FANGT SCHON MAL AN
von Jürgen Karl Otto Bartsch (bartsch)

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Kann man davon leben?

Noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts galt für den größten Teil der Fabrikarbeiter die Arbeit in der Fabrik als Notbehelf. Sie waren entweder Bauern oder Handwerker oder beides, keinesfalls aber nur Arbeiter. Und sie strebten immer danach, Grund und Boden zu mehren.
Das galt nicht nur im Oberland, wo es ausreichend Grund und Boden gab, sondern vor allem auch für den Norden. Und es galt im Übrigen auch für die bürgerlichen Schichten. Eine günstige Hypothek lohnte sich allemal mehr als der Aufbau eines Unternehmens.
Einerseits hatte das zur Folge, dass der Arbeiter fleißig sein musste; er arbeitete sowohl in der Fabrik als auch daheim auf dem Acker. Andererseits jedoch hatte er eine recht gute Position gegenüber dem Fabrikanten. Lohnte sich die Arbeit einmal nicht, dann konnte er darauf verzichten und warten, bis die Löhne wieder stiegen.
Gegen Ende des Jahrhunderts war es so weit, die Löhne stiegen auf ein stabiles Niveau. Das lag an Unternehmern wie Robert Bosch: „Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt, lieber Geld verlieren als Vertrauen. Der Glaube an den Wert meiner Ware und mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn.“
Wenn aber eine Fabrik mit dieser Philosophie überleben wollte, dann war es mehr als wichtig, dass die Arbeiter ordentlich zu schaffen verstanden. Und so war es durchaus grundehrlich, sogar in mehrfacher Hinsicht, was Robert Bosch an anderer Stelle sagte, nämlich: Er habe hohe Löhne gezahlt, nicht weil er reich geworden sei, sondern er sei reich geworden, weil er hohe Löhne gezahlt habe. Doch genau das erwies sich schließlich als zweischneidig.
Angesichts steigender Löhne in den Fabriken verlor die Landwirtschaft an Attraktivität. Folglich gaben die Arbeiter sie auf … und verloren ihre Unabhängigkeit.

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