In Blechlawinen
von Carsten Maday

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In Blechlawinen

Mittwoch 16.07.01
Es war ein fauler Tag gewesen. Hatte mich im Bett gewälzt, meinen neuen Asterix gelesen, gemailt und gesurft, war joggen und faulenzte weiter, obwohl ich viel zu tun hatte. Wie immer also. Ich hatte Hunger, den ganzen Tag nichts gegessen und nach dem Laufen war ich erschöpft und müde. Ich raffte mich auf. Hinaus. Zum Plus. Nahrung!!!!! 15.43 durch die Friedensplatzpassage (habe auf die Uhr geguckt), Ampel! Halt! Rot, rot, rot, grün, endlich. Hinüber! Was brauchte ich eigentlich? Saft, Essen! mampf, mampf, jamjam! Grübel, weiter geh! HILFE! HALTET den DIEB!!!! Hinter mir! War ich erstaunt, dass man so etwas wirklich rief? Haltet den Dieb! Ist doch was fürs Fernsehen und nichts für die Oxfordstrasse so um 15.45. Was erfasste ich? Ich erfasste etwas, weil ich mich umdrehte. Erst nichts, nur Schreien. Jemand rannte. Und zwar auf mich zu! Weißes T-Shirt, schwarze Haare, Ekel-Schnurrbart, Nationalität erst später als eindeutig fremd, vielleicht Osten, festgestellt. Dahinter noch ein Schreien, jemand rannte auch? Wer weiß. Ich? Was machen? Dachte ich kurz? Ja, ich glaube ich dachte wirklich! Was aber? Wen interessiert es? Was geht es mich an? Ja, ein wenig schon, vielleicht sogar viel. Aber auch das, was mich oft ergreift, dies uralte Übel der Welt, das einen dazu zwingt, Dinge zu tun, welche die Gesellschaft für richtig hält. Aber die Gesellschaft hält seltsames für richtig, Wehrmachts-Deserteuren eine Rente zu zahlen allerdings nicht. Vielleicht liegt es an den Reality-Serien! Da sieht man immer miese Gaffer, die nichts tun und man schüttelt den Kopf, sagt, siehe da, die Erde möge die miesen Gaffer, welche da nichts tun, schlucken! Da kann man doch im Ernstfall nicht weggucken und nichts tun. Wäre zu gefährlich, weil einen dann ja die Erde schlucken könnte!
Kurz und gut, ich weiß nicht genau, warum ich tat, was ich tat, aber es waren eilige Überlegungen, und sie hatten etwas mit einem Spiegel zu tun, in den man täglich sehen musste. Daß ich selbst einmal überfallen wurde, mag lediglich eine interpretatio ex eventu sein!

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