Dear Kim
von Elisabeth Hansard (lizhansard)

 

Dear Kim,

ich bin so ein verschwendetes Stück DNA. Sag mal ehrlich, tue ich Dir nicht genau so unendlich leid, wie ich mir selbst? Ich bekomme zu wenig Aufmerksamkeit. Von mir sowieso, aber auch von allen anderen. Ich bin doch der Mittelpunkt dieser Welt. Ich liebe ja mein abgefucktes Image, aber manchmal, Dir kann ich es ja sagen, manchmal kotzt es mich an, dass mich alle immer nur ficken wollen. Klar, wenn ich mich mit Unterbelichteten umgebe, was will ich da anderes erwarten. Du hast ja Recht. Vielleicht sollte ich mich weniger soziopathisch verhalten. Auch weniger psychopathisch. Aber ich brauche das doch.

Ach Kim, es ist so schwer. Ich will doch einfach nur, dass mein grenzenloses Ego befriedigt wird. Es ist nicht leicht der Mittelpunkt der Welt zu sein. Jeden Tag diese Selbstherrlichkeit ertragen zu müssen. Naja, man gewöhnt sich dran. Man versucht eben einfach Mitleid zu erregen. Ab und an wird man durchschaut, aber dann sucht man sich einfach jemand anderes. Wenn man so unglaublich großartig ist wie ich, dann dürfte es einem doch gut gehen, oder?!? Es ist doch alles so schön, ich mach mir meine Welt wie sie mir gefällt und wenn ich mir meine Welt selbst lang genug vorbete, dann glaube ich sie auch so. Ab und an tut das auch der eine oder andere mit mir. Naja, zugegeben, am Ehesten die Unterbelichteten, deshalb mag ich die auch so. Brauche sie. Billige Bestätigung, ich weiß, aber die steht mir doch wohl auch zu!

Ja, tut sie. Heute ist Samstag, ich werde mir ein bisschen was davon holen. Manchmal beneide ich Dich ein wenig um deine geduldige, papierene Existenz. Du widersprichst mir auch nie, du akzeptierst mich so wie ich bin. Nicht mal ich tue das eigentlich. Wahrscheinlich bist du meine einzige Freundin. Vielleicht brauche ich auch einen Hund. Einen treudoofen Gefährten. Kim, ich weiss, ich bin wie ein offenes Buch für dich. Kein gutes Buch, das brauchst du mir nicht sagen, ein Schundroman eben.

Ich muss los. Es tut gut, dass du mir wieder mal zugehört hast. Mir geht es schon viel besser. Gut zu wissen, dass das unter uns bleibt.

Also, bis bald. Wohl schon Morgen, nach dem Kater. Wir werden sehen.

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