Q-Tipp IIIa
von Saha Morgenrot

 

Altglasliteratentreff nach der Sommerpause

q-tipps für fliegen und fliegenfängerInnen


Über die Strasse an frischgefallenem Haufen gerochen. Berufspendler zur
Verzweiflung gebracht und auf die windschutzscheibe geschissen oder falls sie zu schnell fahren, fliegenopfer gebracht für die bürgerinitiative freie fahrt für freie bürger, kinder auf dem weg zur schule aufgepasst.
Das Gras ist über Nacht nachgewachsen.
Jeden Tag das gleiche. Über Nacht ist es nachgewachsen. Wieder liegt das jungfräuliche Grün im sanften Rot der aufgehenden Sonne und dann kleine fingerabdrücke in den wiesen gemacht. Nickerchen gemacht. Morgenspaziergang auf frischem fladen. Kein Gras gefressen.
Plausch mit den anderen gehalten. In der Vormittagssonne Nickerchen gemacht.

Zwei WanderInnen angeglotzt. Aufgestanden. klitzekleinen fliegenfladen fallengelassen.
Lästige Fliegen abgewehrt, die aus Spaß auf Liesel gesprungen sind. liesel gehört mir.
"Lass das", hat die gebrüllt, zu recht und hat Gras gefressen.
Nickerchen gemacht. Wach geworden. Rücken an Baum geschubbert.
Kleine Runde mit den anderen gegangen. Haufen fallenlassen.
Nachmittagssonne auf den Rücken scheinen lassen. Gras gefressen.
Hingelegt. dann hat sie ihr Mittagessen wiedergekäut und dabei
zusammen mit mir dem Westernreiter zugesehen, der auf seinem Haflinger vorbeikam.
Typisch- ein Anfänger. Oder warum lässt er mich sonst bergauf galloppieren-
hat der Haflinger uns zugerufen.
Über das Elend der Reit- und Lasttiere diskutiert. Gesagt, dass ich froh sei, eine freche Fliege zu sein.
Es gäbe auch Wiederkäuer, denen es nicht so gut gehe wie uns. Hat Stina behauptet.
Über das Joch und das Pflügen gesprochen. Über die Exotik der Vergangenheit nachgedacht.
Nicht jede hat eine schöne Wiese, meinte Hildi. Aufgestanden und eine Runde mit den anderen gegangen. Wiese bewundert. Gras gefressen. Durst bekommen. Auf den Bach zugesteuert, wie jeden Tag um fünf.
Picknick-Korb angeglotzt. Frauen gemustert, die Joint auf Wiese geraucht und Bachweg versperrt haben.
Angebotenen Keks ignoriert, ich fress nur bio ohne weissen zucker, weitergeflogen, klitzekleinen haufen auf keks fallen lassen.
Durchs Gebüsch gedrückt, feine kleine fliegenfüßchen in Bach gekühlt. Getrunken.
Bach fliegend überquert. In die Sonne gelegt.

Frauen beobachtet, die Picknick-Korb nehmen und gehen. Bäuerin angeglotzt.
Straße entlang. Berufspendler belästigt wie morgends, klitzekleinen Haufen fallen lassen.
Unterwegs beunruhigende Schlagzeile nicht verstanden.
Stehengeblieben. Nachgedacht. Weitergeflogen.
schneller geflogen. Das Fluchen der Bäuerin gehört.
Bahnübergang angesteuert. Günstigen Moment abgewartet. Ankunft des Tierkadaverentsorgers nicht mehr mitbekommen.BSE-Test selbstredend im flug verweigert.

Über die Strasse. Haufen fallen lassen. Berufspendler zur
Verzweiflung gebracht.
Das Gras ist über Nacht nachgewachsen.
Jeden Tag das gleiche. Über Nacht ist es nachgewachsen. Wieder liegt das jungfräuliche Grün im sanften Rot der aufgehenden Sonne. Nickerchen gemacht. Morgenspaziergang.
Plausch mit den anderen gehalten. In der Vormittagssonne Nickerchen gemacht.


Was Sie schon immer wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten

>Sag mal, sind Kühe eigentlich dumm oder tun sie nur so?<

Magda kaute ausgiebig auf einem Grashalm herum. Plötzlich kam ihr ein Gedanke: möglich, dass die Kühe hier alles vollgeschissen hatten. Igitt. Sie spuckte. Anne räkelte sich auf der braunen Wolldecke, die sie mitgebracht hatten. Um hier auf einer gottverlassenen Kuhweide im Bergischen noch ein Paar Sonnenstrahlen zu tanken und den grauen Alltag hinter sich zu lassen.

>Mmmh, ich denke, Kühe sind wirklich dumm< Anne gähnte ausgiebig. >Guck mal, Magda, die drehen ihren Fünf-Uhr-Spaziergang über die Weide< sagte sie plötzlich und fuchtelte wild mit dem Arm in deren Richtung.

>Denen muss doch total langweilig sein. Den lieben langen Tag auf einer grasbewachsenen Wiese rumzustehen – na ja, stell´ ich mir nicht gerade spannend vor< meinte Magda.

Die kleine Herde von 4 Tieren kam langsam, aber unaufhaltsam auf die beiden zu.

Anne richtete sich auf. >Ganz schön idyllisch hier, findest du nicht?< Sie sah sich um. Tatsächlich hatten sie sich für ihr kleines Picknick eine Weide im Grünen ausgesucht, die in der Mitte von einem Bachlauf gespalten war. Ringsrum nur Bäume, Wälder. Vereinzelt Tierlaute aus dem Off.

Da setzt man sich eine knappe halbe Stunde ins Auto und ist schon auf einem anderen Planeten. Anne und Magda atmeten gleichzeitig tief durch.

>Riech mal, die Luft hier duftet nach Kamille und Stroh< Magda hielt inne. Ihr Blick heftete sich an die in Bewegung geratene Herde. >Ich glaube, die Kühe wollen durch den Bach auf die andere Seite rüber. Sie kommen direkt auf uns zu<

>Herrjeh, wir sind mitten in einem Kuh-Spazier-Court gelandet< prustete Anne und hielt sich den Bauch. >Kuh-Spazier-Court< echote Magda und musste nun selber lachen.

>Also ich finde das gar nicht so langweilig, so ein Kuhleben< gluckste Anne. >Überleg´ mal:

Aufgestanden und eine Runde mit den anderen gegangen. Wiese bewundert. Gras gefressen. Durst bekommen. Auf den Bach zugesteuert, wie jeden Tag um fünf. Picknick-Korb angeglotzt. Frauen gemustert, die Bachweg versperrt haben. Angebotenen Keks ignoriert, weitergegangen. Haufen fallen lassen. Durchs Gebüsch gedrückt. Hufe in Bach gekühlt. Getrunken. Bach überquert. In die Sonne gelegt. Wiedergekäut.

Ist doch total entspannt, so ein Kuhleben<.

Magda verscheuchte eine lästige Fliege, die schon die ganze Zeit um ihr Ohr gesaust war und es scheinbar auf den keks abgesehen hatte. Hilfe, Natur alles schön und gut, aber immer diese lästigen Krabbeltierchen, diese Insekten. Pah! sag ich mir da, son keks ess ich nich, das is ja mit weissem zucker.

>Naja, unter diesem Gesichtspunkt könntest du recht haben. Die müssen sich wenigstens keine Gedanken darüber machen, wie sie ihre Freizeit so voll stopfen mit tausend Aktivitäten, bloß um nicht allein Zuhause zu sitzen und sich den Kopf zu zermartern über die eigene ach so schlimme Einsamkeit<.

ja so allein sind wir fliegen selten. wir lieben die arbeitsteilung und den spass beim menschen ärgern, kühe ärgern, haflinger ärgern, pferde ärgern. das macht spass. und die dummen autofahrer, denen scheissen wir doch die windschutzscheibe zu, wenn sie hier in der verkehrsberuhigten zone mit dreissich rumtuckern müssen. sind wir fliegen ja schon lang dafür, damit nich immer alle kleben bleiben.

Anne war überrascht ob der ernsten Wandlung, die ihre Plauderei genommen hatte. Da war sie also wieder, die Realität. Meine Damen und Herren, die älteste Attraktion auf dem Jahrmarkt des realen Lebens: der brandaktuelle, niemals stumpf werdende, immer und überall einsetzbare Hau-den-„ich bin das wahre Leben“-Lukas! Wahrlich, Anne hatte in den vergangenen Jahren oft den Lukas gehauen und dabei immer den Superhighscore gemacht. Und auch Magda war nicht wesentlich besser dran. Bei ihr artete Freizeit mittlerweile in so großem Stress aus, dass sie froh und glücklich war, Montagsmorgens endlich wieder ins Büro gehen zu dürfen. Verglichen mit ihrer Freizeit war die 35-Stunden-Woche auf der Arbeit richtig entspannt. >Verrückte Welt< dachte sie und schlug erneut nach der Fliege aus.

>Ob wir wohl jemals richtig glücklich werden, Anne?< fragte Magda leise mit zusammen gekniffenen Augenbrauen. so glücklich wie eine fliege? freifliegen wohin man will und immer überall draufsitzen, alle ärgern, so ein leben müsste doch spass machen. und dann noch in der natur die ganze zeit.

>Du hast recht. Die Luft hier riecht tatsächlich nach Kamille und Stroh< sagte Anne, stand langsam auf und packte ihre Sachen zusammen.

aber was ist, wenn du nur eine eintagsfliege bist, dann hast du ja nur einen tag zeit zu leben. aber das macht doch nichts, dann hast du in einem tag ein ganzes leben hinter dir. is das nicht geeeiiiiil?

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