Der größte Hexer aller Zeiten
von Carsten Maday

Kapitel
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Hans sitzt in der Küche. Der Hexer tritt ein. Er trägt ein Tablett mit der Leber.
>Hans?<
>Meister?< Hans sieht von dem Küchentisch auf. Vor ihm liegen zwei Briefe.
>Hans, kannst Du das hier in Alkohol einlegen!<
>Alkohol ist aus, Meister.<
>Habe ich Dir nicht gesagt, dass Du neuen kaufen sollst? Schnell! In die Apotheke, ehe das hier noch schlecht wird. Es passieren die tollsten Dinge bei diesen Dämonen, wenn man denen mit einer schlechten Leber kommt. Auf, eile Dich!<
>Meister, es gibt keinen Alkohol in der Apo...bei dem Herrn Reffe von nebenan. Ist Kriech...<
>Was? Keinen Alkohol? Dann nehmen wir halt was von Vaters Wodka. Hoffentlich ist der Dämon dann noch für etwas zu gebrauchen...<
>Meister?<
>Hans? Hm, was ist?<
>Wir haben Post.<
>Ja, ja, sehr schön...<
>Ich auch, Meister!<
>Was? Du hast Post?<
>Ja, Meister. Liest Du mir vor?<
>Gib her.<
Der Meister liest. Er öffnet beide Briefe, liest sie immer wieder. Unglauben. Er wankt, schwankt gegen den Tisch.
>Schnell, Hans, den Wodka!<
Hans ist schreckensbleich. Er springt auf, rennt in den Salon. Mit dem Wodka kehrt er zurück.
Der Meister sitzt am Küchentisch. Zwei Becher stehen darauf.
>Hans!<
>Meister?<
>Schenk ein. Uns beiden!<
Sie trinken.
>Hans?<
>Ja, Meister?<
>Weißt Du eigentlich, dass wir Krieg haben?<
>Ja, Meister. Seit über einem Jahr ham wir Kriech...Du solltest wirklich mal öfter unter Leute, Meister!<
Der Meister schenkt ihnen erneut ein.
>Dazu werden wir beide bald Gelegenheit haben, Hans. Sehr große Gelegenheit. Wir sollen in drei Tagen in der Säckelstrasse erscheinen. Seine Majestät der Kaiser geruht in seiner Allmacht uns einzuziehen.<

Am 22. März 1916 wurden Georg Herder und Hans auf der Höhe 304 bei Verdun von französischen Granaten untergepflügt.
Da soll mal einer sagen, der 1. Weltkrieg hätte nicht auch seine guten Seiten gehabt.

Sehr geehrte Frau und Herr Herder. Leider kann ich nicht umhin, diese Arbeit ihres Sohnes Georg mit einer Sechs zu benoten. Das vorgegebene Thema der Deutschklassenarbeit „Erstellen einer Argumentation“ hat Georg klar verfehlt. Ich halte es auch für ratsam, dass wir uns auf dem kommenden Lehrersprechtag etwas ausführlicher über die schulischen Leistungen ihres Sohnes unterhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Margarethe G. Zelle, Klassenlehrerin

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