Landung in der Schwertbucht
von Carsten Maday

Kapitel
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>Sie kommen!<, brüllte Mord.
Im Schutz des Trommelfeuers hatten sich die Schiffe der Seeschäumer dem Strand genähert. Wasserfontänen spritzten auf, hie und da bekam ein Schiff einen Volltreffer und verbrannte mitsamt der Besatzung. Unsere Kampfmagier waren erwacht und nahmen die Landungsschiffe unter Beschuss.
Der Bunker hatte einen schweren Treffer erhalten, die Schießscharte war verschüttet worden. Mord und ich hatten uns in die Grabenstellung an der Strandböschung begeben, um von dort die Abwehr zu koordinieren.
>Tolle Schiffe<, rief mir Mord zu. >Klinkerbauweise. Modernste Technik. Damit kannst du einmal übers offene Meer fahren, neue Länder entdecken und zurück, ohne das was passiert. Weißt du eigentlich, das die nordische Kenning „Wogenross“ auf die elastische Bauweise der Schiffe zurückgeht, die die Wellen quasi abreiten?<
>Ja<, brüllte ich Mord zu. >Das ist mir bekannt.<
>Aha?<, machte Mord und fügte nun etwas weniger enthusiastisch hinzu: >Toll. Und Tiefgang von kaum einen Meter. Der Meister hätte ihnen einfach nicht den Krieg erklären sollen. Ach, einmal so´n Material zur Verfügung haben...<
Die ersten Schiffe liefen auf Grund. Die Besatzungen sprangen von den Ruderbänken ins hüfthohe Wasser und fluteten langsam auf den Strand zu.
>Feuer!<, schrie ich. Die Dampfkanonen brüllten los. Armbrustbolzen heulten schneidend durch die Luft, wühlten das Wasser auf, färbten es rot, leichennass.
Unter den Seeschäumern sah man auch Alben ans Land heranwanken.
>Immer feste auf die Alben<, rief ich der Besatzung des Armbrustnestes in unser Nähe zu. >Die können´s gebrauchen.<
Mann um Mann, Frau um Frau fiel, niedergemäht von Bolzen, aber mehr und mehr Schiffe landeten ihre Mannschaft ab, bis die ersten den Strand erreichten und die Bolzen bald nicht mehr durch Wasser sondern Sand spritzen. Albische Bogenschützen begannen unsere Stellungen unter Beschuss zu nehmen, magische Blitze schlugen an der Grabenbrüstung ein.
Wir belegten sie mit allem, was wir hatten, bis der Strand längst rot war. Und dennoch kamen sie näher. Für jeden Gefallenen kamen zwei Neue, während bei uns die Reihen lichter wurden. Sie bissen sich am Strand fest, sammelten sich für einen Sturmangriff auf unsere Stellungen.
Verwirrt sah ich, wie ein Ork-Feldwebel auf einen unser Kampfmagier einschlug.
>Was machen Sie da, Mann<, schrie ich den Feldwebel an. Der hielt ängstlich inne, hielt mir den verbläuten Magier hin.
>Ladehemmung, Sir<, grunzte der Ork.
>Ah, guter Mann. Weiter machen!<
>Ja, Sir!<
Mord zuckte mit den Schultern:
>Ja, ja, die Tücken der modernen Kriegsführung...<
Eine gewaltige Detonation erschütterte den Strand. Kochendes Wasser regnete herab, die Männer schrieen vor Schmerz. Dann ebbte das Bolzenfeuer der Dampfkanonen ab. Der Zentralkessel war in die Luft geflogen, die Kanonen verloren an Druck und blieben schließlich stehen.
>Das ist das Ende<, schrie Mord. Als das Bolzenfeuer den Feind nicht länger festnagelte, nutzte der die Gelegenheit. Tausende von Alben und Menschen sprangen auf und stürmten mit wildem Kampfgeschrei auf uns zu.
>Schwerter raus<, rief ich.
Mord klatschte vergnügt in die Hände und zog ihr Schwert. Die ersten Feinde sprangen zu uns in den Graben hinab. Mord und ich raubten Leben um Leben, denn die Feinde schreckten vor uns Schattenwesen zurück, kaum fähig vor Angst Gegenwehr zu leisten. Doch dort, wo sich ihnen nur Orks entgegenstellten, überrannten sie unsere Verteidigung durch ihre schiere Übermacht. Es war nur noch eine Frage der Zeit, ehe es auch Mord und mich erwischte.
Dann war die Zeit da. Ich fraß einem Seeschäumer mit einem Schwerthieb das Bein ab. Der Mann fiel kreischend um und gab den Blick auf den Graben hinter ihm frei. Da stand er, so kraftvoll strahlend und gewand, mit blauschimmernder Klinge in der nervichten Rechten und zorn´gem Gellen auf Lippen. Der Ewige Held!
>Schreck lass nach!<, schrie ich. Dann war das Ungeheuer über mir. Mächtige Schläge prasselten auf mich ein. Mit Mühe und viel Glück parierte ich sie.
>Mord! Mord! Mord!<, schrie ich in meiner Verzweiflung um Hilfe, der Ewige Held verstand es falsch und brüllte mich hämisch an:
>Unheil´ge Schattenkreatur, stets nach dem Unglück andrer gierend, kampftrutz´ge, immerwährend nach Mord rufend!< Er holte zum Schlag aus. Er riss mir den Arm an der Schulter fort. Der fiel auf den blutschlammigen Boden des Grabens, das Schwert noch in der Hand. Schon wollte der Ewige Held mir den Todesstoß geben, als ein Schatten dazwischen fuhr. Mord war heran gesprungen. Sie drosch dem Ewigen Helden die Faust ins königliche Antlitz, so dass der benommen zurücktaumelte. Mord packte mich und entführte mich von des Dunkel finstren Verhängnis.

Es war eine Todeswunde. Als schreckliches Schattenwesen starb man nicht so leicht und nicht so schnell. Ich würde also noch eine lange Zeit des Leidens haben, ehe ich krepierte. Ich wusste es, Mord wusste es auch. Sie hatte mich aus der Schlacht getragen, die fast geschlagen und längst verloren war. Wo ich war, wusste ich nicht, nur, dass mein Haupt in Mords Schoß gebettet lag. Mord strich mir über die spärlichen Reste meines untoten Haupthaares.
>Böser Ewiger Held<, flüsterte sie beruhigend auf mich ein. >Dich einfach „Kreatur“ zu nennen. Ist doch kein Benehmen einer Dame gegenüber.<
>Mord<, keuchte ich. >Ich werde sterben.<
Mord nickte:
>Ich weiß, Eis. Ach, das ist schon ein Nachteil als gestaltloser Untoter. Wenn man auch so gar nichts vom Körper sieht, ich mein, wie soll man da auch eine Arterie finden und abklemmen. Selbst das Gesundheitssystem diskriminiert uns...<
>Mord!< Ich griff ihre Hand. >Der Meister. Willst du ihn immer noch, na ja, ...krrg?<
>Ja, das will ich. Aber wie sollen wir das ohne dich schaffen, Süße?<
>Ach<, stöhnte ich. >Wenn ich tot bin geht mein freier Wille und meine Entschlossenheit auf Euch über. Erhöht das nicht eure Chancen, den Meister zu beseitigen?<
Mord nickte.
>Ich denke schon<, meinte Mord.
>Dann töte mich jetzt, Mord. Ich möchte nicht dem Alben in die Hände fallen.<
>Gut<, sagte Mord, die in dieser Beziehung erfreulicher Weise wenig Hemmungen hatte.
Ich spürte noch, wie eine Träne Mords auf mein Gesicht fiel. Dann schnitt Mord mir die Kehle durch.

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