Q-Tipp VIII - Die Invasion
von Saha Morgenrot

 

Die Invasion

Vollständig erregt und zugleich regungslos sitzen wir im Mehl und warten auf unseren großen Augenblick. Wann wird er kommen, der Wirt? Der Feind? Der Freund? Wer kann das schon sagen. Wann wird sich das lange Ausharren endlich lohnen?
Es vergehen Tage, Wochen, Monate. So ist es nun mal, das Leben.
Geduld. Geduld. Geduld. Schließlich sind wir vorbereitet. Alles ist von langer Hand vorbereitet. Und selbstgemacht, denn selbermachen ist super. Ist eh das Beste. Und wir sind autark. Verkapselt und gepanzert. Tarnen und Täuschen. Tarnen und Täuschen.
Es vergehen weitere Tage, Wochen, Monate. So ist es nun mal, das Leben.
Geduld. Geduld. Geduld. Schließlich sind wir vorbereitet.
Da! Auf einmal wird die Tüte geöffnet und eine Schaufel katapultiert uns zusammen mit dem Mehl in einen länglichen Trog.
Jetzt heißt es: Stillhalten und warten. Immer noch warten. Wie geplant.
Dann endlich – etwas Warmes, Dunkles, umgeben von einer Art Schlauch, nähert sich dem Trog und schlingt alles und uns alle in sich hinein, so gierig und hungrig, wie es nur Säugetiere können. Das haben wir schon in der Grundausbildung gelernt.
Viele Gänge, große und kleine Höhlen, eigentümliche Masse aus langen weichen Stäben. Schwer durchzukommen. Dann rein in den Blutzyklus.
Jetzt ist es nicht mehr weit bis zu unserem ersten Nahziel: Hirnmasse, Hirnmasse, Hirnmasse. Warten. Geduld. Geduld. Geduld. Danach langsam und klammheimlich Löcher graben. Löcher graben. Löcher graben. Ernähren und vermehren, was das Zeug hält. Einfach ernähren und vermehren. Das ist der Sinn des Lebens. Biozyklus. Ernähren und vermehren. Und warten. Auf das eigentliche Ziel.
Geduld, Geduld, Geduld.
Plötzlich geht alles sehr schnell, schneller als erwartet: Wirt wird getötet, Helligkeit. Tarnen und Täuschen. Tarnen und Täuschen. Eingeschweißt werden. Tarnen und Täuschen. Tarnen und Täuschen. Immer noch Helligkeit. Immer noch Tarnen und Täuschen. Tarnen und Täuschen. Kälte. Dann Vermischung mit Fremdsubstanz, Hitze, Hitze, Hitze. Aber das macht uns doch nichts aus. Wir sind zäh. Und dem Ziel so nah!
Seltsame Form, so rund und hell, schwimmend in einer Art Ursuppe. Biosphäre. Biozyklus. Ernähren. Ernähren ist wichtig. Das wurde uns immer wieder eingetrichtert.
Eine große, runde Schaufel katapultiert uns zusammen mit der Ursuppe in einen kleinen, runden Trog. Jetzt heißt es: Warten. Warten. Warten.
Dann endlich – etwas Warmes, Dunkles, umgeben von einer Art rosa Schlauch, nähert sich dem Teller und schnuppert. Sagt Mmmhh und Aaahh. Nimmt eine kleine, runde Schaufel und schippt uns darauf, schlingt alles und und alle in sich hinein, so gierig und hungrig, wie es nur Säugetiere können. Das haben wir schon in der Grundausbildung gelernt.
Jetzt heißt es: Ausschwärmen! Wie geplant.
Nochmehr Gänge, dafür etwas weniger Höhlen, eigentümliche Masse aus Brei und Suppe. Leicht durchzukommen. Die Nahrungskette ist der einfachste Weg, hat man uns eingetrichtert. Immer wieder. Dann rein in den Blutzyklus.
Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Endziel: Hirnmasse, Hirnmasse, Hirnmasse. Warten. Geduld. Geduld. Geduld.
Danach langsam und klammheimlich Löcher graben. Dass es so leicht sein würde... Einfach Löcher graben. Löcher graben. Und vermehren, was das Zeug hält. Einfach vermehren. Solange, bis der Wirt stirbt.
Aber was dann?

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