Der Clown
von Arnold Hohmann (myradias)

 

Du sollst nicht lügen, heißt es. Ich aber muss es tun. Ich täusche die Menschen. Und jeder tolleriert es, jeder erwartet das von mir, verlangt es gradezu. Der Preis für die Legitimation dieser Sünde ist, dass es mich nicht gibt.

Ich bin immer fröhlich. verdammt dazu. Zu sein, wie ich nicht bin. Ich lache immer. Das Lachen ist mir aufgemahlt. Selbst wenn mein Herz innerlich zerissen ist, bin ich froh nach außen hin.

Vielleicht würde ich geliebt werden, würde man mich kennen. Aber niemand kennt mich. Ich bin versteckt hinter einem karrierten Anzug und einer roten Nase. Niemand liebt dass, alle verachten es und lachen darüber.

Ich habe Talent. Ich könnte singen wie ein Orpheus, Gemälde schaffen wie ein Monet, Verse schreiben wie ein Goethe. Doch ich muss mich daneben benehmen, ich muss versagen. Dass ist meine Bestimmung.

Weine ich, wird es gedeutet werden. So wie man die Tränen eines Schuspielers deutet. Sie sind nicht echt. Sie gehören zum Gesamtbild des Schauspiels. Aber sie kommen, weil ich traurig bin.

Was ich auch tue, nie bin ich es selbst. Der Preis meiner Lügen, mich gibt es nicht.

Ich bewege mich nicht mehr. Bleibe liegen, denn bei jeder Bewegung ertönen die Schellen an meiner Mütze. Ich ertrage sie nicht mehr. Ihr Klang schmerzt in meinen Ohren. Sie klingen nach Selbstbetrug. Du sollst nicht lügen, heißt es.

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