Freudenfürstin
von Peter Tilmann (sissi_fuss)

 

Erzählgedicht, "Romanskizze" in Versen

Die Freudenfürstin

Ich hatte schon alles aufgegeben.
Zwei Wochen hatte ich es versucht,
ein wenig näher bei Dir zu leben,
doch der Platz neben Dir schien ausgebucht.

Missmutig war ich in Urlaub gefahren.
Doch, angekommen am Strand, sah ich Dich
mit lachenden Augen und offenen Haaren
und auf der Stelle verliebte ich mich.

Trostlos wohl käm'ich nach Hause zurück,
denn schüchtern war ich, und Du nie allein.
Ich fühlte, es wäre mein grösstes Glück,
gelänge es mir, Dir nahe zu sein.

Auf einmal, ich weiss nicht, wie es geschah,
da sahst Du lange direkt mich an,
voll Süsse der Blick und lächelnd und nah.
Da war mir, als wär ich verdoppelt ein Mann.

Und Mut bekam ich, Dich anzusprechen.
Du schwammst hinaus mit mir ins Meer.
Ich wagte, zum Kusse mich zu erfrechen,
und ohne viel Worte gabst Du mir mehr.

Das Wasser war warm, gut waren wir beide
im Schwimmen in allen möglichen Lagen.
"Heiss' ich mir das doch Urlaubsfreude",
so hör' ich noch heute Dich damals sagen.

Und ich sagte damals: "Viel Freude gabst Du.
Doch bitte schilt mich nicht undankbar,
mein Herz ist voll Liebe und hat keine Ruh,
drum mache das schönste Märchen wahr

und dehne das fröhliche Abenteuer
auf den Rest meines Urlaubs, die Woche noch, aus.
Ich verspreche, ich gehe trotz Liebesfeuer
dann artig und ohne Jammern nach haus."

"Du Armer, ich seh es, bist wirklich im Fieber.
So wurd' ich seit Kindheit nicht mehr geliebt.
Drum sei's , sei auch weiter mein Liebster, mein Lieber!
Mal seh'n, was die eine Woche uns gibt."

Dein Augenpaar wurde nicht müde zu locken
und leuchtete dankbar zugleich meiner Glut.
Noch nie war mein Leib so vor Liebesdurst trocken,
und der Trank zu dem Durst war noch niemals so gut.

Dabei kein Übertreiben, kein Überdruss!
Die Früchte, Du brachst sie nur süßer Not,
und es standen für Stunden nach Amors Genuss
alle anderen Freuden Dir auch zu Gebot.

Allein schon durch Schwimmen mit Dir, mit Dir Wandern,
Besuche in Kirchen, Palazzos, Museen,
durch Essen und Trinken und Tanz - auch mit andern -
war die Woche mit Dir mehr als andere schön.

Natürlich blieb es nicht aus, Dich zu fragen,
ob Dir, Du ahntest es, vorstellbar wäre,
ein Leben lang Freude und Leid zu tragen
mit mir, der ich Dir zwar nicht würdig wäre,

voll Treue aber Dich lieben könnte.
Du lachtest und sagtest: "Vergiss mich recht bald!"
Es wäre, weil ich Dich garnicht kennte,
und die Arbeit, für welche man Dich bezahlt.

Ich hörte nicht auf, danach zu fragen
in unserer letzten, der Abschiedsstunde.
Unwillig schaltst Du: "Ich will es nich sagen."
Ich bohrte weiter, da schlugst Du die Wunde:

"Am Talent hat es schon mal einer erkannt.
Kolleginnen meiner Profession,
sie werden bisweilen gar 'Damen' genannt.
Was ist? Sei nicht töricht! Nun lach' doch schon!"

Der Boden schwankte mir unter den Füssen.
Die Stimme belegt, das Gesicht wohl kalkweiss
meinte ich dennoch, sagen zu müssen:
"So nenn' meiner Freuden, o Fürstin, den Preis!"

"Im Urlaub tu ich's nicht für Geld.
Da lebe ich so, wie man sollte.
Da lieb' ich den, der mir gefällt.
Diesmal warst Du es, den ich wollte."

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