TV-Leap: Horror-High
von Carsten Maday

Kapitel
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Es war Morgen. Die Brücke war zerstört. Ich schob den Helm zurück und hob das Fernglas an die Augen. Ich hörte Steve aus dem Bauch des Panzers:
>Was siehst du, Patton.< Meine Jungs und Mädchen fanden diesen Spitznamen sehr ulkig.
>Sie sind in Stellung gegangen.< Wie prophezeit hatten Marine und Heer die Insel unter Quarantäne gestellt. Über Funk hatte man bedauernd unser Hilfegesuch abgeschlagen. Die Gefahr einer Ausbreitung der Epidemie durfte nicht durch eine Evakuation aus der Todeszone, so nannten sie es, vergrößert werden.
>Zurück!< Der Sherman schob auf seinen Weg zurück Wagen beiseite. Ein Chaos. Flüchtende waren hier hin geeilt, um über die Brücke zu entkommen. Alles war tot. Wir kehrten zurück. Unser nächtliches Feuergefecht hatte Überlebende herbeigelockt. Wer ohne Wunden war, wurde eingelassen. Fast fünfzig Seelen hatten sich zu uns gerettet. MG-Nester wurden bemannt. Die Kaserne war uneinnehmbar. Was sollten wir tun? Man würde uns nicht von der Insel lassen, selbst wenn alle Zombies tot waren. Sollten wir fliehen? Selbst wenn wir es schafften, durften wir riskieren, die Seuche nach draußen zu tragen? Ratlosigkeit herrschte. Dann erinnerte sich Matt:
>Mein Gott! Was hat der Mann noch gesagt? Der Impfstoff! Es gibt einen Impfstoff! Natürlich!< Er schlug sich mit der flachen Hand an den Kopf. >Jetzt sehe ich klar. Der Meteor. Mit ihm kam der Erreger auf die Erde. Das kann kein Zufall sein. Es ist der Beginn einer außerirdischen Invasion...<
>Das nennst du klar sehen, Matt<, spottete Jason, der zwar bleich aber weiterhin ein Mensch war. Unsere Radikalkur hatte angeschlagen.
>Lass ihn ausreden<, ermahnte ich Jason. Matts Geschichte war so absurd, sie musste stimmen. Das war genau die Art von Film, in der ich immer landete.
>Also, Außerirdische schicken diesen Erreger her und brauchen dann nur noch warten, bis wir uns selbst ausgelöscht haben. Dann übernehmen sie einfach den Rest. Also, wenn sie einen Meteor geschickt haben, warum dann nicht noch einen zweiten? Wenn wir diesen Impfstoff an uns bringen, hätten wir doch eine gute Verhandlungsbasis mit der Regierung. Entweder sie lassen uns von der Insel, oder sie müssen beim nächsten Einschlag selbst sehen, wie sie ohne Impfstoff zurecht kommen.<
Wir warteten die Nacht ab und rückten dann aus. Unsere Falle schnappte zu und bestätigte Matts Theorie. In der Nähe des Regierungsgebäudes landete ein Helikopter eine Spezialeinheit an. Es waren diese fiesen, durchtrainierten Befehlsempfänger, die einen mit bloßen Händen umbringen konnten. Um so mehr ärgerte es sie, als vor und hinter sich Scheinwerfer ausblitzen sahen und von ein paar Teenies aufgebracht wurden. Als sie in die Mündungen der Shermans blickten, ließen sie ohne Protest die Waffen fallen. Und als wir drohten, sie unbewaffnet in die Stadt zu jagen, packten sie bereit willig aus. Ja, es waren Außerirdische (es waren immer Außerirdische). Und ja, man befürchtete einen weiteren Angriff. Vor meinem inneren Auge sah ich den Titel des Films: „HALT! ZOMBIES FROM OUTER SPACE ATTACK!”
Der Leutnant der Spezialeinheit verriet uns den Bauplan des Gebäudes. Wir fuhren mit dem Sherman zum geheimen Lastenaufzug, walzten uns den Weg durch die Zombies im Kellergeschoss und kamen mit dem Impfstoff zurück ins erste Licht des jungen Morgens. Es war vollbracht.

>Ja, ich will.<
>Sie dürfen die Braut jetzt küssen.<
Als Jason und Chloë sich küssten, kamen mir die Tränen. Wir hatten viel zusammen erlebt und die beiden waren mir ans Herz gewachsen. Ich war froh, dass Chloë sich endlich entschieden hatte und es wagte, ihre Beziehung zu Jason mehr als nur vorübergehend sein zu lassen. Ich lächelte. Mir wurde warm ums Herz. So waren Teeny-Filme eben. Kitschig, sinnlos aber irgendwie niedlich.
Matt drückte meine Hand, als wir uns dem Paar auf dem Weg aus der Kirche hinaus anschlossen. Es war ein herrlicher Tag. Und als er langsam endete, stahlen Matt und ich uns von der Hochzeitsfeier. Matt wollte fort. Amerika sehen, solange es noch stand. Auf dem Motorrat, natürlich. Wie es sich gehörte.
>Mach ´s gut, Patton.< Wir lachten. Dann wurde er ernst:
>Weißt du, Patt...<
>Ich weiß.< Homophobie hin oder her. Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen und küsste ihn. Ein schöner Kuss. Lange. Gut.
>Vielleicht können wir das fortsetzten, wenn ich zurück bin, Patt.<
Ich lachte.
>Verfickte Scheiße, Matt! Natürlich können wir das. Es gibt viele Fortsetzungen. Spätestens, wenn die Außerirdischen landen.<
Er grinste:
>Ja, spätestens dann.<
Er trat seine Maschine an. Ich sah ihm nach, bis sein Scheinwerferlicht in der Dunkelheit verschwunden war. Dann sprang ich.

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