Ich bin gläubig, und das ist auch gut so!
von

 

In der Schule wurde ich bewundert. Dafür, dass ich schon in der zehnten Klasse wusste, was ich mal werden möchte: Pastorin!


Ich komme nicht aus einer extrem gläubigen Familie. Meine Eltern haben mich nicht dazu gezwungen, früh in die Kirche zu gehen. Nein, ganz im Gegenteil, mein Bruder und ich haben die Kirche für uns selbst entdeckt. Aufgewachsen bin ich gleich neben dem großen Wahrzeichen Hamburgs – der St-Michaelis-Kirche. Mein 6 Jahre älterer Bruder nahm mich zum Kindergottesdienst mit, als ich etwa 3 Jahre alt war. Für mich gab es keinen schöneren Ort. Es wurden Geschichten vorgelesen, die spannend waren, zu diesen Geschichten durften wir dann etwas basteln, oder malen, und anschließend wurde noch gesungen. Es gab keinen anderen Tag, auf den ich mich so sehr freute, wie den Samstag, an dem ich Freunde traf, mit ihnen Zeit verbrachte, und mich einfach gut fühlte. Je älter ich wurde, desto mehr wuchs ich in diese Gemeinschaft hinein. Ich besuchte zunächst Kinder- und dann Jugendgruppen, half beim Weihnachtsmarkt, nahm am Konfirmandenunterricht teil. Meine Konfirmation war für mich einer der schönsten Tage in meinem jungen Leben. Als Scheidungskind war mir klar, dass auch Ehen, die vor Gott geschlossen wurden in die Brüche gehen konnten, doch MEINE Verbindung zu Gott konnte niemand zerstören. Für mich war es, als wenn ich richtig aufgenommen worden wäre, in den „inneren Kreis“ sozusagen.
Als ich endlich 15 war, konnte ich auch meinen Jugendgruppenleiterausweis machen, durfte Gruppen leiten, beim Konfi-Unterricht helfen, Kinder- und Jugendgottesdienste mitgestalten. Und schließlich wurde mir klar, dass ich mein Ehrenamt zum Hauptamt machen wollte: ich wollte genau das werden: Pastorin. Mit Menschen jeglichen Alters zusammen arbeiten, den Leuten von meinem Glauben erzählen, Predigten schreiben, Trost spenden, zuhören. Ich wollte Jugendlichen zeigen, wie cool es sein kann, an Gott zu glauben. Denn ich habe Gott nie als „Big Brother“ empfunden, der uns bewacht. Gott war nie mein Führer, und ich seinen vorhergesagten Wegen ausgesetzt. Er war mein Begleiter. Wenn es mir schlecht ging, war er für mich da, wenn es mir gut ging, konnte ich ihm davon erzählen. Dazu musste ich nicht mal in die Kirche gehen. Er war überall.

Als ich mein Theologie-Studium begann, wurde für mich ein Traum war, und ich freute mich, meinem Ziel immer näher zu kommen. Ich blieb wie ich bin, nur für meine Umwelt, wurde ich zur Exotin, genau in dem Augenblick, wenn sie mich fragten, was ich denn so machen würde. „Ich studiere Evangelische Theologie auf Pfarramt, und will Pastorin werden.“, sagte ich dann. „Aber Du rauchst doch, und trinkst Bier“, wurde mir entsetzt geantwortet. Ich entgegnete dann: „Und weißt Du was: wenn ich Lust habe, dann habe ich auch leidenschaftlichen, wilden Sex!“ Warum ging das in manche Köpfe nicht rein? Für mich ist Gott kein urteilender, bestrafender Gott, sondern einer, der hilft, der zuhört, der begleitet. Ich denke, dass Gott vor allem eins will: das wir Menschen glücklich sind. Dass es uns gut geht. Dass wir einander helfen. Die Vorstellung, die ich von Gott habe, wird wohl am besten in einem Gedicht von Margaret Fishback Powers ausgedrückt:

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem HERRN.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines HERRN.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.
Besorgt fragte ich den HERRN:
"HERR, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?"
Da antwortete er:
"Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen."

Das hat für manche vielleicht zu viel Pathos, aber ich kann nur noch mal betonen: Ich glaube an Gott, und das ist auch gut so!

(24.03.2005)

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