TV-Leap: Horror-High
von Carsten Maday

Kapitel
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>Also<, instruierte ich meine Mitschüler. >Das aller, aller wichtigste ist, dass wir uns niemals trennen! Ist das klar?< Sie nickten.
>Gut! Und wenn ich niemals sage, dann meine ich niemals. Verstanden? Keine Ausnahmen! Überhaupt niemals irgendwelche Ausnahmen! Unter keinen Umständen trennt sich einer von der Gruppe, kapiert?< Sie nickten.
>Gut!< Ich seufzte. >Dann geh ich mal los!<
>Aber<, warf Steve ein. >Willst du wirklich alleine...<
>Klar! Bin ein großes Mädchen, ähm, eigentlich bin ich eher ziemlich klein und niedlich, aber..., nun ja, ich bin dann mal weg.<
Ich warf die AK über den Rücken, zog meine Kampfschuhe aus und schwang mich aus dem Fenster des Werksraumes an den Blitzableiter und kletterte auf den Schulhof. Die Luft schien rein. Ich schlüpfte in meine Schuhe und stakste los. Glücklich war ich nicht darüber, mich allein auf den Weg zu machen. Aber wer sollte sonst? Steve und Matt waren als einzige stark genug, um Jason zu tragen. Nach der Not-OP mit der Feueraxt im Werkraum war er noch nicht aus der Ohnmacht erwacht. Chloë wich nicht von Jasons Seite und Bianca und Ruth waren nach eigenem Bekunden lausige Schützen. Na also, selbst ist die Frau.
Ich hatte den Weg zur Hälfte hinter mir. Noch hundert Meter bis zum Schulbus. Ein Schrei. Ruth rief vom Fenster aus, deutete auf die Zombies hinter mir. Es waren schnelle Zombies und meine Beine waren so verflucht kurz und die Absätze so lang. Ich drehte um, kniete nieder, zielte und schoss:
>Ja, ihr verfluchten Zombie-Ärsche! Kommt schon, ihr Hurensöhne. Ja, so ist´s recht, kommt zu Mami! Ja, tanzt für mich, ihr Freaks! Ja, kleine, kontrollierte Feuerstöße! So hab´ ich´s gern. < Ich schoss, lud nach, schoss. Mein Feuern rief mehr und mehr Zombies herbei, aber dieser unsägliche NAM-Film hielt mich noch immer in seinem Bann.
>Huar! Huar! Jaaaaaaaaaa! Taktaktak! Kommt zu Mami! Danke, Herr Kalaschnikow! Hervorragende Waffe....!<
Klick!
>Uaarrrrr! Verdreckte Scheißknarre! Verfickte Ladehemmung! Wer baut denn so einen Scheiß! Das ist doch unverantwortlich! Menschen sterben durch solche unzuverlässigen Waffen!!!!! Das geht doch nicht!!!!!!< Ich warf mir die Waffe auf den Rücken und rannte los. Die Zombies stolperten über die Körper ihrer, ja, was denn? Kameraden? Mit-Zombies?
Ich erreichte den Bus. Die Tür war offen. Ich schaffte es mit Mühe, meine treulose Waffe lautstark zu verfluchen, ehe ein Zombie aus dem Bus sprang und mich angriff. Mein Geist erinnerte sich gut, aber mein derzeitiger Körper nicht. Und so würde ich vermutlich morgen einen ziemlichen Muskelkater haben, als ich mich des Kunstgriffes aus “Die dreihundertelf Todeskammern der Shaolin“ entsann. An meine Rolle als böser Meister Ling Liu dachte ich mit Schrecken zurück, aber seine Tricks retteten mir nun das Leben. Ich tauchte unter dem Angriff hinweg, trat dem Zombie die Kniescheibe weg. Als er fauchend einknickte, griff ich seinen Kopf und brach sein Genick. Die anderen kamen näher. Ich sprang in den Bus, auf den Fahrersessel. Ehe ich die Tür schließen konnte, war ein Zombie heran. Seine blutigen Hände griffen nach mir.
>Nur passend!<, schrie ich hysterisch und trat ihm einen Absatz in den Kopf. Zuckend polterte er nach draußen. Ich schloss die Tür, fand den Schlüssel und startete. Ich fuhr einige Zombies um, als ich den Bus unters Fenster des Werkraumes steuerte. Die anderen sprangen aufs Dach, kletterten durch die Luke herein. Die Zombies umlagerten den Bus, wummerten gierig an Türen und Fenster. Höchste Zeit, dass wir verschwanden. Zielort: alte Kaserne der National-Garde. Die Kaserne stand kurz vor der Auflösung. Ein Kriegsmuseum wurde dort eingerichtet. Aber vielleicht leisteten die wenigen Soldaten dort noch Widerstand. Zumindest sollten sich dort noch einige Waffen finden lassen.
Ich sah an mir herab und fluchte.
>Matt! Matt!< Matt kam zu mir. >Du musst fahren!<
>Was ist? Bist du verletzt?< Sorge stand in seinem Gesicht.
>Ne<, beruhigte ich ihn. >Aber ich hab´ mir den verfickten Absatz abgebrochen.<


>He, Patt< Chloës verzerrte Stimme drang an mein Ohr.
>Ja, was gibt´s?<
>Nichts besonders. Will mir nur die Zeit vertreiben.<
Ich brummte bestätigend. Das Warten war am schlimmsten.
>Sag mal, Patt, auf welchen Typ stehst du eigentlich?<
Ich überlegte kurz. Was sollte ich antworten? Ich steckte im Körper eines kleingewachsenen Mädchens mit Brille und Vorliebe für Shakespeare und so´n Zeug fest. Auf was stand man denn da so?
Ich gab mich vage.
>Groß.<
>Ja, groß ist schön<, kam Chloës Antwort. >Und sonst?<
>Öh, was sonst? Also, verständnisvoll sollte er schon sein.< Das war immer gut.
>Hmm<, meinte Chloë. >Was noch?<
>Er sollte meine Interessen teilen und mich als Person respektieren, weißt du. Respekt ist wichtig in einer Beziehung.< Ich überlegte kurz und fügte hinzu: >Na ja, und angesichts unserer momentanen Lage hätte ich auch nichts dagegen , wenn er gut am MG wäre.<
>Ich weiß genau, was du meinst, Patt<, kam Chloës Stimme über Funk. >Was...< Sie zögerte. >Was hältst du von Matt.
>Matt ist okay. Ein guter Schütze.<
>Ja, nicht? Er ist so, also, na ja, als er mit dem Bus vom Schulhof gefahren ist und dann einfach den Rückwärtsgang reingeworfen hat, um noch ein paar Zombies zu erledigen, also das war...so männlich!<
Aha, dachte ich. Dahin lief der Hase also. Das alte Elend! Der Partner, den man gerade verlassen hat, ist unweigerlich immer attraktiver als derjenige, für den man ihn verlassen hat. Da änderte auch eine Armee von Zombies nichts daran. Was sollte ich ihr raten? Das sie sich etwas schämen sollte, so an Matt zu denken, während wir nicht wussten, ob Jason überhaupt überlebte? Andererseits ging hier alles vor die Hunde. Besser sie nahm soviel Liebe, wie sie bekommen konnte. Ehe ich etwas antworten konnte, sahen wir eine Gestalt am Rande des dunklen Exerzierplatzes auftauchen. Die Schreie in der Stadt waren verstummt. Ebenfalls die Schüsse, letzte Anzeichen von Widerstand. Alles schwieg still. Die Normalität einer Kleinstadt zu dieser Uhrzeit. Hie und da zerrissen Explosionen die Stille. Gasöfen, die niemand mehr abdrehte. Manchmal hören wir Helikopter in großer Höhe. Hilfe kam keine.
Die Gestalt wartet. Dann hörten wir ein Grollen wie aus Hunderten von hungrigen Kehlen. Die Gestalt sah sich gehetzt um. Es war Bianca. Sie lief auf die südliche Halle des Exerzierplatzes zu. Das Grollen schwoll an, als die Meute erschien. Die fetten Zeiten waren vorbei. Nun lockte selbst ein einzelnes Opfer eine große Zahl von Jägern an. Es waren viele. Hundert und mehr.
Wir hatten Bianca nicht ohne Grund ausgewählt. Als seelenloser Cheerleader war sie topfit und ließ uns andere im Sprint um Längen zurück. Sie war unser Köder. Sie lief durch die Straßen und lockte sie an. Das war gefährlich, denn hinter jeder Ecke konnten sie lauern. Nun hatte sie den Platz erreicht und war sicher. Selbst die schnellsten Zombies konnten es nicht mit ihr aufnehmen. Sie wusste es und machte als Showeinlage ein paar Flickflacks.
>Angeberin<, kommentierte Chloë. Matt hin oder her, einer anderen schien sie Jason auch nicht gönnen zu wollen. Bianca verschwand in der Halle.
>Jetzt!<, gab ich über Funk durch. Scheinwerfer gingen an, tauchten den Platz in gleißendes Licht. Für einen Moment lang wirkten die Zombies beinahe peinlich berührt.
Wir hatten die Kaserne erreicht. Wer immer hier stationiert gewesen war, hatte die Flucht ergriffen oder war tot. Wir hatten Waffen gesucht und gefunden. Und das neue Museum hatte zwei besondere Schmuckstücke für uns bereit gehalten. Wer hätte gedacht, dass mir die furchtbare Rolle in „Der Panzergeneral“ je nützlich sein würde.
>HoooooooouuHooooooooooo!< Ich winkte wild. Der viel zu große Helm rutschte mir über die Augen, als die Maschine aufbrummte und Matt seinen Fuß von der Kupplung nahm. Ratternd kam der Sherman in Gang und verließ die Wartungshalle, in der wir uns verborgen hatten. Auf der anderen Seite rollte Chloës Sherman vor. Ich hatte ihnen in aller Eile das Nötigste beigebracht. Da die Zombies nicht mit Panzerabwehrwaffen umherliefen, war die Sache narrensicher.
>Feuer!< Granaten und MG-Garben hatten die Zombies wenig entgegen zu setzten. Auf freiem Feld und mit genügender Feuerkraft stellten auch Tausend Zombies keine Gefahr dar. Deshalb sollte man sich auch nie in irgendwelchen Supermärkten einschließen lassen. Wir machten sie nieder bis auf den letzten untoten Mann.

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