Kommentar zu
ioanna
16.06.2006
@rato
"wer alleine nicht sich selber sein kann.." Ausgezeichnet formuliert und durchdacht; kumulierte Selbstreflexion, die ich teile. Inhärent - kohärent, reflexiven Auflösungserscheinungen mittels einer Beziehung (wie auch immer geartet) entgegenwirken zu wollen, führt zwangsläufig zu einem Identitätsverlust höchsten Ausmaßes. Souveränität, beiseitig, als einziges funktionierendes Moment zur Realisierung einer annähernd gleichberechtigen Beziehung auf Augenhöhe, gilt es zu erreichen und vor allem beizubehalten. Auch hier lauert Gefahr allerorten. Flucht nach vorn aus Feigheit vor der Einsamkeit oder dem Spiegel, führt stets rückwärts. Und dabei geht es doch um progress. Oder sollte zumindest. Nicht?

werden aus sein! von rato
@ioanna: danke für deine spannende auseinandersetzung mit dem thema, die ich gerne gelesen habe. deine reflexionen teile ich gleichermassen voll und ganz. beziehungen verlangen nach arbeit, in der tat, wo sie nicht zu nullsummenspielen degenerieren sollen oder wollen. beziehung als begriff ist eben nur eine worthülse, die definitorisch angereichert werden will. sie will dies durch gelebte beziehung, gelebtes wir aus einem du und einem ich. wo konflikt aus einer beziehung verbannt werden muss, droht selbstauflösung, was das wir in frage stellt. identitätsverlust tritt hier in der tat ein, der zu implosionen des selbstkonzeptes führen kann oder vielmehr muss. balance oder gleichgewicht ist das tragende moment in einer beziehung, die ihren namen auch verdient. es ist ein ziehen und drücken, ein geben und nehmen, an dem gewachsen werden kann. nur so entsteht eben die von dir so schön bezeichnete "beziehung auf augenhöhe", die tiefgang zulässt, wortlos und im wort! tatsächlich bietet eine partnerschaft die möglichkeit, sich im gegenüber spiegeln zu können und damit eine neue perspektive ins eigene werden zu integrieren. progress nenne ich die zunahme an ganzheitlicher selbsterkenntnis im sinne einer profunden bewusstwerdung, die auf verschiedenen ebenen in einer gleichwertigen beziehung gewonnen werden kann. ein bezaubernder prozess kommt so ins rollen, der bremslos sein möchte...
nicht?


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rato
15.06.2006
minus o?
nun, die psyche hat es in sich, es ist eine inhärente eigenart von ihr, dass eben gerade nie etwas gestrichen werden kann, selbst da nicht, wo mann/frau dies so möchte. man kann psychisches nur verdrängen oder aber mit neuen eindrücken gewissermassen überstreichen (die farbe darunter bleibt!). beziehungen sind ein komplexes feld, welches nicht nur von liebe besiedelt wird. oberflächlichkeit im wir führt zwangsläufig zur auswechselbarkeit des du, zumal tiefgründiges auf der strecke bleibt. flucht in beziehungen, damit der eigenen einsamkeit ausgewichen werden kann, kanns auch nicht sein. wer alleine nicht sich selber sein kann, wird es in einer beziehung noch viel weniger können. rollenspiele sind keine beziehung! wo keine persönlichkeit lebt und wirkt, wird nach dem abzug des partners nichts mehr sein...ist dies bedauerlich? wo zwischen einem ich und einem du nichts weben möchte, ist die trennung sinnvoll. nur so können die augen für neue perspektiven offen gehalten werden, die das leben bieten möchte...was denkst du?
lieber gruss, rato

:) von ilana_funken
Es ist interessant für mich aus deinen Worten herauszulesen, wie du mein gedicht interpretierst. Und gleichzeitig bestätigt es mich in dem, was ich beim SChreiben immer für wichtig halte: Jeder versteht ein Gedicht irgendwie "anders", denn er liest es und versteht vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen oder einfach bereits Bekanntem. Aus diesem Grunde habe ich mich schon immer geweigert, Fragen wie "Und was meinst du damit?" zu beantworten, es gibt nicht die EINE Bedeutung.
Nochmal zum Gedicht: es geht nicht um eine partnerschaftliche Beziehung zwischen zwei Menschen, sondern ein stückweit um all das manchmal noch viel kompliziertere, was dazwischen liegen kann.
Liebe Grüße
Ilana

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