Schreibende herausgebende Leserin
17.02.2003
Kommentar
Die Trennung muss eindeutig sein. Das ist sie aber bereits in dem Falle nicht mehr, da ein Buch von einem anderen Menschen oder gar Verlag herausgegeben wird. Schon ist der Autor ein Kind und damit unmündig, es sei denn, der Verleger macht alles ganz genau so, wie der Autor es wünscht. Gibt’s denn das? Wenn ja, sehr selten. Und wenn ja: dann kann der Autor es doch gleich selbst herausgeben und verwalten. Dann verkauft er zwar kaum etwas, wenn überhaupt, aber er hat die Chance, sein Geschriebenes stets mit sich selbst verbunden zu wissen und die Reaktionen auf sein Werk einzusehen, in Grenzen. Um dadurch die Begegnung mit dem Leser, dem Anderen zu finden, d. h. wirklich fruchtbare Gespräche, da die Trennung, wie gesagt, klar sein muss. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Buch von heute auf morgen vervielfältigt und verkauft wird auf dem Markt. Dann liegt es in diversen Buchhandlungen, mit irgendwelchen Covers, die „locken“, die mit dem Werk selbst selten zu tun haben. Schon ist der Autor als Insasse einer Firma (Verlag, Buchhandlung, Marketing ...) präsent, schon ist der reine Blick auf das Produkt selbst verschleiert, verfälscht, schon werden Leser in die Irre geführt, schon kaufen es womöglich Leser, die es sonst nicht kaufen würden, nur, weil ein entsprechender Verlagsname draufsteht, weil es auf dem Tisch der Buchhandlung liegt mit seinem bekannten Cover usw. usf. Nicht, dass mir so ein Autor Leid tut, ganz im Gegenteil. Denn meist hat er ja selbst irgendwelche Flausen im Kopf, was er mit seinem Buch alles erreichen will, und dann wundert er sich, dass alles ganz anders kommt. Viele jammern auch, beschweren sich hier und da und dort, sei es beim Verleger (dem Papa, der Mama), bei der Presse usw. Nur bei sich selbst schauen viele überhaupt nicht oder erst sehr spät. Manchen (oder den meisten) geht es dann doch mehr um Ruhm und Anerkennung (Ja-Sager) als um eine wahre echte Begegnung. Aber das ist dann deren Problem. Auch die Folgen dessen.

antworten
Marc
16.02.2003
Kommentar
Also ich bin durchaus deiner Meinung. Aber, ich denke es gibt durchaus Menschen, die zwar schreiben, Selbstreflexion inbegriffen, den Teil allerdings nicht als solche verstehen. Da ist es dann einfach ganz nett etwas loszuwerden, aber warum das nett ist muss man nicht zwangsweise erkennen. Vielleicht wollen manche das auch einfach nicht. Solche Schreiber gibt es hundertprozentig!

Antwort von Leserin
Für solche Fälle, wie du sie beschreibst, würde ich lieber ein geschütztes Gespräch mit einem Freund oder ähnlichem suchen, also einer Person, die Mensch kennt oder zumindest begrenzend einschätzen kann. Franz Kafka z. B. wusste wohl, warum er seinen Freund Max B. bat, seine Texte lieber zu verbrennen. Nun hätte ich sie nicht verbrannt, aber ordentlich gehortet, statt sie in die breite Öffentlichkeit zu streuen, denn dort gehören sie meiner Meinung nach nicht hin. Das hat Kafka nicht verdient, denn nun ist er nicht nur Patient einer Lungenheilanstalt, sondern Klient der ganzen Welt von Möchtegern-Analytikern unter den „Germanisten“ und Hobby-Lektoren. Ich bin mir sicher, das gefällt ihm gar nicht. Es mag sicher Literatur aus dem „Unterbewusstsein“ geben, wie Franz Kafka und andere beweisen, aber so lange etwas nicht wahrhaft verstanden und entschlüsselt ist, gehört es entsprechend eingeschlossen. Ansonsten wird nämlich jedes wahre Verständnis aufgeschoben. Veröffentlichung kann auch zugleich Verdrängung bedeuten, und die Umwege werden immer größer, das tut dem Autoren am wenigsten gut, denn er ist schließlich der Urheber. Der Urheber, also Schöpfer, sollte auch die Verantwortung tragen für das Geschöpfte oder es zumindest üben. Bis dahin ist er eben noch ein Kind, das einer umgrenzten Hülle bedarf wie auch seine Werke. Als Verlegerin z. B. weiß ich ganz genau, was ich veröffentlichen würde und was nicht. Die Verantwortung ist ungemein groß. Leider sehen das viele große Verleger anders und schauen nur aufs Geld und Ansehen. Auf solchen Wegen wurden manche Autoren in den Wahnsinn oder/und einen sehr schrecklichen Tod getrieben. Der Missbrauch von Seelen kennt da kaum mehr eine Grenze.

Antwort von Marc
Natürlich sollte man sich einer gewissen Verantwortung bewusst sein, wenn man schreibt und veröffentlicht. Aber ist es nicht auch so, dass sich dass das Textverständnis eines Lesers manchmal in eine Richtung geht, an die man als Verfasser nicht gedacht hat? Ich finde genau das sogar sehr wichtig. Ein Text sollte meiner Meinung nach genug Raum für Interpretationen lassen. Man sollte nicht bei allem was man schreibt darauf erpicht sein, dass der Leser von dem Text aus denselben Gründen bewegt ist, wie man selbst als Autor. Das schränkt ein und führt natürlich dazu, dass man sich schnell missverstanden fühlt.
Kafkas "Verwandlung" habe ich mit 16 anders gelesen und verstanden als heute. Und ich möchte dabei gar nicht wissen, was Kafka denn damit wirklich sagen wollte. Natürlich gilt das leider nicht für alle Menschen und nicht jeder merkt, dass manche Literatur davon lebt, dass jeder einzelne Leser sich von ihr nimmt was er braucht und möchte. Beschäftigt man sich denn noch mit einem Text, wenn man eine vorgefertigte Interpretation von wem auch immer dazu bekommt? Für meinen Text und das was er bei mir bewegt übernehme ich gerne die Verantwortung, aber nicht für die Interpretation der Leser.

antworten
Schreiber
12.02.2003
Kommentar
Wieso nein? Keine Selbstreflexion inbegriffen? Sollte das nicht selbst-ver-ständlich sein für jeden, der schreibt? Wer soll es denn sonst verstehen?

Antwort von Marc
Doch, doch, Selbstreflexion sehr wohl inbegriffen. Aber ich denke, dass nicht jeder der schreibt auch unbedingt dazu in der Lage ist. Um genau zu sein, weiss ich, dass es durchaus Menschen gibt, die das gar nicht können und nur effektiv verdrängen. Soll heissen, wenn jemand mit dem Text etwas anfangen kann, dann freut mich das, wenn aber nicht, dann soll es auch kein Angriff sein. Bezogen auf das Leitthema der gesamten Autoren.

Antwort von Schreiber
Das macht aber abhängig, wenn jemand nicht selbst reflektiert. Würde ich mir sehr gut überlegen, ob ich dann überhaupt etwas veröffentlichen täte. Denn so wird jeder Leser nur zum Spiegel degradiert und nicht als Person ernst genommen. Das ärgert die Menschen, und sie werden ihren Ärger auch äußern. Ob das so schön ist für einen Schreiber? Ich finde ja nein.


antworten
Frager
11.02.2003
Leit-Thema
der gesamten Autoren der Autorenplattform?

Um Himmels Willen... von Marc
nein, das dann eigentlich nicht. Oder doch? Jeder so wie er mag würde ich da sagen. Aber eine nette Idee, die du da hattest, denk ich mal drüber nach.

antworten
Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5363 Beiträge veröffentlicht!