Können
von Reinhard Gobrecht (gobrecht)

 

Philosophischer Beitrag

Jeder der schon einmal etwas angefertigt hat, einen kunstvollen Gegenstand z. B., weiß, dass man zuerst einen Plan braucht. Man überlegt sich zuerst, was und wie man es gestalten will. Danach beginnt die Umsetzung, das Machen-Können. Dann kann es werden, das ist das Werden-Können. Danach, wenn es in die Welt gesetzt wurde, wenn es fertig ist, kann es erst sein, das ist das Sein-Können. Dem Wesen nach früher ist also vor dem Sein-Können, das Werden-Können und vor dem Werden-Können das Machen-Können. Ganz am Anfang, vor allen diesen Können, steht aber dem Wesen nach das Können allen Könnens, das ist das Können an sich. Dieses Können ist das Können ohne Zusatz, das Können ohne Beifügung.

Was bedeutet das alles? Ohne das Können an sich, kann es kein Etwas (keine Dinge) geben. Das Können des Einzelnen, das Können mit Zusatz hat seine Kraft vom absoluten, allmächtigen Können, welches das Können allen Könnens ist. Die verschiedenen seienden Dinge sind also verschiedene Erscheinungsweisen des Könnens ans ich. Das Licht, welches die Dinge sichtbar macht, kann man selbst nicht sehen, genauso kann man das Können selbst nicht erfassen, aber es wird an den seienden Dingen sichtbar und kann an ihnen erfasst werden. Es kann nichts gedacht werden, welches dem Wesen nach früher ist, als das Können an sich. Dieses Können an sich ist also Ursprung und letzter zureichender Grund, letzte Ursache. In allem Bewegten kann das Können des ersten Bewegers gesehen werden. Das Können mit Beifügung (Sein-Können, Werden-Können, Machen-Können) ist also ein Abbild des Urbildes, des Könnens an sich, des Könnens schlechthin.

Alles, alle Dinge bestehen, des Geistes willen. Der Geist aber besteht, um das Können selbst zu erkennen. Der menschliche Geist, der sich selbst reflektiert, der sich selbst sieht, sieht auch, dass sein Können nicht das Können allen Könnens ist, sondern nur ein Abbild dieses Könnens.

Reinhard Gobrecht www.reinhardgobrecht.jimdo.com
Literatur (Nikolaus von Kues: Die höchste Stufe der Betrachtung)

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