Freitag, der 13., im Altglasliteratentreff mit
von Rutz Rische

 

Hardy Krüger

Er hat aufgeräumt. Gespült. Ja, sogar das Altglas entsorgt. Wo soll er schließlich sonst das Geld für seine versoffenen Congenii herbekommen?
Mist, nur weil er den neuen Turborechner von seiner Mutti
zum Nikolaus bekommen hat, muss er herhalten mit seinem Penthouse in Nippes. Und alles für den Altglasliteratentreff.
Seine Freundin hat sogar ein kleines Catering organisiert. Käsebrötchen. Sie hat eine Affinität zu Käse.
Dann hat sie ihn verlassen, um sich ganz dem Vergnügen hinzugeben.
Hardy Krüger zieht schon mal seine Scheren-Handschuhe an. Seit er diese Hausstauballergie hat, fasst er selbst seine Tastatur nicht mehr ohne diese schützenden Dinger an. Das Tippen geht ja auch irrsinnig schnell damit.
Er grinst. Eigentlich könnte er ja auch mal ein kleines Massaker anrichten. Das Ganze dann literarisch verwursten. Aber eigentlich ist ihm das doch zu pervers. Und irgendwie ist es doch auch blöd. So ganz ohne Freunde.
Hardy Krüger wirft noch schnell einen Blick in den Spiegel.
Mist. Dieses verdammte Lippenherpes.
Zum Glück achtet man im Altglasliteratentreff nicht auf solche Äußerlichkeiten. Da zählen nur die inneren Werte.

Ritz Rusche löst sich von ihrem Spiegelbild.
So ein Mist. Dort, wo das Klopapier - sie lehnt Papiertaschentücher grundsätzlich ab - ihre Nase seit zweieinhalb Tagen abwischt, hat sich ein roter, schuppiger Film gebildet.
Darauf bilden sich gerade taufrische rote Pusteln.
"Nimm doch noch einen Schluck Glühwein", rät ihr taufrischer Lover, der zur Feier des Tages Bratkartoffeln mit Speck und Ei gekocht hat.
Dankbar lächelt Ritz Rusche ihren nagelneuen Lover an.
Der Glühwein gluckselt heiß durch ihre entzündete Kehle.
So eine Scheiße.
Und alles nur, weil ihre Freindin Rirami Setschim sie nächtelang vor der Türe hatte warten lassen.
Ritz Rusche spürt mit einem Mal einen dicken Kloß in der Kehle, der wenig später in Form von halbverdauten Bratkartoffeln mit Eiresten aus ihrem Gesicht fällt.
"Jetzt musst Du aber erst das Klo sauber machen", fordert ihr auch nicht mehr so taufrischer Lover.
"Meinst Du, das Olivenöl hätte man besser nicht mehr benutzt?" Fragt er schließlich kleinlau während Ritz Rusche dem Altglasliteratentreff fern bleiben muss.

Hardy Krüger zieht sich das erste Bier auf. Typisch, dass die wieder zu spät kommen. Eigentlich sollte er doch mal ein Zeichen setzen. Denkt er sich, und ritzt seine Initialien in den Bettrahmen.

Masa Sorgenpfot zieht noch einmal an der dicken Havanna.
Soviel Luxus muss sein. Einstimmung auf einen Superurlaub mit knackigen Typen und guter Musik.
Außerdem will sie die Hose mal wieder zukriegen.
Nysun jammert. Dieser Hund hat eine Vorliebe für japanisches Fingerfood und einen unberechenbaren Harndrang, weshalb Masa schnell eine Runde mit ihm gehen muss.
Mist, wahrscheinlich warten die im Altglasliteratentreff schon auf sie.
Ohne sie, Masa Sorgenpfot, fällt denen ja sowieso nix ein.
Da überkommt Masa ein unangenehmes Gefühl und sie sprintet zurück in ihre Wohnung, wobei sie den beleidigten Hund hinter sich herzerren muss.
Wenig später geht ihre Hose ohne Widerrede zu.

Hardy Krüger schleift die Klingen seiner Scherenhandschuhe.

Der Pate aus Rache hatte noch nie viel mit dem Altglasliteratentreff im Sinn. Er ist stattdessen nach Italien ausgewandert, mit der Absicht, den Stiefel zu schwängern. Nun, bis Sizilien hat er es schon geschafft.

Hardy Krüger denkt darüber nach, wie nützlich die Scherenhandschuhe doch sind. Damit lässt sich sogar eine Weinflasche entkorken.
Eigentlich hatte er noch eine selbstgebastelte Maske aufsetzen wollen. Aber wieso eigentlich, wenn die gar keiner bewundern will?

Sotti ran Train grübelt und grübelt. Aber kein Reim kommt aus seiner Feder.
Soll er es lassen? Aber der Treff wartet doch. Diese Leere. Gefangen wie ein Tiger. Und hinter tausend Stäben keine Welt. Er, der so ungern untertourig fährt. Es hat alles keinen Sinn. Er legt sich ins Bett und tut so, als sei er nicht da.

Hardy Krüger wird allmählich unruhig. Zornig wirft er die Maske in den Kamin. Die Weinflasche ist auch schon leer.

Pana Ionesco räumt ihr Loft auf. Mist. Überall Altglas. Alles von der Party neulich. Dabei sollte sie längst texten und nicht das Hausmütterchen spielen. Aber was will man machen. Domino-Effekt. Rippel-rappel runter die Trappel. Scheiß Flaschen. Scheiß Scherben. Denkt sie, während ihr heißes Blut aus dem rechten Zeigefinger tropft.

Hardy Krüger lallt.

Nexander Levinsky ist sauer. Er hatte nach Nippes fahren wollen. Aber seine Frau hat heute ihren familienfreien Tag. So nennt sie das. Nur sie selbst weiß, dass sie nicht etwa mit jungen Hausfrauen bei Mac Donalds sitzt, sondern klammheimlich ihr Kapitänspatent macht.
Nexander Levinsky trinkt frustriert ein Pfungstädter.

Hardy Krüger ist eingeschlafen.
"Was machst Du denn?" Fragt seine Lebensgefährtin, während sie ihm die Scherenhandschuhe abstreift.
Hardy Krüger nuschelt etwas. "Komm gehen wir schlafen", schlägt seine Lebensgefährtin vor.
"Ich bring nur kurz das Altglas in die Küche", sagt Hardy Krüger und wankt schlaftrunken los.
Seinen Fingern befiehlt er, das Licht anzuschalten. Da fällt sein Blick auf den Kalender.
Freitag, der 13.
"Ach so", denkt Hardy Krüger.






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