Vorstellungsgespräch
von Ivie Reichhardt (inka)

 

Sie steht vor dem Empfang, der Firma s-kompakt, vielleicht Ihr neuer Arbeitgeber. Und wartet nervös darauf das endlich jemand erscheint, um schnell los zu werden „Mein Name ist Frau Heinrich und habe um 11 ein Termin bei Herr Jabo.“ Sie sieht auf ihre Uhr. Zwei Minuten vor 11. Und es ist immer noch niemand zu sehen. „Das darf doch nicht war sein.“ flucht sie. Sie möchte endlich aus diesen grässlichen sterilen Empfangsraum raus, der Sie nur an eine sehr unschöne Geschichte erinnert. Das macht Sie noch nervöser als Sie schon ist, obwohl das Ihr zwanzigstes Vorstellungsgespräch ist innerhalb von drei Wochen. „Kann nicht endlich jemand kommen ?“ fragt Sie sich selber. Um sich etwas zu beruhigen versucht sie sich eine Zigarette anzuzünden, aber ihre zittrigen Hände lassen die Zigarettenpackung fallen. „Na, Super !“
Hebt die Packung auf. Als Sie fast wieder oben war. Sagt eine etwas überraschte Frauenstimme „Wo kommen Sie den her? “ Die Frau sieht die Zigarettenschachtel und schreit gleich los „Sie dürfen hier nicht rauchen. Haaalllooo, haben Sie mich verstanden!” “Ja ja, ich habe Sie verstanden. Und mein Name ist Frau Heinrich und habe ein Termin um 11 bei Herr Jabo. „sagt sie erleichtert. „Einen Moment, bitte.“ Sie sieht dann eine schlanke großgewachsene Frau auf ihren Stöckelschuhen davon stöckeln mit Minirock und weiß eng anliegender Bluse. Solche Frauen kann Sie absolut nicht aus stehen. Sie steckt ihre Zigaretten wieder in die braune Tasche. Dann taucht auch diese Frau schon wieder auf mit einem gutaussehend jungen Mann in grauen Anzug. „Guten Tag, Frau Heinrich. Ich bin Herr Jabo. Würden Sie mir bitte folgen.“ Sie nickt und folgt ihm, in diesem Moment erreicht sie der Duft vom seinen Deo. „Mmmhhh.“ Und entlockt ihr ein Lächeln.
Sie gehen einen schmalen langen Flur entlang, der rechts mit Fotos und irgendwelchen Auszeichnung gespickt ist, und links steht nur eine kleine Vitrine mit kleinen und mittlerengroßen Pokalen. Als sie vorbei waren biegt Herr Jabo nach links ab und öffnet die erste Tür auf der rechten Seite. „Hier rein und nehmen sie dort ,bitte, Platz Frau Heinrich.“ sagt er freundlich und deutet auf den zweiten Stuhl links an einem runden Tisch. Er schliesst die Tür.
Was für ein knackiger Hintern, wow, dachte sie. Warum könnte das nicht mein Ehemann sein.
Herr Jabo nimmt ihr gegenüber Platz. „So, Frau Heinrich. Wie geht es Ihnen?“ fragt er. „Danke der Nachfrage. Mir geht es gut.“ „Wunderbar. Warum haben sie sich bei s-kompakt beworben?“
Solche Fragen hasst sie mittlerweile. Immer dasselbe. Langweilig, denkt sie. „Ich habe nur Gutes gehört von diesem Unternehmen. Auch das sie eine Auszeichnung im Dezember 2006 als das erfolgreichste mitarbeiterfreundlichste Jungunternehmen in dieser Region erhalten haben.“ sagt sie so gut wie möglich überzeugend. „Wie ich sehe sind sie gut informiert. Und was erwarten sie von unser zukünftigen Zusammenarbeit, Frau Heinrich?“ „Flexibilität, Chancen auf Weiterbildung, angenehmes Arbeitsklima und gute Verdienstmöglichkeiten.“ sagt sie. „Mmmhhh, sehr interessant. Dürfte ich sie fragen wie alt sie sind Frau Heinrich?“ Was sollen den diese beschissene Frage, dachte sie. „Neunundzwanzig.“ „Sie sind noch sehr jung. Aber ich sehe gerade das sie schon Erfahrungen gesammelt haben in diesem Bereich. Wie lange haben sie für SZ gearbeitet? Und warum sind sie nicht mehr dort?“ fragt Herr Jabo weiter. Na, toll, sie haben sehr gut ihren Fragenkatalog auswendig gelernt Herr Jabo, denkt sie.
Sie holt kurz Luft und sagt „Ich habe vier Jahre für die SZ gearbeitet bis zur Umstrukturierung des Unternehmens.“ sagt sie etwas gereizt. „Sind sie Single?“ Was soll das denn jetzt, denkt sie, was geht den denn mein Privatleben an. „Diese Frage beantworte ich Ihnen nicht, weil das meine Privatsache ist und nichts mit der Arbeitsleistung zu tun hat, Herr Jabo.“ Was für ein Arschloch, schimpft sie in Gedanken. „In Ordnung. Gibt es Kinder oder sind welche in nähere Zukunft geplant?“ „ Auch diese Frage werde ich Ihnen nicht beantworten, Herr Jabo. Ich möchte sie bitten mir Fragen zu meinen Fähigkeiten als Arbeitnehmerin zu stellen.“ sagt sie energisch. Sie spürte, dass das gerade nicht sehr gut ankam bei dem jungen Schnösel. Mal sehen was das für Auswirkungen hat, denkt sie.
„Ich möchte mich bedanken für dieses Gespräch bei Ihnen, und wir werden uns nächste Woche bei Ihnen melden, Frau Heinrich. Ihr Telefonnummer haben wir?“ sagt Herr Jabo etwas hastig. Supi, wieder eine Absage, dachte sie. Könnte mir mal jemand sagen was ich falsch mache. „Ja, haben sie. Sie steht auf der zweiten Seite links oben.“ sagt sie so freundlichen wie noch möglich. „Gut. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Frau Heinrich.“ „Danke, wünsche ich Ihnen auch, Herr Jabo. Auf Wiedersehen!“ sagt sie mit einem aufgesetzten Lächeln. „Auf Wiedersehen, Frau Heinrich!“ sagt Herr Jabo und begleitet sie zur Tür. „Wie sie rauskommen - wissen sie noch?“ fragt er. „Ja! Danke!“ Der junge Mann nickt mit einem Lächeln.
Sie lenkt sich mit Bücher lesen, ins Kino gehen und mit Treffen ihrer Freunde ab, die sie immer wieder aufmuntern, bis zum Anruf am nächsten Mittwoch.
Ihre beste Freundin Claudia ist gerade mit ihrem kleinen Sohn Markus und ihrem Hund Nikolaus da. Als das Telefon klingelt. „Heinrich!“ meldet sie sich. „Guten Tag Frau Heinrich. Hier Herr Jabo von s-kompakt.“ „Oh, ja. Guten Tag!“ sagt sie verblüfft. „Frau Heinrich könnten sie nächste Woche Montag bei uns anfangen?“ fragte er. „Ja, natürlich. Wann....ähm...Um welche Zeit?“ sagte sie begeistert. „Um acht Uhr.“ „OK!“ „Gut. Dann sehen wir uns nächsten Montag um acht Uhr. Ich werde Ihnen dann ihren Arbeitsplatz zeigen und sie noch zur Schulung begleiten, Frau Heinrich. Auf Wiedersehen.“ sagt Herr Jabo.
„Danke! Bis Montag. Auf Wiedersehen!“ sagt sie freudig erregt.
Es ertönt das Besetzzeichen. Darauf folgt ein sehr lauter Freude- und
Erleichterungsschrei von Frau Heinrich. „Woooooowwwww! Ich habe
den Job.“
Sie stürmt auf ihre Freundin zu, umarmt sie und beide fangen vor lauter Freude anzuhüpfen.
„Ruf Maik und Martin an. Und ich rufe die anderen zwei an. Das muss gefeiert werden.“ schlägt ihre Freundin Claudia vor. Sie kramt sofort ihr Handy aus der Handtasche raus und beginnt mit dem wählen. Frau Heinrich geht zu einem kleinen Telefontisch, öffnet die einzige Schublade aus Mahagoni und holt ein kleines blaues Leinenbüchlein raus. Blättert und fängt dann an zu wählen.

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