Das Schwarze Mal
von Christine Eisner

Kapitel
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Das Schwarze Mal

Kapitel 3

Der Wind brauste durch die Kronen der Bäume. Eine Feder, mitgetragen von dem Wind, schwebte durch die Luft und näherte sich dem Boden einer Lichtung. Alle Geräusche des Waldes verstummten an einem Ort wie diesem und Stille breitete sich aus. Leise plätscherte der kleine Wasserfall über die Felsen und endete in einem kleinen Bassin.
Eine Person, in einen Umhang gehüllt, betrat die Lichtung und schritt über die wundervollduftenden Blumen zu dem kleinen Wasserfall. Sie durchschritt das seichte Wasser und machte erst vor dem Wasserstrom halt. Langsam kniete sie sich nieder ins Wasser und sprach einige Worte. Daraufhin öffnete sich der Wasserfall und eine Spiegelwand erschien, die hinter sich eine neue Welt widerspiegelte. Die Person blieb sitzen und wartete bis sich ein Geschöpf hinter diesem Spiegel offenbarte. "Sprich." , hallte es durch den Spiegel. "Ehrenwerte Aki," , er sah zu ihr auf, "Wir haben sie gefunden." "Endlich. Nach all diesen Jahren. Bringt sie mir, doch krümmt ihr kein Haar. Du weißt genau, wie viel sie uns wert ist Ryoichi." "Wie Ihr wünscht." , er senkte den Blick erneut auf das Wasser und verhaarte in dieser Position, bis der Spiegel vom Wasserstrom wieder bedeckt wurde.
"Dann hast du sie also gefunden?" , fragte eine Stimme hinter ihm. Dieser stand langsam auf und sah zum Himmel auf. Seine Füße lösten sich vom Grund des Bodens und er schwebte langsam zurück an Land. Nun stand er seinem Kameraden gegenüber und musterte ihn. Mit einem Grinsen nickte er. "Ja." , antwortete er, "Stell dir vor, sie ist die Königin dieses Landes." "Das ist nicht dein Ernst. Ich hatte ja an viele Möglichkeiten gedacht, aber das überrascht mich." "Soll ich es dir beweisen?" , schlug Ryoichi vor. "Später. Zuerst müssen wir Yasuo Bescheid sagen. Er ist noch immer im Tempel und meditiert." "War ja wieder klar. Wir dürfen schuften und er sitzt im Tempel und tut noch nicht einmal ansatzweise meditieren. Das kannst du ihm doch nicht wirklich abnehmen Hikari." , beschwerte sich Ryoichi und ging langsam auf Hikari zu. Hikari schüttelte nur den Kopf. "Hört auf euch ständig die Köpfe einzuschlagen. Wir haben eine Mission zu erfüllen, die nicht ganz unwichtig ist. Unsere Welt ist dem Chaos geweiht. Ich jedenfalls möchte nicht auf dieser Welt verrotten, wo doch meine Zeit schon lange abgelaufen ist." Hikari holte eine Kette unter dem Umhang hervor und starrte die Kristallkugel an, in der eine Blume ohne Blüten versiegelt war. "Wie lange schon?" , fragte Ryoichi besorgt. Hikari steckte die Kette wieder weg. "Etwa zwei Monate. Dank Aki´s Versieglungszauber sind meine Erinnerungen noch vorhanden, doch wer weiß wie lange das noch so anhält?" Er wandte sich von Ryoichi ab. "Komm jetzt, ich will nicht noch mehr Zeit verlieren." Ryoichi folgte ihm stillschweigend. Wer von ihnen würde als nächstes die Blüten verlieren? Wer würde als nächstes die Hoffnung aufgeben müssen, die Welt verlassen zu können und in das geliebte Heimatland zurück zu kehren?All die Fragen schwirrten ihm im Kopf umher und er bemerkte, dass er Angst bekam. Hikari drehte sich nach ihm um und blieb stehen. "Was ist los? Weshalb ist dein Gesicht auf einmal so blass?" , fragte er vorsichtig. "Ich weiß nicht." , antwortete er ihm, "Ich habe mich nur gefragt, wer von uns als nächstes..." "Ach Quatsch!" , unterbrach ihn Hikari, "Jetzt wo wir sie doch endlich haben, können wir in unsere Welt zurück und alles wird sich zum Guten wenden. Der Fluch wird aufgehoben und wir leben unser normales Leben weiter bis zur Zeremonie. Was dannach sein wird weiß ich auch noch nicht, aber es wird schon." Hikari ging auf Ryoichi zu und klopfte ihm auf die Schulter. Ryoichi jedoch war nicht auf zu heitern. "Was wird aus ihr? Meinst du sie erinnert sich dann endlich an mich?" "Das weiß ich leider auch nicht. Mich wunderts überhaupt, dass sie noch lebt. Hattest du nicht gesagt sie sei vor deinen Augen gestorben?" "Vor vier Jahren, ja. Sie stürzte eine Klippe herunter. Ich konnte nichts mehr für sie tun." Ihm stiegen Tränen in die Augen. "Seit diesem Tage sehnte ich mich nach ihr. Mein Leben hatte keinen Sinn mehr, ich wollte ihr folgen, doch mein Volk hatte mich davon abgehalten. Sie sagten ich sei der Auserwählte, was schließlich auch stimmte." "Um so mehr musstest du dich gefreut haben, als du ihr vor drei Jahren wieder begegnet warst." "Ja, doch nachdem ich bemerkte, dass sie sich nicht mehr an mich erinnerte, versetzte es mir einen harten Stich ins Herz. Ich hatte in diesem einen Jahr an nichts anderes als sie gedacht, doch sie hatte mich innerhalb von einem Jahr völlig vergessen. Heraus kam außerdem noch, dass sie mir vieles verschwiegen hatte. Sie hatte mir noch nicht einmal ihren richtigen Namen genannt." Hikari senkte den Kopf. Noch nie hatte er ihn über seine Vergangenheit so ausführlich reden gehört. Ryoichi wischte sich die Tränen aus den Augen und versuchte zu lächeln. "Doch ich gebe nicht auf. Ich gewinne sie zurück." Er schlug den Weg weiter ein und Hikari folgte ihm, ohne ein weiteres Wort aus zu sprechen.

"Was hat er gesagt?" , erkundigte sich Akira bei Koyuki, nachdem diese zurück von der Tafel kam. Doch Koyuki ging an ihr vorbei und versuchte ihren Zorn so gut es ging zurück zu halten. "Einfach unglaublich! Als ob ich ihm so schnell verzeihen würde, für das was er sich erlaubte." "Sag, was hat er denn eigentlich gemacht?" "Angegraben hat er mich." , beantwortete sie Akira´s Frage, "Er hat versucht über mich herzufallen. So ein ungehobelter Kerl. Und den muss ich auch noch heiraten." Akira beobachtete sie, während sie, Koyuki, hin und her lief. "Du willst ihn heiraten? Ich dachte..." "Nur über meine Leiche! Niemals würde ich jemanden wie ihn heiraten. Er ist viel zu weit unter meinem Niveau." "Keine Sorge, ich werde alles für deine Flucht organisieren. Spätestens in zwei Tagen ist alles abgesprochen." Koyuki dachte an ihre Entscheidung, das Schloss für immer zu verlassen. Bald würde alles überstanden sein. Sie blieb stehen und Akira näherte sich ihr. "Du hast mir immer noch nicht gesagt, was er gesagt hat." Koyuki hob den Kopf, sah sie einen Moment an und setzte sich auf den Stuhl vor der Komode. Akira trat hinter sie und begann damit, Koyuki´s Haare zu kämmen. Sie war immer so fasziniert von ihren langen schwarzen Haaren und freute sich daher, dass Koyuki nur sie an ihre Haare ließ. In den Spiegel schauend erzählte Koyuki ihr alles über das Treffen mit Kei. "Als ich eintrat, erhob er sich vom Stuhl und schob mir den Stuhl zurecht, der gegenüber von seinem stand. Ich wollte so weit wie möglich von ihm weg sitzen also suchte ich mir den Platz auf der anderen Seite aus, du weißt wie lang unsere Tische im Schloss sind. Nun jedenfalls lief alles ohne ein Wort ab und auch beim Essen war er still. Schließlich fragte ich ihn, warum er mich erwartet hatte, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass er mich anwiedert." "Das hast du zu ihm gesagt?" , unterbrach Akira sie voller Erstaunen. "Ja hab ich. Auf meine Frage hin reagierte er etwas, naja, etwas nervös. Er entschuldigte sich bei mir und schämte sich für sein Verhalten. Schließlich stellte ich ihm die Frage, weshalb er noch im Schloss war, da er mir heute morgen, bevor ich mich rausschlich, gesagt hatte, dass er wichtige Verträge im Nachbarland zu erledigen hatte. Von seiner Seite her, sagte er, dass er das Treffen um drei Tage verschoben hatte, weil er befürchtete, dass ich das Schloss verlassen würde und nie mehr zurück gekommen wäre." Akira hielt inne. "Das heißt er ahnt etwas?" , fragte sie und sah zu Koyuki herab. "Ja, doch ich versuchte ihm das aus dem Kopf zu reden. Ich beschrieb ihm meine Ausgänge als eine Landespartollie. Er lachte nur und meinte, dass es die Soldaten machen könnten, doch ich widersprach mit der Meinung, dass ich so selbst keinen Einblick in die Verhältnisse unserer Bürger bekommen würde und es sehr schlecht für meine Regierung wäre. Er meinte ich mache mir zu viele Sorgen um das Bürgertum und würde mich überanstrengen. Ich solle mich ausruhen, damit ich an unserer Hochzeit topfit bin. Ich dachte mir nur: Pech gehabt, es findet gar keine statt. Doch er war der festen Überzeugung, dass ich ihn wirklich heirate. Nun, soll er in dem Glauben bleiben, so habe ich bessere Chancen auf eine Flucht." Sie stützte ihre Arme auf der Komode ab und lehnte ihr Gesicht darin. "Bald werde ich mit Takashi vereint sein. Ich werde endlich eine Zukunft haben und mein Leben frei bestimmen können." Koyuki begann zu träumen und Akira dachte nach, wie sie ihr die Flucht ermöglichen konnte. "In drei Tagen hat Kei sein Treffen mit den Nachbarländern sagtest du?" "Ja, aber wen interessiert das schon?" , wunderte sich Koyuki über Akira´s Frage. "Hör zu, du musst in den nächsten zwei Tagen sein Vertrauen gewinnen und ihm künstlich vortäuschen, dass du ihn über alles liebst." Koyuki erhob sich ruckartig vom Stuhl. "Das ist ja ekelhaft! Wieso sollte ich so etwas tun?" "Nun ja, denke logisch. Er hat das Treffen, das normalerweise für heute angesetzt war, um drei Tage veschoben. Wenn er dies wieder tut und es vor eurer Hochzeit kein Treffen mehr geben sollte, bist du ganz schnell verheiratet und gezwungen hier zu bleiben. Fall ihm um den Hals, wenn er in drei Tagen fortfährt und versichere ihm, dass du ihn sehnsüchtig erwarten wirst. Nur dann gelingt dir deine Flucht." Koyuki sah sie perplex an. "Ich weiß nicht was du damit bezwecken möchtest." Akira schüttelte den Kopf. "Also nochmal. Wenn du sein Vertrauen gewinnst und er in drei Tagen abreist, kannst du ohne Probleme an diesem Tag durch die Tore marschieren und für immer verschwinden. Ich versuche bis dahin einen Plan zu entwickeln." "Du bist einfach genial!" , Koyuki warf sich ihr um den Hals. "Du musst jedoch vorsichtig sein. Schließlich kannst du nicht von einem Tag auf den anderen anfangen ihn zu lieben. Du musst viel Zeit mit ihm verbringen und Takashi aus dem Weg gehen, aber nich völlig ignorieren. Das erweckt sonst Verdacht." Koyuki nickte. "Ich werde versuchen was ich kann." "Gut, dann solltest du vielleicht zu ihm gehen und mit ihm über den Vorfall ein weiteres Mal reden und ihm schließlich verzeihen. Ich erkläre in der Zwischenzeit Takashi unseren Plan, damit er nicht ganz so überrascht ist, wenn du ihm aus dem Weg gehst." "Ja, in Ordnung, aber richte ihm aus, dass ich das nur mache, um mit ihm zusammen sein zu können." Akira lächelte und verließ den Raum. Koyuki seufzte. "Na das wird etwas geben." Sie verließ ihren Raum und machte sich auf die Suche nach Kei.

Die Lichtstrahlen der Sonne schienen herab auf den Tempel, dem sich Ryoichi und Hikari bewusst genähert hatten. Ryoichi öffnete das Tor und trat in den dunklen Raum. Schnell gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, sodass er jede Kleinigkeit im Tempel erkannte. Die zwei Meter große Skulptur ihrer Göttin, umringt von Blumen und Räucherstäbchen, stand in der Mitte des Raumes und vor ihr kniete eine weitere Person in einem Umhang. Ryoichi beachtete ihn nicht und kniete sich ebenfalls vor seine Göttin. Auch Hikari machte es den anderen nach und so saßen sie für einige Minuten still auf dem Boden. Schließlich erhoben sich alle drei gleichzeitig mit geschlossenen Augen und beendeten ihr Gebet. "Habt ihr sie gefunden?" , fragte die dritte Person und wandte sich an Hikari. Dieser nickte. "Ryoichi entdeckte sie ihm Schloss. Sieht so aus als wäre sie die Königin." "Es sieht nicht nur so aus, sie ist es tatsächlich." , mischte sich Ryoichi ein. "Das heißt wir können endlich zurück. Habt ihr Aki Bescheid gesagt?" "Alles erledigt Yasuo. Ich würde vorschlagen wir beobachten sie und warten ab, bis sich uns eine gute Gelegenheit stellt. Schließlich dürfen die anderen Menschen dieser Welt nicht erfahren, wer wir sind." , erklärte Hikari. "Also gut, so machen wir es. Ryoichi, du bewachst sie, aber nähere dich ihr nicht, sonst geht sie uns durch die Lappen und Aki wird mächtig sauer." Ryoichi wurde zornig. "Seit wann gibst du mir Befehle? Ich handle wie ich will und wenn ich will, kann ich ins Schloss stürmen und sie da rausholen." "Werd nicht leichtsinnig Ryoichi. Du weißt, dass ich stärker bin, also geh und weiche nicht von ihrer Seite. Außerdem, kannst du dir so einen Fehler nicht leisten." , konterte Yasuo. "Und warum nicht?" , fragte Ryoichi erstaunt. Yasuo zog seine Kristallkugel heraus und grinste. "Meine Blume hat noch alle sechs Blüten. Doch deine verliert soeben die erste." , er deutete auf seine Kette, die nur halb vom Umhang bedeckt wurde. Ryoichi zog sie ganz heraus und bemerkte, dass Yasuo recht hatte. "Auch deine Zeit wird bald abgelaufen sein. Somit bin ich mir sicher, dass du unsere Mission so schnell wie möglich hinter dich bringen willst, nicht wahr?" Ryoichi schwieg. Was er befürchtet hatte, war tatsächlich geschehen. Das Schicksal hatte ihn gewählt. Er würde das nächste Opfer sein. Ryoichi wandte sich von ihm ab und verließ den Tempel. Hikari schüttelte nur den Kopf. "Warum musste das jetzt sein? Du weißt wie fertig er ist, vor allem weil seine Geliebte ihn nicht wiedererkennt." "Er hat nichts anderes verdient. Ich will dir mal was sagen. Sie ist noch nicht einmal seine Geliebte. Er hat selbst gesagt, dass sie die Klippe runtergestürzt ist. Wie kann sie einen etwa hundertfünfzig Meter tiefen Sturz überleben? Verrat mir das mal." "Woher weißt du, dass sie die Klippe runtergestürzt ist? Ryoichi hat erst heute zum ersten Mal darüber geredet." Hikari verstand die Welt nicht mehr. "Ach er hat dir heute alles erzählt? Da siehst du es, er wird senil." , nachdem er Hikari´s Blick wahrnahm fügte er hinzu: "Ich war selbst dabei. Weißt du, Ryoichi und ich, wir kannten uns schon etwas länger. Wir waren die betsen Freunde, doch unsere Freundschaft ging wegen seiner Geliebten zugrunde. Doch das ist eine lange Geschichte für die wir keine Zeit haben. Wir müssen unsere Mission erfüllen und unsere Welt vor dem Untergang bewahren. Vor allem möchte ich jedoch Ryoichi nicht verlieren, er ist mir wie ein Bruder."

Die Nacht breitete sich über das Tal aus. Es herrschte tiefe Dunkelheit, obwohl der Vollmond seine ganze Pracht in voller Größe präsentierte. Der Wind pfeifte seelenruhig durch die Lüfte. Es war still um das Schloss, wie schon lange nicht mehr. Jeder Laut verstummte in der Ferne. Tief im Schlossgarten stand Ryoichi an einem Kirschbaum gelehnt und betrachete die Vielzahl an Sternen, die in der dunkelblauen Kuppel einzeln aufleuchteten. Ryoichi hob seinen Arm in den Himmel, als wolle er die Sterne greifen. "Wie einsam müsst ihr doch sein? Niemand ist in eurer Nähe, der euch Liebe spenden kann." , sprach er zu sich selbst und senkte den Kopf zum Boden. "Ich empfinde genauso. Ich bin allein. Meine große Liebe hat mich vergessen und verlassen, doch obwohl sie mich so verletzt hat, folge ich ihr. Ich weiß selbst nicht so genau, wieso ich das tue, aber ich spüre tief in mir, dass ich sie brauche." Ryoichi schloss seine Augen und vergoß silberne Tränen. "Wieso? Wieso hat das Schicksal nur mich erwählt? Ich will doch nur in ihrer Nähe sein, sie spüren, ich will doch nur von ihr geliebt werden. Weshalb stellt sich das Schicksal immer nur gegen uns?" Ryoichi blickte zum Schloss. Koyuki´s Fenster war geöffnet, doch das Licht war aus. Ryoichi schloß die Augen und konzentrierte sich. Seine Füße begannen zu schweben. Ohne zu zögern flog er hinüber zu ihrem Fenster. Er erkundigte sich, ob jemand in ihrem Zimmer Wache hielt und stieg leise durch das Fenster hinein. Das Mondlicht erhellte den Raum in einem silbernen Schein. Ryoichi sah sich um und schritt langsam zu ihrem Bett. Koyuki lag darin und schlief fest. Ohne sie aufzuwecken setzte er sich an ihrem Bett nieder und streichelte ihr Gesicht. "So nah und doch so fern. Wann kann ich dich endlich in meine Arme schließen?" , flüsterte er. Koyuki rührte sich nicht. Ryoichi fuhr ihr zärtlich über die Lippen. "So wunderschön bist du, dass du mich blendest. Diese samtweiche Haut und dazu diese blutroten Lippen. Deine Schönheit hat seit jenem Tag kein bischen abgenommen." Koyuki drehte den Kopf in seine Richtung und atmete tief ein, wodurch sich ihre Lippen einen Spalt breit öffneten. Ryoichi fasste ihre Hand und küsste sie. Anschließend sah er sie an und vergoß eine Träne. "Ich werde warten, auch wenn es Ewigkeiten dauern würde." Er erhob sich und verließ den Raum wieder durch das Fenster. Koyuki, der Ryoichi´s Träne auf die Wange tropfte, erwachte. Sie wischte sich über die Wange und spürte die Träne. Einen Augenblick tat sie nichts, doch dann sah sie zum Fenster. Sie stieg aus dem Bett und rannte zum Fenster. Sie sah jedoch nur die Dunkelheit und den Vollmond. Völlig verblüfft sah sie auf ihre Hand, in der immer noch die Träne ruhte. Zeit der Stille verging, doch plötzlich vernahm sie eine Melodie. Eine Melodie, die ihr so vertraut war. Sie bemerkte, dass diese aus dem Garten kam und stürzte somit durch ihr Zimmer hinaus in den Gang, die große Treppe hinunter zum Hof und durch einen Torbogen in den Garten. Außer Atem hörte sie der Melodie zu und schritt langsam vorwärts in die Dunkelheit. Die Melodie wurde immer deuticher, gespielt von einer Flöte, wie Koyuki feststellte. Hinter ihr wurde es immer lauter, da die Soldaten und die Bedienten merkten, dass sich die Königin aus dem Schloss geschlichen hatte. Fackeln wurden angezündet und in völliger Aufruhr begann man nach ihr zu suchen. Koyuki ließ sich jedoch nicht davon abhalten noch tiefer in die Dunkelheit zu schreiten. Nachdem sie bemerkte, dass die Melodie nur noch ein paar Meter von ihr entfernt gespielt wurde, fing sie an die Melodie, mittels Gesang zu begleiten. Eine ganze Weile sang sie eine Melodie, die tief in ihrem Herzen verborgen lag, jedoch nicht wusste, was es für eine Melodie war oder woher sie stammte. Im Hof wurde es still. Die Soldaten, sowie die Bedienten hörten ihren Gesang und folgten ihm somit in den Garten. Nachdem Koyuki im Schein der Fackeln zu erkennen war, stürzte eine Person nach vorn und blieb vor ihr stehen. Die Melodie verstummte und somit auch ihr Gesang. Koyuki fing an zu weinen und fiel auf die Knie. Kei, der vor ihr stehen blieb, trat zu ihr und nahm sie in den Arm. "Euer Majestät, was habt Ihr? Was macht Ihr hier im Garten zu einer solch späten Stunde?" Koyuki verbarg ihr Gesicht in seinen Armen und weinte ununterbrochen weiter. Sie wusste selbst nicht genau, weshalb sie weinte, doch diese Melodie nahm ihr ganzes Herz ein, sodass sie vermutete, dass sie etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun hatte. Kei umarmte sie und trug sie anschließend zurück ins Schloss. Sobald sie einschlief legten sich alle Bedienten zurück zu Bett, außer Kei. Er wachte den Rest der Nacht an ihrem Bett.


Kapitel 3: Ende

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