Brief an einen Freund
von Marc Herrmann

 

Hallo...,

der Anfang fällt mir irgendwie schwer, aber dafür sind Anfänge ja bekannt. Ich will gar nicht lange schwafeln. Ich weiss nicht mehr so richtig, wie ich mit Dir umgehen soll. Irgendwie habe ich das Gefühl ich müsste Dir helfen. Ich weiss, dass Du anders sein könntest, wenn Du es zulassen würdest. Wenn Du offener wärst, ein bisschen mehr Gefühle zeigen würdest. Wenn Du mit mir reden würdest. Du bist mir sehr wichtig geworden.
Leider habe ich von Zeit zu Zeit das Gefühl, dass ich Dich verliere. Dass wir nichts gemeinsam haben. Wir sehen uns jeden Tag, gehen aneinander vorbei, sprechen miteinander und hören uns aber nicht zu. So, wie es jetzt ist, drehen wir uns im Kreis.
Wer bist Du? Was erwartest Du von mir? Wie sollen, wie können wir zusammen weiter machen? Wenn Du mir diese Fragen beantworten kannst, dann komm zu mir und sprich mit mir. Ich werde Dich nicht wegschicken. Ich möchte nicht, dass unsere Wege sich trennen. Ich möchte mit Dir zusammen irgendwie eine Lösung finden. Bitte lass mich nicht im Stich!

Dein...

P.S.: Ich hefte den Brief an den Spiegel. Dort wird er bleiben, bis ich das nächste Mal verzweifelt hineinsehe, ihn lese und vielleicht endlich weiss, wie ich mit mir weitermache.

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