Dämonen
von Marc Herrmann

 

Ein Schwall ergiesst sich auf den Bahnsteig. Unübersichtlich, ungebändigter Strom, aufgewühlte Wasser. Bedeutungsschwangere Impressionen funkeln mich aus dem noch so kleinsten Detail an. Zwinkern mir zu. Springen mir mit gebleckten Zähnen entgegen. Stilettos im Schnee. Wollen hier nicht sein, sollen hier nicht sein. Ein fallengelassener Lippenstift hinterlässt Spuren wie ein Einschussloch, als er, seiner Herkunft besonnen, wieder aufgehoben ist. Eiszapfen über der Tür wie Dolchspitzen. Tauen. Langsam. Werden weniger. Weniger gross, weniger bedrohlich. Wie gross mögen sie sein, wenn sie den Halt verlieren? Wie tödlich? Schuhe, Schirme, Bierflaschen haben sich erbrochen. Ihre Seelen bevölkern noch die Luft. Klebriger Boden. Haftend, verhaften. Bewegung, ein Fressen durch die Eingeweide der Stadt. Nimmersatt. Immer wieder. Immer mehr. Ewig gleiche Lichter schreien mich an. Ersterben kurz und sind wieder da. Wie der Phönix aus der Asche. Nur tot und lebendig, nichts dazwischen. Dazwischen ich. Mittendrin. Dämonen in meinen Taschen die spielen wollen. Ich leere sie erst zu Hause. Ich lehre sie erst zu Hause. Ich spucke mich auf den Bahnsteig. Der Rest Automatismus. Schlüssel, Treppe, Tür. Wir spielen.

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