Über die Abgründe des schwäbischen Charakters

„Während die Niederschwaben schlanke, hagere, im Vergleich mit dem Oberschwaben fast wadenlose Leute sind, die eine gewisse Zähigkeit und Ausdauer im Ertragen der Nöthe des Lebens vor den Oberschwaben voraus haben, ist dieser durchschnittlich größer, breiter, muskulöser, zum Beleibtwerden geneigt …“ Außerdem sei „der Unterländer … mehr ein Freund des Fortschritts … der Oberländer lebenslustig.“ Dies schrieb Dr. M. R. Buck unter dem Titel „Medicinischer Volksglauben und Volksaberglauben aus Schwaben“, erschienen im Verlag der Dorn’schen Buchandlung zu Ravensburg A.D. 1865. So etwas kann einen schon ärgern. Da sollte man doch gleich jemanden an de Grend nåschlage. Aber Vorsicht, an gleicher Stelle heißt es auch: „(Der Oberschwabe) ist ein geborener Raufer.“
Noch bösartiger war beispielsweise das Königliche Eisenbahnbauamt in Ravensburg, als es im Jahre 1847 auf die Klage des Königlichen Oberamts (ebenfalls in Ravensburg) antwortete, ausländische Arbeiter würden gegenüber einheimischen bevorzugt eingesetzt:
„Es ist eine … Thatsache, daß die oberschwäbische arbeitende Klasse zwar an Wohlleben, aber desto weniger an strenge Arbeit gewöhnt ist, und daß ihre technische Handfertigkeit in der Regel weit unter der des Unterländers, theilweise des Tyrolers und bei Straßenbauten insbesondere der Italiener steht. (…) Fortwährend wird sodann die Erfahrung gemacht, daß … der Arbeiter aus der Umgegend seine Arbeit beim Bahnbau oft nach wenigen Tagen wieder im Stich läßt, besonders, wenn er bei Feldgeschäften sich betheiligen kann, die ihm mehr zusagen und die er anderen schon wegen der reichlichen Kost, die er dabei findet, vorzieht.“
Freilich hatte das Königliche Eisenbahnbauamt seine ablehnende Haltung ein ganz klein wenig überspitzt formuliert: 550 der beim Eisenbahnbau beschäftigten 600 Arbeiter waren trotz alledem Oberschwaben.

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