Modul Netto
von Daniela Schmidt (danielaschmidt)

 

Die Bundesagentur für Arbeit betreibt einen hohen Aufwand für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen. Fördergelder sind ausreichend vorhanden. Das Primärziel der Agentur ist es, den Langzeitarbeitslosen beruflich wieder einzugliedern, ihn bei seinen Bewerbungen zu unterstützen, fehlende Deutschkenntnisse auszubessern, um die Eingliederungschance in den Arbeitsmarkt zu erhöhen. Sobald man die Vereinbarung bzw. Zustimmung zu einer der bekannten Maßnahmen, die unter Namen wie „Modul Netto, Netto Plus, Netto 30-50“ mit anschließendem zehntägigem Praktikum usw. gegründet wurden, unterschreibt, sitzt man in der Falle. Man ist rein rechtlich dazu verpflichtet, die Weisungen zu befolgen, am Kurs teilzunehmen, egal wie sinnlos und demütigend man dort behandelt wird.
Das Ziel ist es, ein Gefühl für einen Achtstundentag zu vermitteln, den Arbeitslosen an die Belastbarkeit heranzuführen, körperlich und psychisch. Das Praktikum im Anschluss soll eine zukünftige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung garantieren. Falls das schwierig werden sollte, ist das Fachpersonal sehr darum bemüht, den Arbeitgeber mit täglichen Telefonanrufen zu belästigen.

Der Teilnehmer wird innerhalb des theoretischen Teils der Maßnahme in sogenannten Simulations- und Rollenspielen geschult, lösungsorientiertes Verhalten in Konfliktsituationen, innerhalb eines Teams oder unter zukünftigen Mitarbeitern anzuwenden. Dabei wird er von kompetentem und teilweise weniger kompetentem Fachpersonal genauestens unter die Lupe genommen, um ihn später bewerten zu können. Diese Bewertung dient zur Einschätzung für den Sachbearbeiter, in wieweit der Teilnehmer tatsächlich fähig ist, integriert zu werden. Die Dozenten und Sozialpädagogen sollen den Arbeitslosen motivieren, Freude an einer Beschäftigung zu finden, egal um welche es sich handelt. Die Leasingsfirmen-Abzocke wartet bereits.
Die Dozenten werden außerdem aufgefordert dem Arbeitslosen ins Gewissen zu reden, dass er der letzte Dreck der Gesellschaft ist. Ihm werden wichtige Inhalte und Werte für den Alltag vermittelt. Zeitmanagement, Körperpflege, Sozialkontakte. Da der Arbeitslose bisher nicht in der Lage war, sich körperlich, seelisch und geistig zu pflegen, ist er für jede Hilfe dankbar. Auf dem Lehrplan stehen neben Grundrechenarten, Rechtschreibung, ein wenig Sozial- und Wirtschaftskunde. Das Fachpersonal, behandelt seine Teilnehmer, als wären sie auf dem geistigen Stand eines Kindes und werfen alle Schichten und Qualifikationen in eine Gruppe zusammen. Da es darunter wenige gibt, die nicht arbeiten möchten, werden diese ebenso in einen Topf geworfen, wie jene, die sich stark bemühen. Die Qualifikation in einer dieser Maßnahmen spielt keine Rolle, da man nur eine Zahl in der Statistik ist, die es gilt, geschickt zu verschleiern. Es wird wohlmöglich eine Menge Geld investiert, um die Arbeitslosen in solche Maßnahmen zu stecken, um nicht als arbeitsloser in der Statistik aufzutauchen. Man gilt dann als vermittelt. Versucht man jedoch gezielt einer Beschäftigung nachzugehen, auch wenn es sich nur um einen Minijob handelt, wird man seitens des Fallmanagers geblockt und darauf hingewiesen, gefälligst einer sozialversicherten Tätigkeit nachzugehen. Die hochgepriesenen Bildungsgutscheine werden nur in den seltensten Fällen vergeben. Vorher muss man sich einem fünfstündigen psychologischen Test unterziehen, der aus einem langen IQ- Test und vielen Fragen besteht, um im Anschluss eine Ablehnung zu bekommen.
Nach dieser Maßnahme und ausreichender Hilfe, durch Internetrecherche und Bewerbungsschreiben einen Arbeitsplatz zu finden, was in den wenigsten Fällen tatsächlich passiert, denn sonst hätte man ja bereits einen Job und würde nicht hier sitzen, kann man sich schon mal auf die Netto 100 einstimmen

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