin, ist[,] darüber nachzudenken, wie es wohl sein wird[,] sie wieder zusehen. Schon stellt sich dieses unverwechselbare Kribbeln ein. Genug, es ist Zeit zu gehen, ermahne ich mich selbst.“
„Ich verlasse das Gebäude und spüre den kalten[, (Vergleiche http://www.ego4u.de/de/cram-up/writing/comma?06)] klaren Wind auf meiner Haut. Noch ein paar Schritte zum Auto und dann auf die Autobahn[.] [I]n einer dreiviertel Stunde [würde] ich da sein.“
„Noch ein paar Schritte zum Auto und dann auf die Autobahn“ liest sich wirklich seltsam. Der Sprung ist zu groß. „Noch ein paar Schritte bis zum Auto und dann mit diesem auf die Autobahn. In einer dreiviertel Stunde würde ich da sein“ vielleicht.
„Vorfreude steigt wieder in mir auf und auch diesmal versuche ich[,] sie zu ignorieren.“ Ich würde das „und“ tilgen: „Vorfreude steigt wieder in mir auf, auch diesmal versuche ich, sie zu ignorieren.“
„Aber die Fahrt macht es mir schwer, die Stra[ß]en alle frei, ohne viel Verkehr[,] und so schweifen meine Gedanken immer wieder ab und malen die schönsten Bilder einer imaginären Ausstellung.“ Klingt nach Telegrafenstil. Ich schlage Konstruktionen dieser Art vor: „Aber die Fahrt lenkt mich nicht ab, die Straßen sind alle frei, es herrscht wenig Verkehr und so schweifen meine Gedanken immer wieder ab und malen die schönsten Bilder einer imaginären Ausstellung.“ Bitte: Was ist eine „imaginäre Ausstellung“? Ich konnte mit diesem Begriff nichts anfangen.
„Wieder schaue ich auf die Uhr, um meinen Gedanken eine andere Richtung zugeben, wissend, dass es auch diesmal nicht funktionieren [würde].“
„So vergehen Sekunden anwachsend zu Minuten, bis ich endlich in die Stra[ß]e einbiege.“
Also ... nein. So geht das nicht. Sekunden anwachsend zu Minuten vergehen? So vielleicht: „So werden die Sekunden zu Minuten, bis ich endlich in die Straße einbiege.“
Welche Straße? Am besten schreibst du den ganzen Satz komplett neu.
„Sie lächelt, als sie mich sieht, eine flüchtige Umarmung und dann die Frage:
[:] was nun? Meine Gedanken sind zu hektisch, so dass mir mal wieder nichts einfällt. Sie sind immer noch bei ihrem Lächeln und meiner Reaktion darauf.“
Würde ich umstellen: „Sie lächelt, als sie mich sieht, eine flüchtige Umarmung und dann die Frage: was nun? Meine Gedanken sind immer noch bei ihrem Lächeln und meiner Reaktion darauf [Welche Reaktion?], so dass mir mal wieder [Überflüssig, wen interessiert das „mal wieder“ denn jetzt?] nichts einfällt.“
„Mexikaner, Essen, Hunger sind die Worte, die diesen Gedankenwald durchdringen[,] und ich stimme zu [Was stimmst du zu?].“
„Es ist ein kleines [Restaurant], [das] wir betreten, die Tische und Stühle sind aus altem Teakholz und wirken rustikal. Auf jedem der Tische leuchtet eine einzelne Kerze.“ Vorschlag: „Auf jedem der Tische leuchtet eine Kerze.“
„In einem dunkleren Winkel spielt eine kleine Liveband mexikanische Songs, die in diesem Moment[] den Zauber dieses Ortes unterstreichen.“ Vorschlag: „In einem dunklem Winkel spielt eine kleine Liveband mexikanische Songs, die den Zauber dieses Ortes unterstreichen.“
„Wir nehmen einen Tisch gegenüber vom Fenster und sind sofort wieder im Gespräch.“ Wirkt seltsam. Davor haben die zwei geschwiegen? Dabei können sie sich doch so gut unterhalten!
„Es ist seltsam, geht es mir durch den Kopf, wie einfach und schön es ist[,] sich mit ihr zu unterhalten.“ Vorschlag: „Seltsam, wie einfach und schön es doch ist, sich mit ihr zu unterhalten.“
„Irgendwann bestellen wir und irgendwann kommt auch das Essen, aber benebelt von dieser einzigartigen Atmosphäre, ihrer Anwesenheit und ihren Worten, rast die Zeit an mir, an uns vorbei.“ Wie, sie ist von ihren Worten und ihrer Anwesenheit benebelt? „Benebelt“ ist auch kein besonders schönes Wort hierfür.
Vorschlag: „Wie um Luft zu holen, schaue ich aus dem Fenster und bemerke die kleinen still fallenden Schneeflocken, die sich leise ihren Weg durch die Nacht suchen.“
„Ich frage sie, ob sie nicht Lust [hätte], ein Stück spazieren zu gehen und sie lächelt, ja sie hatte auch schon eine Idee, wo es hingehen sollte.“ Sagt sie das in dem Text oder ist es nur eine Information? Vorschlag: „Ich frage sie, ob sie nicht Lust hätte, ein Stück spazieren zu gehen. Sie lächelt und hatte auch schon eine Idee, wo es hingehen sollte.“
„Es ist ein Schloss, dem wir entgegen laufen. Kein wirklich großes, aber reich verziert und im orangefarbene[m] Schein der Laternen[] wirkt es wie einem Märchen entsprungen.“ D
Diesen Szenenwechsel finde ich zu holprig. Der erste Satz ist nicht sehr ansprechend, der zweite zu verwirrend. Vielleicht so umstellen: „Wir laufen einem Schloss entgegen. Es ist nicht wirklich groß, aber reich verziert. Im orangefarbenem Schein der Laternen wirkt es, als sei einem Märchen entsprungen.“
„Wir gehen durch den Park, begleitet von Millionen Schneeflocken und Geschichten aus ihrer Vergangenheit.“ Die Vergangenheit der Schneeflocken oder die der Frau?
„Bald schon erreichen wir den Schlosshof.“ Stattdessen „nach einer Weile erreichen wir den Schlosshof“?
Vorschlag: „Wir stehen unter einer Laterne und ich schaue nach oben, in ihr Licht, das die Schneeflocken um uns herum reflektieren. Sie sehen aus wie kleine Glühwürmchen.“
„Ich schaue sie an, in diesem Moment, in ihre Augen und [mit] einem Lächeln in meinem Herzen.“ In welchem Moment? Als er zur Laterne hoch sieht? Wie das?
Vorschlag: „Ich schaue ihr in die Augen, mit einem Lächeln in meinem Herzen.“
„Gibt es diesen Augenblick, [in] dem die Zeit still steht, so wünschte ich, wäre es dieser eine.“
Vorschlag: „Gäbe es einen Augenblick, in dem die Zeit still steht, wünschte ich mir, es wäre dieser.“
Oder, wenn er dazu tendiert, an solch einen Augenblick zu glauben:
„Gibt es einen Augenblick, in dem die Zeit still steht, so wünsche ich, es sei dieser.“
Oder vielleicht lieber im Plusquamperfekt, rückschauend: „Gibt es einen Augenblick, in dem die Zeit still steht, so wünschte ich, es wäre dieser gewesen.“

Antwort von Anonym
ok das nenn ich mal ausführlich, danke

Antwort von Anonym
nach meiner persönlichen einschätzung ist deine "kleine geschichte von der zeit" ziemlich gelungen (auch ohne verbesserung).
sehr gefühlvoll und detailreich - einfach nur schön;)

Antwort von Anonym
dankeschön :)
aber die verbesserungen waren angebracht. ich möchte limbus auch nochmal danken für die mühe, die er/sie sich gemacht hat

Antwort von limbus
Wie ich sehe hast du dir tatsächlich die Mühe gemacht, die Verbesserungsvorschläge durchzulesen. Ich bin gerührt. Das hatte ich nicht erwartet. Nun frage ich mich, welch Gemeinheiten in meinen Kommentar gerutscht sind. Na. Wie auch immer.
Deine Kritikfähigkeit sollte ich mir wohl abschauen.

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