Der Streich Zwei
von Saha Morgenrot

 

Der Streich Zwei

Eine Autorenplattform.de-Reliteratio von Saha Morgenrot an Esbozo del Tonto


Lieber Norbert,

ich war schon etwas enttäuscht, dass Du Dich so lange nicht gemeldet hast. Andererseits hatte ich auch viel zu tun seit Papas Tod.
Stell’ Dir vor, in der Reha habe ich doch tatsächlich jemanden kennen gelernt. Du wirst ihn mögen. Er hat auch einen Herzschrittmacher und so schlagen unsere Herzen im gleichen Takt. Also musst Du Dir um mein schwaches Herz nun keine Sorgen mehr machen, es würde sogar weiter schlagen, wenn mir die Nieren versagten. Er heißt Bodo und hat auch schon in Santa Fu eingesessen. Doch das ist lange her.
Dass Du jetzt doch nicht Literaturprofessor geworden bist, macht gar nichts, schließlich lese ich doch sowie nur Zeitschriften. Aber dass Du Deiner alten Mutter so wenig Menschenkenntnis zutraust, betrübt mich ein wenig. Es wird jetzt langsam Zeit, dass ich ein offenes Wort an Dich richte! Schließlich bist Du alt genug, die Wahrheit zu erfahren.
Deine kleine Ludenlaufbahn ist mir natürlich nicht neu, die Schmitz von nebenan hat es mir schon vor Jahren erzählt, ihr Schwager arbeitet nämlich auch auf der Reeperbahn. Und Dein Foto im Goldenen Schuss war übrigens sehr gelungen, aber sie hätten Dich vorher ein wenig pudern können bei der Polizei. Mir war das damals sehr wichtig, als ich noch anschaffen musste. Gottseidank hat mich Dein Vater damals da rausgeholt. Aber er hat nie erfahren, dass Du nicht sein Sohn bist. Ich hoffe, Du bist jetzt nicht enttäuscht, aber ich kann Dir wirklich nicht sagen, wer Dein Erzeuger ist.

Hoffentlich behandeln sie Dich gut und Du bekommst auch genug zu essen.
Es freut mich, dass Du dort schon Freundschaften geschlossen hast und Dich auch weiterbildest. Ich komme Dich bald besuchen und bringe Bodo und Deinen Lieblingskuchen mit.

Alles Liebe
Deine Mutter

P.S. Sag Ute, dass Sie sich jetzt nicht mehr verstellen muss.

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