Feuer
von PW

 

Er sitzt in dem großen, roten Sessel vor dem Kamin.
Das Feuer knistert und beleuchtet den Kaminvorleger,
auf dem sich eine kleine Katze streckt.
Der Mann sieht auf das kleine Tier herab.
Er schlürft seinen Tee und lauscht dem Wind, der mit
den Fensterläden spielt.
Es ist schon so lange her...
Die Katze rollt sich ein und schließt die Augen.
Er sieht ihr dabei zu.
Das Unwetter draußen wird immer lauter.
Der Mann stellt die Teetasse weg, steht auf
und geht zum großen Fenster.
Am Himmel leuchten Blitze auf.
Dieser Anblick erinnert ihn an etwas...
Etwas, das ihm das Herz schwerer werden lässt.
Es hätte eine andere Lösung gegeben.
Doch er wollte damals nicht nach anderen Lösungen suchen.
Er suchte das Ende. Und er fand es. Ihr Ende.
Sie hätte nicht schwanger werden dürfen.
Beinahe hätte sie seinen ganzen Stolz gefährdet.
Er, der Priester, Vater einer Kindes. Geliebter einer Frau.
Welche Schande wäre es für die katholische Gemeinde gewesen!
Er zieht die Vorhänge zu.
Die kleine Katze streift sein Bein, springt auf den Schreibtisch,
auf das Regal und bleibt nahe einer großen Vase sitzen.
Der Priester nimmt die Katze auf den Arm.
"Ich weiß, du hast es gesehen. Ich musste handeln..."
Er tritt aus dem Zimmer. Das Feuer im Kamin brennt immer noch.
Ein Feuer, welches wärmt.
Es wärmt diesen dunklen Raum.
Wärmt so, als wäre nichts kaltes, totes hier.
Doch es lebt ein Geheimnis weiter.
Auf dem Regal, in der dunkelroten Urne.

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