leben
von jasmin o

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leben.



man muss noch chaos in sich haben, um einen stern gebären zu können.

zum glück bin ich unfruchtbar. abgeklärt, leer, ausgebrannt. alles tot. nichts mehr da.

bin ein bisschen rumgereist. vor mir weggelaufen. in die arme des wahnsinns. und dann durch die stadt. und manchmal war es dann eine andere stadt. und ganz viele menschen. überall. diese riesigen weißen fratzen. mit den schwarzen löchern drin. und dem einen großen loch. und darin befindet sich nichts. was das ist, weiss man noch immer nicht. aber wen interessiert das schon. wir sind ja nicht von vorgestern.
dann lief ich weiter. da waren noch diese menschen, die hielten mich, an meinen alten kleidern. klammerten sich richtig fest, klebten an mir. wie das leben. das bedeutet übrigens kleben bleiben. sagen die, die das loch untersuchen. und damit haben sie ganz schön recht.
aber diese menschen klebten weniger als das leben. da konnten sie noch so viel schreien und küssen, streicheln und schlagen. doch das wissen sie ja schon.
manche von diesen menschen erzählten mir auch vom leben. denen bin ich gehörig auf den leim gegangen. viele erzählten mir von ihren göttern. und meinten es ganz schön ernst. die konnten tanzen, das glaubt ihr kaum. und singen erst. das singen höre ich jetzt noch.
aber am ende nahm man mir die einsamkeit. glaubt ihr mir das? einfach so. nein. die gibt es nicht mehr. das war was. aber langsam.
erst erzählten sie mir also von den göttern. da gab es viele. ein mädchen war da. das hatte einen großen gott, aber den namen hatte sie leider vergessen, ist auch nicht so wichtig. die klebte an mir, als ich zum wahnsinn lief. die liebte den wahnsinn auch. und mich, oder was davon übrig geblieben ist. das ist übrigens auch eine bedeutung von leben. aber irgendwann erzählte sie mir was vom nihilismus. und davon, dass sie da eher pragmatisch veranlagt ist. was immer das bedeuten mag. was es heisst, wisst ihr ja. und das war das ende. aber langsam, ich schweife ab. langsam, langsam. es rennt mit mir, es fährt mit mir. und die beiden mädchen, mit den großen bäuchen lachen mich aus. lachen mich an. ja, da ist was drin. aber wo ist das chaos? ich kann wieder klar denken. eine träne. eine träne für den verstand. eine träne von mir.
dieses mädchen also. sie richtete sich zu grunde. ist vielleicht noch dabei. ist auch gleichgültig, interessiert euch nicht, ihr wollte fleisch sehen. weiss ich doch. ich ja auch. da sind wir alle gleich. in der natur. liegt die kraft.
dieses mädchen hatte auch viel fleisch, kann ich euch beruhigen. hey, und wie. eine richtige mutter. aber dieses fleisch spielte keine rolle mehr im wahnsinn. nur am rande. es musste nämlich immer weniger werden. ist ja klar. drückt sonst das loch zu. haha, nein, kein witz. siehe oben! ihr idioten. hört mir lieber genau zu. könnte sich noch lohnen später. wer weiss, vielleicht kann man ja was draus machen. vielleicht mal wieder einen kleinen gott? davon habt ihr ja noch nicht genug.
also dieses mädchen. immer weiter, immer weiter. immer schneller, immer höher, immer weiter. und dann noch eins drauf, und noch eins. hups, da war doch was? ach nee.
die klebte an mir, wahnsinn. das war nämlich auch ihr wahnsinn. nicht das höher-weiter-schneller. reingefallen. und am ende saß sie vor mir. nackt. und fragte mich, ob es denn wenigstens schön gewesen wäre mit ihr. klar sagte ich. aber ich ließ kein geld zurück. nur zigaretten. ist jetzt so.
und dann musste man mich vergessen. ganz schnell. nur ein traum bin ich nun wohl noch. und viel mehr bleibt von euch auch nicht, freunde. aber das will ja immer keiner vorher glauben. ich schon. das ist der große stein, den ich rolle.
ich weiss, dass es nun bald zu ende geht. dass der leim nicht mehr hält. keine ahnung. warum. aber diese frage stellt man sich ja auch nicht mehr. diese ganzen menschen. dieses ganze leben. und genau deshalb bin ich überall der störfaktor.

im grunde war es überall gleich. aber das kann ich auch jetzt noch nicht glauben. denn es lag wohl nur an dem, was man so gerne ich nennt. und weil ich keinen namen dafür fand, hatte ich davon auch bald genug. was man nicht benennen kann, existiert nämlich auch nicht, theoretisch wusstet ihr das doch schon immer, ihr idioten. zahlen, daten, fakten will der mensch. und weiss noch nicht mal, was das heisst mensch. ich war eine geliebte, sage ich dazu nur, auch wenn das garantiert keiner versteht, aber auch darum geht es hier nicht. ihr wollt ja nur wissen, was ich selber nicht weiss. und deshalb erzähle ich euch das jetzt auch weiter.

und weiter. in die nächste stadt.



eine dieser ganzen städte sollte dann das ende der reise sein. die wollte ich ganz in mich aufnehmen. bin wieder rumgelaufen und habe den menschen dieser stadt ins gesicht gestarrt. und sie mir. habe mich gefragt, ob sie wissen, dass ich mich am ende der reise befinde. und gerne hätte ich ihnen erzählt, dass das die stimmung hebt. dass das verdammt geil ist. aber was wissen die schon von spaß. ihr wisst sicher, was ich meine. und dann wurden es immer mehr. und sie kamen auf mich zu. sie drehten sich um mich. schwebten über mir, waren unter mir. nur immer schön weiterlaufen. das wird vergehen. rein in einen ihrer tempel. überall lichter und farben. und dieses laute singen und pfeifen. aber zum glück kam dann der nebel und legte sich sanft auf alles. dieser nebel, der den hass dämpft. aber das will der hass ja nicht. irgendwann wusste ich dann wieder wo ich war. am ende der reise.
schnell zurück. in dieses loch. tür zu. ohren zu. augen zu. aber irgendwas bleibt dann doch noch. dieses riesige loch. das ist schlimmer als die tür. aber was rede ich eigentlich. so etwas versteht ihr ja doch nicht. jedenfalls war es dann irgendwann in diesem loch das loch in mir, das alles war. und alle, die am rand des lochs standen, verstanden es nicht. und ich verstand sie nicht. weil ich nicht mehr über den rand blicken konnte und wollte. weil der wahnsinn sehr einsam macht. der wahnsinn dieser welt diese welt. aber das weiss die welt zum glück noch nicht. und genau deshalb steht man dann am rand und versteht nicht, was unten vorgeht. aber, wie ihr vielleicht noch wisst, nahm man mir am ende sogar die einsamkeit. die einsamkeit dieser welt. die welt.
aber keine sorge. alles nur eine kleine geschichte. eine gute-nacht-geschichte. ein spiel. nur die regeln vergesse ich ab und zu. sind aber eigentlich gar nicht so schwer zu merken, wahrscheinlich kennt ihr sie sogar besser als ich. deshalb lest ihr das hier ja auch so gern. ihr lest doch sicher gern.
im kreis. drehen wir uns. immer weiter. in die ewigkeit. und die droge gibt es nicht. nur die sehnsucht. nach nichts. aber auch die ist irgendwann verschwunden. also keine angst. es wird euch schon nichts passieren, lest ruhig weiter, ich passe schon auf euch auf. ihr seid doch meine freunde. ihr werdet es euch nie verzeihen, wenn ihr jetzt aufgebt. man muss auch leiden können. das haben mir manche von euch doch so oft erzählt. und dabei so lange gelächelt, bis sie gar nichts anderes mehr konnten. als lächeln.
viele entscheidungen muss man treffen. das wisst ihr sicher. wie gut, dass man immer weiss, was man will. dass man heute endlich seinen eigenen willen haben darf. sagt ihr soch immer. was ihr wollt. ich will es nicht. ich will nicht. deshalb hört mir gut zu.
der blick in den spiegel. spiegel bestehen aus glas. und noch was. ihr wisst bestimmt, was. ich nicht. für mich nur glas. und dahinter die wand. und dabei gehört es doch zur allgemeinbildung, sagt ihr jetzt bestimmt, dass man weiss, woraus spiegel noch bestehen. ausser glas. aber allgemeinbildung hatte ich noch nie.
am anfang wirst du völlig auseinander genommen, und dann musst du dich
allmählich wieder zusammenbauen. das gilt für alle. auch für euch. aber es schafft ja doch keiner. doch die einzelteile sehr ihr trotzdem nicht. weil ihr idioten seid. ist nicht eure schuld. aber das müsste eigentlich auch zur allgemeinbildung gehören. vielleicht sollte man den kanon ändern. aber das wäre ja eine revolution. und dazu haben wir nun wirklich keine lust mehr, nicht wahr.
und mein kopf war so voll, und die seele wollte raus. aber eine seele haben wir ja alle schon lange nicht mehr. oder? ach ja, ihr schon. entschuldigt, ich vergaß.
und dann haben sie mich ausgelacht.
mehr nicht. da musst du durch. und, komm mal her zu mir, sagt er vertrauensvoll. das kennt man ja. kommt her zu mir, freunde.
und schlägt mir ins gesicht. und noch einmal. und überall hin. und sie lacht. und jemand anderes schreit. und ich gehe in mein zimmer und nehme tabletten. bis alles weg ist. und jetzt sind sie traurig und fragen nach mir.
fragt ihr später auch mal nach mir? meine lieben freunde? macht ihr euch auch sorgen um mich? bestimmt. später. später. das ist doch euer lieblingswort. und ich bin schon längst in euch. und grabe mir eine höhle. aber ihr merkt es ja doch nicht. welch ein spaß. noch ein lieblingswort von euch. nicht wahr? oder werde ich jetzt unfair? das darf man doch nicht.
der stil ist zu blumig.
und die blume hat einen stiel. aber keine wurzeln. sie steht nämlich in meiner himmelblauen vase. und verfault. weil ich sie vergessen habe.
liebe freunde, ihr seid im moment mein lieblingsspielzeug. versuchskaninchen
und ablenkung auf einmal. mehr geht nicht. sehr toll. fühlt euch geschmeichelt. aber erst auf drei. alles muss ja seine ordnung haben. ordnung, ordnung über alles. das wisst ihr doch.
und an der oberfläche müsst ihr suchen. nur dort. achtet auf die nebensätze. könnt ihr das überhaupt?
seht ihr die sterne? sie leuchten uns den weg. seht ihr sie? ich sehe nicht. ein. und dann laufe ich über den flur. und sie fragen mich, ob alles in ordnung ist. und ob ich mich setzen will, oder ob ich es noch schaffe. und ich schaffe es nicht. und ich bin einfach nur fertig. von diesem leben. selbst schuld sagt ihr. und ich dachte, ihr seid modern. das ist doch so ein schönes wort.
dann erzählt mir jemand, dass er darüber nachgedacht hat. und dass er das so alles nicht glauben kann. dass da aber bestimmt irgendwas ist. sehr ihr doch sicher ähnlich. ich bin gut, nicht wahr. zahlen, daten, fakten eben. das weiss man doch.
das ist so im menschen. jeder mensch muss an irgendetwas glauben. auch du. und mir
bleibt die geburtstagstorte im hals stecken. die sterne warn’s. nicht wahr?
aber man muss doch daran glauben, dass man existiert. oder? antwortet doch. ach, ihr seid ja idioten.
bevor das hier noch ernst wird, höre ich lieber auf damit. ihr habt doch so schon zu wenig zu lachen.
ist es für euch auch schrecklich, wenn jemand in euer haus einbricht. gar nichts mitnimmt, nein, nein, wir wollen es ja nicht zu weit treiben. einfach nur die türklinke austauscht. und wieder geht. nur eine andere türklinke. eine sehr hässliche. macht euch das auch wahnsinnig? nein? seht ihr. ihr habt es nicht. das loch. ihr seid gesund. herzlichen glückwunsch! und weiterhin viel gesundheit, im neuen lebensjahr.
und dann war da dieser anfall. fieber. sagt man. aber war wohl was anderes. das übereinanderschieben von unterschiedlichen erdschichten bezeichnet man als erdbeben. beim menschen hat das alles noch keinen namen.
und dann klopfte es. und das geschminkte lächeln und die tränen. und der hass. und das streben. nach nichts. ins nichts. endlich ins nichts fallen. das wär was.
in einer dieser städte pulsierte das leben. und wie. und deshalb war ich ruhig. guter witz, leute, nicht war, aber die pointe kommt erst noch. dort erzählte man mir auch wieder von göttern und götzen. und nachts zog man sich die stiefel und die lackhose an und malte sich den mund ganz rot, richtig rot. aber von dem rot war am morgen dann doch nichts mehr zu sehen, wenn man wieder von den göttern erzählte und lächelte.
oder aber man suchte die götter noch. das war dann sehr anregend. dann musste man aber sehr viel kraft haben und ständig unterwegs sein. und sich ziemlich volldröhnen. und irgendwann war das loch dann weg. weggedröhnt. und der gott da. ganz einfach.
aber manche dort hatten ihre götter auch schon gefunden. sogar schon gesehen. besonders in zeiten wirtschaftlicher not sind solche erscheinungen oft anzutreffen. ein zusammenhang lässt sich nicht leugnen. aber auch die psychische verfassung des heimgesuchten spielt hierbei eine rolle, die man kaum überschätzen kann. so sind es vor allem leicht despressive und labile menschen, denen dieses glück besonders oft zuteil kommt. sie werden dann durch diese erscheinung geheilt und können ihr glück in die welt tragen. gute menschen werden also. so wie ihr, meine freunde, so wie ihr.
und auch mir wollte man das glück zeigen. und deshalb musste der mülleimer in den schrank. nur deshalb.
aber man wollte mir auch noch ganz andere dinge zeigen. fleisch auch, na klar. aber da wollte dann alles raus aus mir. fleisch nur in maßen. unbedingt merken. maß halten. ganz wichtig. keine extreme.
doch es gab auch anderes. andere möglichkeiten, das loch zu schließen. den namen wussten auch diese leute nicht, aber sie wollten mir helfen, wieder wach zu werden. aber schlafen ist manchmal ganz erholsam. und so sanft. da hört man sie nämlich nicht mehr singen und klopfen. und manchmal, aber vorsicht, ganz selten, da träumt man, man wäre schön. und dann ist alles gut. ja, denkt ihr, ich verarsche euch? guter gedanke! weiter so. ihr seid auf dem richtigen weg. und der weg ist doch für euch das ziel? nicht war? also, maß halten, sonst kommen euch zu viele steine in den weg. wäre doch schade. wer fällt schon gern? das tut bestimmt weh. und wir wollen doch lieber die watte, den nebel, die wolken, und ein kleines engelchen zum kusch

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