Kampf der Titanen
von Carsten Maday

Kapitel
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Das Ende kam anders, als man es erwartet hatte. Als der Anführer der Freien Welt sich mit den letzten Überlebenden in die tiefen eines Atombunker flüchtete, war die Niederlage der Menschheit längst besiegelt. Die Menschen waren ausgerottet worden von ihrer eigenen Schöpfung. Winzige Naniten, miniaturartige Roboter, erschaffen um in Medizin und Computertechnologie Wunder zu bewirken, hatten sich gegen ihre Schöpfer gewandt und einen gnadenlosen Vernichtungsfeldzug gegen sie unternommen. Sie replizierten sich unaufhörlich und überwältigten jeden Widerstand durch ihr Masse. Und als die Menschen in ihrer Verzweiflung begannen, infizierte Gebiete mit Atomwaffen zu sterilisieren, töteten sie fast so viele wie die Naniten.
Als die Menschen verschwunden waren, wandten sich die Naniten gegen die höheren Tiere. Sie jagten in den Steppen Asien und den Wäldern Europas. Kein Kontinent war vor ihnen sicher, keine Insel zu unerreichbar, um von der technologischen Seuche verschon zu werden. Nur in die Tiefe der Ozeane drangen sie nicht vor. Vielleicht hielten technische Grenzen sie davon ebenso ab, wie die schiere Weite der Meere. Vielleicht wollten sich auch zuerst ihr Werk an Land beenden.
Naniten hassten Leben, denn es war ordnungslos. Auf der neuen Erde würde kein Platz dafür sein. Und als die Menschen und Tiere zugrunde gingen, erkannte das größte militärische Genie in der Geschichte der Erde, dass nur noch eine Möglichkeit gab, um das Überleben der Erde zu sichern.
In den Tiefen einer geheimen Höhle öffnete die Schildkröte ihre Augen und begann zu flüstern. Sie flüsterte lange und viele Jahre kamen zu ihrem unglaublichen Alter hinzu, ehe jemand ihr Flüstern zu enträtseln vermochte. Als nach vielen Jahren aber einer ihr Flüstern zu verstehen begann, ging es schnell. Aus einem wurden Dutzende, Hunderte, Tausende, Hunderttausende, Millionen, Abermillionen und endlich Milliarden. Und alle kannten das Flüstern der Schildkröte, kannten ihre Worte, die Hoffnung versprachen:
>Los, treten wir den Naniten in der Arsch!<

Es war laut und eng auf dem Blatt der Seerose in dem kleinen See irgendwo in der Ödnis, die einmal ein Stadtpark gewesen war. Es war allein der Erfahrung der Lotsen zu verdanken, dass es zu keiner Katastrophe kam. Wenn eine vollbestückte Hummel auf dem Seerosenblatt abstürzen sollte, würde es keiner Überleben. Die Hummeln waren ausgezeichnete Bomber. Sie flogen langsamer als Bienen und hatten geringer Nutzlast als Libellen, dafür hatten sie eine größere Reichweite, ermüdeten nicht, flogen auch bei unter 15°C und konnten im Verhältnis zu ihrem eigenen Körpergewicht unglaubliche Bombenlast befördern. Und sparsam im Verbrauch waren sie auch.
Die Flügel brummten noch einmal auf, als die Flugmuskulatur der Hummel Gas gab. Der Lärm war ohrenbetäubend. Die Ameise lotste die schwere Hummel langsam zur Auftankvorrichtung. Der Lotse deutete mit seinen Kellen nach unten. Die Hummel schaltete den Flugapparat aus. Das war das Zeichen für das Servicepersonal. Ameisen rannten von allen Seiten herbei. Einige steckten den Saugrüssel der Hummel in einen Zuckertank. Während die Hummel auftankte, befestigten andere Ameisen die Bombenlast an den Beinen der Hummel. Es waren kleine Wachsbehälter, gefüllt mit Mikroorganismen. Ursprünglich hatte man nur den Kampfstoff Alpha verwendet, ein simples aber wirkungsvolles Kontaktmittel, dass den Gegner durch spontane Oxidation ausschaltete. Der Feind hatte sich allerdings als sehr anpassungsfähig erwiesen und rasch ABC-Anzüge bei den Bodentruppen eingeführt. Die Insekten antworteten ihrerseits mit einem neuen Mikroorganismen-Cocktail darauf, der erst die Anzüge zerfraß und dann den Tod durch Rost brachte.
>Mikros klar<, rief die Bombenmannschaft und hob die Arme zum Zeichen, dass die Bomben angebracht waren.
Der Rüssel wurde aus dem Tank gezogen. Die Tankmannschaft klopfte der Hummel noch einmal liebevoll auf den Kopf. Dann gab der Lotse gab das Zeichnen. Die Hummel warf ihre Maschine an und ging schwerbeladen zu ihrer Startposition. Als sie brummend abhob, sah ihr der Lotse nach. Beladen und aufgetankt in weniger als vier Minuten, dachte er stolz. Die Jungs an der Front waren auf die reibungslose Luftunterstützung angewiesen. Die Verluste waren schlimm, hieß es. Eine neue Hummel riss den Lotsen aus seinen Gedanken. Auftanken und Beladen in weniger als vier Minuten, dachte die Ameise, als sie die Hummel hereinwinkte. Vielleicht ging es dieses Mal noch schneller.

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