TV-Leap: Im Weltall ist die Hölle los
von Carsten Maday

Kapitel
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>Sanitätsroboter RXT4. Meine eigene Erfindung übrigens<, sage Nial Kerbogha stolz, derweil der Roboter mir ein künstliches Ohr annähte. Mein echtes hatte ein Treffer von Mechthilds Laserschwert verdampft. Ein Unfall, wie sie sich in übrigem zu versichern bemühte.
>Wirklich<, meinte sie. >Es tut mir auch beinahe leid. Aber dieses Ding wiegt ja so gut wie nichts. Wenn man sein Leben lang mit einen Zweihänder gekämpft hat..., also, damit kann man nicht ganz so schnell zu schlagen. Völlig andere Gewichtverteilung.<
>Ja<, stimmte Fakr zu. >Selbst mein Säbel hat mehr Wumm dahinter.<
>Nun<, sagte Bertrand, derweil ein Roboter ihm einen neuen Daumen annähte –er hatte die Schärfe des Schwertes prüfen wollen, >scharf ist es ja, aber überzeugt bin ich auch nicht.<
Meine Kameraden, selbst Mechthild, hatten überzeugende Punke vorgebracht. Eine schlechte Klinge, die man kannte, war besser als eine neue ungewohnte.
>Vielleicht können wir euch eine Alternative anbieten<, sagte Nial Kerbogha. >Wir haben in unser Datenbank die gesamte Geschichte der Menschheit gespeichert. Mit Hilfe unseres Materietransformators könnte wir euch Waffen nach eurem Wunsch herstellen. Was haltet ihr davon?<
>Eine Menge<, sagten wir unisono.
Die Aliens führten uns in den Maschinenraum, wo sich der Materietransformator befand.
>Ihr müsst dem Computer nur die Art der Gegenstände sagen. Er sollte dann in der Lage sein, sie zu generieren.<
>Wow<, sagte ich. >Wie funktioniert das?<
>Nun, mittels eines Kraftfeldes...<
>Schon gut, Netral. Schon gut.<
Als erstes versuchte es Mechthild.
>Computer. Einmal eine Walkürenrüstung mit Helm und Schild. Dazu...<, sie sah sich verstohlen um. >Dazu Excalibur, das Schwert des Artus von Britannien..<
Der Computer generierte das Gewünschte. Bertrand und Fakr machten große Augen, als sie das legendäre Schwert sahen. Mechthild war überglücklich. Ich nickte ihr aufmunternd zu:
>Schöne Wahl< Und schöner Anachronismus, fügte ich in Gedanken hinzu, unterließ es aber, Mechthild zu fragen, woher eine Bataverin (ca. 69. n. Chr.) Artus (ca. 450 n. Chr., wenn überhaupt) kannte. Nachher wurde sie nur böse.
Dann versuchte es Bertrand:
>Ich hätte gerne die Ritterrüstung komplett, sowie Durndart, das Schwert des Paladin Roland, mit denen er Tausende von Muselmanen abgeschlachtet hat.< Der Ritter grinste den Sarazenen breit an, als er das Gewünschte in den Händen hielt.
Wütend trat Fakr vor und durchbohrte den Kreuzritter mit seinen Blicken:
>Einmal Emir-Rüstung de luxe. Dazu das Schwert des großen Saladin, mit dem er Jerusalem aus den Händen der ungewaschenen Christenhunde befreit hat.<
Dann war ich an der Reihe. Ich war keineswegs militant. Jedoch hatte ich während meiner seltsamen Existenz lernen müssen, dass man länger lebte, wenn man gut bewaffnet war. In B-Movies wurden Löcher in der Handlung gerne durch Extra-Gewalt gefüllt. Keiner war glücklicher als ich, wenn er sich in einer seichten Liebeskomödie wiederfand. Aber wenn der Plot auf einmal umschlug, und der reizende Lover sich als blutrünstiger Vampir entpuppte, war man froh, wenn man unter dem Kopfkissen seine AK 74 liegen hatte (Vampire ließen sich im übrigen durchaus von einer AK 74 beeindrucken. Man musste nur auf die Knie zielen. Aber das war eine andere Geschichte). Ich trat ans Terminal und gab meine Bestellung auf:
:>Computer. Einmal AK 74 mit 500 Schuss 5.45 mm, panzerbrechend. Zielfernrohr, Laserpointer angebracht, sowie 20 mm Granatwerfer. Fünfzehn 20 mm Splittergranaten, drei Rauch- und zwei Tränengasgranaten. Bajonett, fünf Handgranaten, drei Blendgranaten. Gasmaske. UZI, 100 Schuss 9 mm. Desert Eagle, 50 Schuss. Klappspaten, Moment, im Weltall? Ach, warum eigentlich nicht! Kevlar-Helm. Kevlar-Weste. Zwo Kilo C4, fünf Fernzünder. Zwei LAW-Raketen. Nachtsichtgerät. Feldstecher. Ein paar Hosen, Unterhemd usw. Komplette Uniform. Nicht diese Toga hier. Ach, und ein paar anständige Stiefel, keine Sandalen, ja? Ich glaube das wäre es. Warte. Ein Sturmfeuerzeug und ne Stange Kippen.< Ich sah meine sprachlosen Kameraden an. >Wegen des Stils, wisst ihr?<
Der Computer warf das Gewünschte aus. Unter den staunenden Blicken der anderen Krieger legte ich meine Ausrüstung an. Die drei warfen sich Blicke zu. Dann sagte Mechthild zu Nial Kerbogha:
>Sag mal, können wir uns auch noch etwas anderes wünschen?<
>Gerne<, sagte der Alien.
Mechthild sah mich an. Es kostete sie deutlich einiges an Überwindung.
>Hilfst du uns, Römer?<

>Beginne mit Andockmanöver<, ertönte die weiblich, blecherne Stimme des Bordcomputers.<
>Sehr gut<, sagte ich und nickte Bertrand und Fakr zu. Sie sahen mich neugierig an.
>Computer. Beginne mit Abspielen von Strauß´ „An der schönen, blauen Donau.“<
Der Computer piepte bestätigend und startete die Musik. Entspannt genossen wir zu den herrlichen Klängen den Tanz unseres Raumschiffes um die Raumstation Rhema IV, die im Orbit eines Bergbauplaneten lag.
>Nicht schlecht<, meinte Bertrand. >Aber irgendwie fehlt etwas.<
>Hast recht<, sagte ich. >Computer. Deaktiviere künstliche Schwerkraft.<
Das Gefühl der Schwere verlies unsere Körper, machte Platz für die Leichtigkeit des Walzers, der in voller Lautstärke aus der Lautsprecheranlage unseres Schiffes erklang. Fakr zog einen Stift aus der Brusttasche seines neuen Tarnanzuges und entließ ihn in die Freiheit der Schwerelosigkeit. Gebannt sahen wir, wie unser Schiff sich der Rotation der Station anpasste.
Hinter uns öffnete sich die Brückentür. Eine sichtlich wütende Mechthild schwebte herein. In der Hand hielt sie ein blutbeflecktes Bowiemesser.
>Welcher Schwachkopf hat die Schwerkraft abgestellt?<, brüllte sie uns an. Wir Männer zuckten erschrocken zusammen.
>Computer. Aktiviere künstliche Schwerkraft und beende Wiedergabe<, sagte ich kleinlaut. Mechthild landet auf den Beinen. Fakrs Stift polterte zu Boden.
>Computer?< Meine Neugierde siegte für einen Augenblick über meine Furcht vor der Bataverin. >Wie funktioniert diese künstliche Schwerkraft eigentlich?<
>Ein Kraftfeld...<
>Ihr Männer<, würgte Mechthild den Computer ab. >Ihr habt nicht ein Gramm Verstand. Wenn ihr noch einmal so ein Mist baut, dann...< Sie knirschte drohend mit den Zähnen.
>Bei Allah<, sagte Fakr. >Du blutest ja, Mechthild.< Jetzt erst sahen wir, dass das linke Bein ihrer Kakihose blutdurchtränkt war.
>Ja<, maulte die Germanin. >Ich hab mir gerade die Beine rasiert, als die Schwerkraft aussetzte.<
>Beine rasiert?<, sagte Bertrand und sah uns panisch an. Ich deutete auf die kleine Blutlache, die sich bereits um Mechthilds Kampfstiefel bildete.
>Besser du holst den Borddroiden, Mechthild. Das muss bestimmt genäht werden.<
Zum ersten Mal sah ich so etwas wie Angst in den Augen der hochgewachsenen Kriegerin.
>Wird das beste sein<, stimmte Fakr mir zu. >Du hast doch keine Angst vor dem Droiden, was?<
>Ich hab vor gar nichts Angst<, knurrte Mechthild wenig überzeugend. Ich konnte es ihr nachfühlen. Der Droide war eine von Nial Kerboghas Erfindungen und war so etwas wie ein Mädchen für alles. Er sah aus wie eine Mülltonne auf Rädern und gab dauernd irgendwelche komischen Pieptöne von sich, die anscheinend lustig wirken sollten. Während der Droide uns augenscheinlich verstehen konnte, waren wir außerstande, seine Piepstöne auch nur ansatzweise zu deuten. Es war schon entnervend, wenn man die Kommentare der frechen Blechdose erst in Nial Kerboghas fünfhundert Seiten starken Wörterbuch „Droidisch für Anfänger. Teil 1“ nachschlagen musste. Mechthild hasste den kleinen Kerl aus vollem Herzen, da sie aus irgendeinem Grund meinte, der Droide wolle sie sexuell belästigen.
>Wehe der Kerl macht eine falsche Bewegung, wenn er mich verarztet<, sagte Mechthild missmutig. >Ich schmeiß ihn aus der Luftschleuse, ich schwör´s.<
>He<, rief ich ihr zu, als sie sich zum gehen abwandte. >Das hier wirst du brauchen.< Ich warf ihr das Wörterbuch zu.
>Danke Römer<, sagte sie und ging. Wir warteten zur Sicherheit einen Augenblick, dann lachten wir.
>Sagt mal<, meinte Bertrand, als wir genug gewiehert hatten. >Ist euch an Mechthild etwas aufgefallen?<
>Allerdings<, sagte ich. >Sie war so, ja, beinahe sanft.<
Fakr nickte.
>Ja, und sie hat dich Römer genannt. Nicht Römer-Hund oder römischer Arsch. Nein, einfach nur Römer.<
Bertrand stupste mich an.
>Na, Zenturio? Wie sieht es aus? Ich meine, wenn sich eine Frau wie Mechthild die Beine rasiert, dann ist sie auch auf Beute aus.<
Ich musste zugeben, dass Mechthild mir gegenüber etwas umgänglicher geworden war. Ich führte das aber eher auf die Tatsache zurück, dass ich sie einem RPK 74 Maschinengewehr, der größeren Version der AK 74, und anderen Kleinigkeit ausgerüstet hatte. Aber auch ich mutmaßte, dass die Germanin sich in einen von uns verguckt hatte.
>Nein< Ich schüttelte den Kopf. >Ich bin immerhin ihr Todfeind. Aber ihr beiden seid doch knackige junge Kerle. Nicht so ein alter Hase wie ich. Na, Bertrand, wäre eine wie Mechthild nichts für dich?<
Der Ritter schüttelte den Kopf.
>Tut mir leid, die Frau macht mir zuviel Angst. Ich schäme mich nicht einmal, dies zuzugeben.<
Fakr lachte hämisch:
>Also Angst macht mir Mechthild nicht. Keine Frau kann es mit einem Mann aufnehmen. Aber für mich wäre sie auch nichts. Eine Frau sollte nicht so, ähm, mannhaft sein. Und schon gar nicht unverschleiert. Das ist anstößig.<
>Sag´s ihr doch<, stichelte Bertrand.
Fakr sah ihn an, als sei er übergeschnappt.
>Bist du verrückt? Bin doch nicht lebensmüde.<
Das Raumschiff trat in die letzte Phase des Andockmanövers ein. Wir unterbrachen unsere Unterhaltung und machten uns auf den Weg zur Waffenkammer. Ein Ruck ging durch das Schiff und verriet uns, dass wir angedockt hatten. Wir legten unsere Ausrüstung an und machten uns bereit.
>Ob Mechthild schon fertig ist<, fragte Fakr, als wir zur Luftschleuse gingen.
>Ich glaube schon<, antwortet ich. Ich war an einem Bullauge stehen geblieben und blickte hinaus auf die Station Rhema IV. Unser Borddroide trieb an mir vorbei. Seine Lämpchen piepten und blinkten panisch, als er auf die Außenwand der Station zu hielt, aufprallte und in alle Einzelteile zerschellte.

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