Taumelnde Realität
von sloggi

 

Ein Traum ist die Verarbeitung gelebter Vergangenheit.

Sonnenstrahlen durchdringen die dichte Wolkendecke, so als wollten sie auf etwas bestimmtes hindeuten. Wie ein Spotlight tauchen sie ein kleines Stück dieser Welt in gelbes warmes Licht. Doch zeigen sie auf nichts, nichts was in diesem Moment wichtig sein könnte.

Ich beobachte wie die Wolken weiterziehen, der Lichtstrahl verschwindet und die Welt wieder in diesem einheitlichen Grau versinkt. Dieses Schauspiel der Natur ist wie das Leben, denke ich bei mir. Ab und zu sticht ein bestimmter Mensch aus der Masse heraus, taucht alles um dich herum in wunderschöne Farben und lässt den Rest neben sich verblassen. Dies alles geschieht in einem scheinbar endlosen Moment, dessen Ende dich umso unerwarteter trifft, je endloser er erscheint. Und danach, wenn er vergangen ist, scheint alles noch grauer, als es zuvor gewesen war. So stellt sich mir die Frage, ob irgendwann für mich die Welt schwarz sein wird. Aber auch die Antwort kenne ich im Grunde schon, denn so unaufhaltsam wie der Vogel, der irgendwo in der Nähe sein Lied singt, so unaufhaltsam hält dich auch die Hoffnung aufrecht.

Ich schaue wieder in den Himmel, sehe wie die Wolken immer dunkler werden. Am Horizont bauen die Wolken riesige Berge vor einem fast schwarzen Hintergrund auf. Auch die ersten Blitze treffen scheinbar unkontrolliert und ziellos auf den Boden. Es wird höchste Zeit für mich hier zu verschwinden. Begleitet von dem immer stärker aufkommenden Wind verlasse ich die Lichtung in Richtung Wald. Die ersten Regentropfen streifen meine Haut. Der Wind wird immer heftiger und kälter und als befinde er sich in einem Wettrennen wird auch der Regen immer stärker und schneidender. Immer schneller laufe ich den Pfad entlang, begleitet von dem Prasseln des kalten Regens auf meiner Haut.

Endlich erreiche ich die Straße, auf der, dort wo vorher heißer Asphalt war, jetzt tausend kleine Flüsse fließen. Mir ist kalt, meine Sachen sind völlig durchnässt und ich spüre wie das Wasser meinen Körper hinunterläuft. Ich renne die Straße entlang, um mich herum versinkt die Welt in einem Chaos, Blitze zucken, der Donner antwortet mit einem dunklem lauten Grollen und der Regen verschleiert die Welt um mich herum.

Doch plötzlich tauchen da vor mir zwei Scheinwerfer auf. Sie nähern sich stetig und langsam, suchen sich ihren Weg durch den dichten Regen und kommen neben mir zum Stehen. Ein Fenster wird heruntergelassen und eine Frauenstimme fragt, wo ich hinmöchte und ob sie mich mitnehmen könnte. So sitze ich innerhalb kürzester Zeit in einem trockenen warmen Auto, neben einer unbekannten Frau, die mich nett und auch etwas mitleidig anschaut. Sie bietet mir ein Handtuch an, das sie aus irgendeinem Winkel ihres Autos hervor zieht. Ich bedanke mich während sie das Auto startet und langsam den Weg durch das Gewitter wieder aufnimmt. Es entwickelt sich ein Gespräch über die Verrücktheit des Wetters und Erfahrungen die sie oder ich damit so gesammelt haben. Wir lachen viel auf dieser Fahrt. Es scheint als würde ich sie schon ewig kennen, jene Vertrautheit, die dir das Gefühl gibt, hier bist du richtig, hier bist du angekommen und hier wolltest du immer sein. Vertieft in ihre Geschichte, begleitet von diesem wunderschönen Gefühl und dem Geräusch des Regens auf dem Autoblech, fahren wir immer weiter, scheinbar endlos, scheinbar ohne Ziel durch diese graue Welt. Wie ein Sonnenstrahl, der einen einzigen Fleck auf der Erde in ein warmes helles Licht taucht, geht es mir durch den Kopf und ich schaue sie an und ein Lächeln liegt auf meinem Gesicht.

Ich öffne die Augen, verwirrt, versuche zu verstehen wo ich bin. Sehe die Wände meiner Wohnung und langsam begreife ich. Ein Traum.

Ich setze mich auf, denke an dieses wunderschöne Gefühl. Denke an dich.

Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5361 Beiträge veröffentlicht!