Gesellschaftsloser
von Arnold Hohmann (myradias)

 

Mittwoch, 23. April 2003

Gesellschaftpädagogik-Vorlesung. Rafael nicht da. Warscheinlich krank. Oder keinen Bock. Eher keinen Bock. Guter Vorwand um mich neben Liana zu setzen. Aber irgendwie doch ne blöde Idee. Genau an die Front. Jetzt muss ich mit ihr reden. Irgendwie. Bloß nichts falsches machen. Bloß nichts falsches sagen. Überhaupt irgendwetwas sagen. Wo ich doch so ungerne rede. Der Prof vergibt die Referate für das Ende des Semesters. Ein Referat für zwei. Geil. Die Chance. Tippe Liana an. Ups. Habe ich das grade wirklich gemacht?
Ich:“Du, sach mal.“
Sie schaut mich an. Sie schaut mich wirklich an. Ach Herje. Ich sehe dirket in ihre Augen. Für die Liebe ist man anscheinend nie alt genug. Bin plötzlich wieder Zwölf. Ihre dunkelbraunen Augen und ihre dunkelroten Haare. Ihr schönes Gesicht. So rein. Mein Gehrin fällt grade in diesem Moment in meinen Magen.
Liana:“Hm?“
Sie zieht ihre Augenbrauen hoch, als warte sie jetzt auf eine Reaktion von mir. Sie hebt ihren Kopf, den sie grade zuvor noch mit ihrer Hand abgestützt hat. Langweilt sich anscheinend immer noch. Hey, sie redet mit mir. Da kann sie sich doch nicht langweilen.
Ich:“Hast Du schon jemanden für nen Referat. Mein Kumpel ist nicht da. Jetzt bin ich gaaaaanz alleine.“
Och nö, komm nich mit dieser „Ich bin ein einsamer Knuddelbär“-Nummer. Na ja, zu spät. habs grade gemacht.
Liana:“Klar. Wir können das zusammen machen.“
Wie? So einfach war das? Ihre Begeisterung lässt zu Wünschen übrig. Immerhin hat sie nicht abgelehnt. Wir bekommen unser Thema. Keine Ahnung worum es da geht.
Ich:“Wann setzen wir uns denn mal zusammen? Um das Referat zu besprechen.“
Liana:“Is mir eigentlich egal. Sach Du was.“
Ich:“Ich weiß nicht.“
Keine Unentschlossenheit, das kommt nicht gut an.
Ich:“Morgen hätte ich Zeit. Nachmittags. Inner Brasserie um vier?“
Souverän gelöst. Herzlichen Glückwunsch. Ihre Reaktion. Ein Nicken. Ihre Freundin Jessica hat uns schon wieder die ganze Zeit beobachtet. Sie grinst wie eine Zicke und kichert mit den anderen Zicken. Bin ich hier bei „Vera am Mittag“? Liana scheint das gar nicht mitbekommen zu haben. Was ist das? Ich bin total durchgeschwitst. Na toll. War auch ganz schön anstrengend. Bis morgen habe ich Zeit, mich zu erholen. Dann wirds richtig stressig. Unser erstes Date.
Vorlesung ist zu Ende. Zeit um den alten Premus zu besuchen. Wo bekommt man so einen Namen her? Gehe in die Straße. Zu seinem Haus. Altes Haus. Verkommenes Haus. Ich klingele an der Tür. Es kommt mir schon wieder so ein Geruch entgegen. Wie bei Oma Jankowsky. Nur doch anders. Es dauert. Lange. Jemand schliest die Tür auf. Tür öffnet sich. Ich schaue in das Gesicht eines greisen Mannes. Seine Augen sind stahlblau. Durchdringende Augen. Der Rest des Gesichtes hängt runter. Verbraucht. Ausgeleiert. Der Geruch des Hauses wird intensiver. Baumarkt. Es riecht eindeutig wie im Baumarkt. Geruch von Farben. Der alte Mann verzieht nicht wirklich eine Miene. Zu altes Gesicht.
Alter Mann:“Sie müssen der Herr Serpentin sein. Guten Tach. Ich bin Herr Premus.“
Herr Premus streckt mir seine Hand entgegen. Ganz langsam. Ich schüttele sie ihm. Mehr oder weniger. Er lässt mich hinein. Keine gewöhnliche Einrichtung eines alten Menschen. Keine Muffigen Zimmer, keine Schippendalemöbel und Nirentischchen. Großes Wohnzimmer. Zwar abgedunkelt. Aber voll mit Rahmenlosen Bildern und Farbtöpfen. Alles an den Wänden und auf dem Boden verteilt. Dazwischen Pinsel und unfertige Gemälde. Abstrakte Gemälde. Ein Maler. Herr Premus ist ein Maler. Nicht schlecht. Vielleicht wird es interessanter als ich dachte. In einer Ecke stehen zwei Sofas und ein kleiner Tisch. Ich rieche frischen Tee. Für mich? Fänd ich richtig nett von dem Alten.
Herr Premus:“Setzen sie sich doch.“
Ich setzte mich in eines der Sofas. Langsam setzt er sich in das andere Sofa. Er will uns Tee eingießen. Hey, ab jetzt gibts Geld. Also übernehme ich das eingießen. Dauert auch nicht so lange. Er bedankt sich.
Herr Premus:“Das ist aber sehr liebenswürdig von ihnen, dass sie ab und zu mal nach mir schauen wollen. Wissen sie, ich habe nicht mehr viel Gesellschaft um mich. Ich bin ja auch schon alt. Habe schlimme Zeiten hinter mir.“
Ich will etwas tröstendes sagen, aber lass es. Was soll man da auch zu sagen. Bloß jetzt keine Kriegsgeschichten von dem Alten. Habe die Filme „Stalingrad“ und „Das Boot“ schon gesehen.
Ich:“Sie malen?“
Herr Premus:“Ich habe früher sehr viel gemalt. Aber meine Knochen machen schon seit einiger Zeit nicht mehr mit. Wissen sie, ich habe früher Vorlesungen in Kunst gegeben. Das war aber noch in einer anderen Stadt.“
Ich:“In welcher Stadt warn das?
Herr Premus:“Wissen sie, das ist so lange her und ich bin nicht mehr der jüngste. Glauben sie mir, dass ich es nicht mehr weiß.“
Sehr merkwürdig. Ich schaue mich nochmal um. Viele Bilder. Sehr abgefahrene Bilder. Für mich gar nicht zu identifizieren. Wahrscheinlich abstrakte Kunst.
Ich:“Vorlesungen in Kunst.“
Herr Premus:“Ja, ja. Aber ich musste damit aufhören.“
Ich:“Wieso?“
Herr Premus:“Bitte? Ich höre nicht mehr so gut.“
Ich:(lauter)“Wieso mussten sie mit ihrer Proffesur aufhören. Mit den Vorlesungen.“
Herr Premus:“Ach, das waren damals noch andere Zeiten, wissen sie? Einige Proffesoren an der Universität fanden die Ergebnisse, die ich mit meinen Studenten erbrachte als zu gefährlich für die Gesellschaft.“
Ich:“Das hört sich aber spannend an. Wie soll ich das verstehen?“
Herr Premus:“Das lässt sich mit einfachen Worten gar nicht beschreiben. Dazu müssten sie einen Entwicklungsprozess nachvollziehen können, der ohne Vorkenntnisse nicht möglich ist.“
Na toll. Wieder son akademischer Scheiß. Aber ich bin hier, um mich mit ihm zu unterhalten. Warum sollte ich nicht auch was dabei lernen.
Ich:“Wir werden uns doch jetzt des öfteren sehen. Vielleicht erläutern sie mir die Vorkenntnisse. Nur wenn sie dazu Lust haben.“
Die Augen des alten Premus wurden plötzlich enorm aufmerksam. Richtige Antwort. Vielleicht später nen bischen Geld extra?
Herr Premus:“Hm, wie fangen wir da am besten an. Ist schon sehr lange Herr, das ich mich damit beschäftigt habe. Es beginnt mit der Frage. Warum? Haben sie sich jemals wirklich die Frage gestellt, warum etwas ist, wie es ist?“
Andauernd. Wenn die Bahn vor meinen Augen wegfährt oder die Sendung „Raumnschiff Enterpsie“ wegen irgend nem Fußballspiel ausfällt. Als wäre das nicht das „Warum?“, was er meinte, erweiterte er seine Fragestellung.
Herr Premus:“Ich meine ein „Warum?“ das sie wirklich beschäftigt hat. Das nicht so schnell aus ihrem Kopf verschwand. Ein „Warum“. dass ihnen nicht gestattete, andere Gedanken zu denken.“
Moment mal. Da war doch ein „Warum?“. Grade noch auf dem Weg hier hin. In meinem Kopf. Ja, natürlich. Liana. Warum ist sie nur so schön? Warum liebe ich sie? Sie erklärt diese Fragen von selbst, wenn ich sie sehe. Aber das waren „Warum?“-Fragen, die mich beschäftigten. Mich immer noch beschäftigen. Durchgehend.
Ich:“Ich glaube, ich weiß, was sie meinen.“
Herr Premus:“Und ich sage ihnen, dass sie die Antwort darauf nie finden werden.“
Ich:“Wie bitte? Das vertsehe ich nicht?“
Herr Premus:“Eine „Warum?“-Frage bringt sie immer zu Antworten, die noch mehr Fragen aufwerfen. Es sind Fragen, die sie für die Antwort ihrer ersten Frage benötigen, um jemals zu einem Ergebnis zu kommen. Und die Antworten auf diese Fragen bringen wiederum Antworten, die noch mehr Fragen aufwerfen. Sie werden damit nie zu einem Ende kommen.“
Ich:“Ja und? Eine unendliche Verkettung von Fragen.“
Was auch immer ich damit meine. Herr Premus hebt seinen Zeigefinger.
Herr Premus:“Was ist unendlich? Tja, was ist das? Ich werde es ihnen mal an dem Gegetneil deutlich machen, ja? Dem Nichts, dem Nirvana. Was heißt Nirvana? Natürlich, das heißt das Nichts. Aber was ist denn das Nichts? Nichts ist Nichts. Das ist schon klar. Aber schon allein dadurch, dass es Nichts ist, ziehe ich doch in Erwägung, das es das Nichts gibt. Ja?“
Der Alte hat recht. So habe ich das noch nie gesehen. Ich muss sagen, ich habe mich damit bisher auch nie beshäftigt. Er hebt seine Hand. Will fortfahren.
Herr Premus:“Als arabische Mathematiker im 10. Jahrhundert das heutige Zahlensystem nach Europa gebracht haben, führten sie hier das erste Mal die Null ein. Philosophisch gesehen ein riesiger Sprung nach vorne. Denn damit war definiert das es das Nichts nicht gibt, weil es Nichts ist. Alles, was wir uns Vorstellen können, auch wenn es nicht anwesend ist, hat zumindest einen Anteil von Null, aber niemals von Nichts. Also ist daraus doch die Schlussfolgerung zu ziehen: Alles was wir als Menschen mit unserem Bewusstsein warnehmen, gibt es. Alles, was wir nicht begreifen, nicht erfassen können, worüber wir uns keine Gedanken machen können, all das ist das Nichts, weil für uns gibt es das dann nicht.
Und da gibt es sicherlich eine Menge, wenn man einmal bedenkt, dass wir uns schon allein die Zeit nicht als etwas Veränderbares, sondern nur als liniearen Ablauf vorstellen können. Schon da hört unsere Vorstellungskraft auf und das Nichts beginnt. Wir leben mit der Zeit als einen der wichtigsten Aspekte in unserem Leben, und wir begreifen sie nicht einmal.“
Ich:“Gibt es denn jetzt das Nichts, oder gibt es das Nichts nicht?“
Herr Premus (schmunzelt):“Ein anderes Beispiel. Lange bevor es Menschen auf der Erde gab, gab es dennoch schon die Erde. Und es gab auch das Universum schon bevor es überhaupt die Erde gab. Und auch Licht gab es schon. Es gab schon vor der Entstehung der Erde und der Entwicklung der Menschen Licht. Aber für die Menschen gibt es doch die Definition von Licht erst, seit sie Licht sehen können. So ist es auch heute immer noch. Viele Dinge nehmen die Menschen noch nicht wahr. Man muss sie erst erkennen, bevor man sie definieren kann, bevor man sie verstehen kann, bevor man sie sehen kann.
Jetzt sieht man einmal die Größe des Universums, die Länge der Zeit, die vielen Fragen die wir nicht stellen können, weil wir die Antworten, die uns zu diesen Fragen führen nicht einmal kennen und begreifen, und ich kann mir denken, das das Nichts viel mehr ist als einfach nur Nichts.“
Ich schlucke. Atme tief durch und und lehne mich in das Sofa zurück. Was warn das jetzt? Herr Premus lehnt sich ebenfalls zurück. Er nimmt einen Schluck Tee. Ist der Mann vollkommen durchgeknallt oder habe ich noch mehr zu erwarten? Denn bisher verstehe ich nicht, was dieser philosophische Ansatz mir sagen soll.
Ich:“Ich verstehe jetzt aber nicht, warum sie mir das erzählen.“
Herr Premus:“Wie sie schon meinten. Wir werden uns jetzt des öfteren sehen. Alles zu seiner Zeit. Nehmen sie erst einmal nur hin, was ich ihnen sage. Ihnen wird später sicherlich klar, was ich damit meine. Ich würde gerne fortfahren.“
Ich nicke.
Herr Premus:“Es kommt noch etwas hinzu. All die Wahrnehmung der Welt passiert nur durch mich, in mir. Was die anderen Menschen wahrnehmen und wissen, weiß ich nur durch das, was ich mitbekomme. Ich gehe davon aus, dass alle Menschen alles so wahrnehmen, wie ich es tue. Aber dennoch gehe ich dabei immer von meinem wahrgenommenen Wissen aus, das mich zu dieser Schlussfolgerung bringt. Das verkleinert mein Wahrnehmungsspektrum noch um ein weiteres. Ich würde sagen, von dem was man über das ganze Universum wissen könnte, wenn man nicht so Wahrnehmungseingeschränkt wäre, wie der Mensch, weiß die gesamte Menscheheit weniger als ein tausendstel Prozent von allem was im Universum zu wissen ist. Und dieses Tausendstel Prozent muss erneut unter ca. 6 Millarden aufgeteilt werden. Denn so viele Menschen gibt es wohl momentan. Da bleibt für einen Menschen, sehr wenig. Fast Nichts. Wir sind dem Nichts so nahe.
Ich bin größer als Null, weil, so klein wie meine Anteil am Wissen des Universum und mein physiklaisches Dasein ja auch ist, ein wenig Anteil habe ich ja schon, ... also wenn mein Wahrnehmungsanteil größer als Null ist, dann bin ich immer noch unendlich viele Abstufungen von Null entfernt. Weil in Zahlen kann man kein Ende finden. Und das ist etwas, was wir uns wiederum nicht vorstellen können. Undenlich kann man nicht begreifen. Denn mit der Unendlichkeit verhält es sich genau so wie mit dem Nichts. Alles was wir uns vorstellen können ist etwas endliches. Weder Nichts noch Unendlich. Selbst die Menschen, oder alles andere, was einmal war und nur noch in unseren Erinnerungen lebt, in unseren Definition, hat ja zumindest den Anteil von Null. Und ist nicht Nichts.
Aber da wir uns so vieler Dinge nicht bewusst sind, sind wir umschlossen von Nichts, geschützt in einer ganz kleinen, ganz dünnen Blase, die unsere Wirklichkeit darstellt.“
Ich:“Ich muss noch einmal etwas dazwischen schieben. Sie waren Proffesor für Kunst? Was hat Kunst damit zu tun?“
Herr Premus:“Mit dem Wahrnehmen der Welt, so wie ich es beschrieben habe? Alles.“
ich runzele die Stirn. Herr Premus reagiert.
Herr Premus:“Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Kunst“ ist „Können“.“
Ich:“Können?“
Herr Premus:“Das Können eine tätigkeit zu verrichten. In unserem speziellen Fall wollen wir uns mit dem Können beschäftigen, sichtbar zu machen. Das Können, die Wirklichkeit sichtbar zu machen. Geschichten, Situationen und Objekte so wahrheitsgetreu und realistisch wie möglich darzustellen. Ideen sichtbar zu machen. Man macht die Wirklichkeit so sichtbar, dass man eine Kopie, ein Abbild in Form von Bildern und Obkjekten besitzt. Als Archiv. Als Antworten, auf die weitere Fragen aufbauen können. Weitere Ideen. So war Kunst zumindest bis ins nenzehnte Jahrhundert zu verstehen. Kunst als Synonym für das Können, Techniken anzuwenden, Geschichten, Mythen oder Ideen in ein reales Abbild zu verwandeln.
Aber die Welt wandelte sich. Und mit ihr das Sichtbarmachen. Sehen wir mal den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Industrialisierung brachte ettliche neue Erfindungen, die das bloße Kopieren der Wirklichkeit so einfach machten, dass es keine Kunst mehr war, oder besser gesagt, den Künstlern keinen Reiz mehr bot, es auf herkömmliche Art zu machen. Ich denke dabei an den Fotoapperat oder Tonbandaufnahmen. Archivierungsmethoden in Reinkultur. Und mit diesen Technischen Errungenschafften wurde der Sinn der Abstraktion in der Kunst geboren. Der Sinn, mehr sichtbar zu machen, als das, was man auf den ersten Blick sowieso sieht. Anders, die Abstraktion wurde plötzlich zur Aufgebanestellung der Kunst. Abstraktion ist etwas, das keinem anderen Tier außer dem Menschen bewußt ist. Vielleicht wurde durch dieses Bewusstsein der Abstraktion auch erst die Idee solcher Erfindungen in den Geist der Menschen gehaucht.Wie herum es ist, darüber ist man sich bis heute nicht einig. Aber auf jeden Fall war die Zeit reif und es wurde die Wahrnehmung der Kunst an sich für den Menschen erweitert. Er begann ab diesem Zeitpunkt die Wirklichkeit in seinen Werken nicht nur wahrheitsgetreu darzustellen, sondern so, wie der individuelle Künstler es sieht, wie der individuelle Mensch es sieht. Weniger Kunst der Technik. Mehr Kunst des Ausdruckes. Mehr Ungreifbares, Tranzendentes, denn das sind nicht sichtbare Dinge für den Menschen. Und auch die besten Werkzeuge können diesen Kreativen Prozess nicht übernehmen.“
Ich:“Abstraktion. Werkzeuge. Die Wirklichkeit. Werden sichtbar gemacht? Werden sie nicht erst erschaffen.“
Herr Premus beugt sich nach vorne. Zieht die Augenbrauen hoch. Hebt den Finger. Sieht mich an.
Herr Premus:“Nein, nein, nein. Nichts wird neu erschaffen. Es gibt doch alles schon. Es wird nur sichtbar gemacht. Wir können nicht etwas einfach aus dem Nichts erschaffen. Das Nichts gibt es doch für den Menschen nicht. Alles was wir für uns angeblich neu erschaffen, gab es vorher auch schon. Nur waren wir uns darüber noch nicht bewusst. Wäre es anders, wäre alles unendlich, weil man unendlich viel erschaffen könnte. Und das ist nicht das Menschsein.“
Ich:“Das Menschsein?“
Herr Premus:“Vielleicht entwickelt der Mensch sich irgendwann so weit, dass er nicht mehr Mensch, sondern etwas Höheres ist. Etwas, dass mehr sehen kann als wir. Dass dies passiert, ist schon fast gewiss. Solange jedoch gilt für uns das Sein als Mensch und somit auch die Verständnisslosigkeit. Aber wir drehen uns im Kreis. Ich bin müde. Will jetzt ruhen.“
Herr Premus fällt in sich zusammen. Bittet mich zu gehen. Ich verstehe nichts. Stehe plötzlich vor der Tür. Draußen. Ich gehe. Irgendwohin. Morgen muss ich wiederkommen. War ganz schön anstrengend. Weiß jetzt nicht, ob es die neuen Eindrücke oder das Gespräch war. Kaufe mir nen Weizenbier. Inner Dose. Geht mir schon besser. Nichts und Unendlichkeit sind das Selbe. Verstehen wir nicht. Kunst macht den Raum dazwischen sichtbar. Dass, was wir verstehen. Das Können die Wirklichkeit zu zeigen. Gehe nach Hause. Und irgendwann ins Bett.

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