FANGT SCHON MAL AN
von Jürgen Karl Otto Bartsch (bartsch)

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Der oberschwäbische Sonderweg

Mitten in den Recherchen zu den Wurzeln des Fleißes fällt auf, dass die Fleißerfinder zwar aus allen möglichen Gegenden kommen, und dass sich auch tatsächlich auffallend viele Schwaben darunter befinden – allein, wir entdecken keinen einzigen Oberschwaben. Ohnehin scheinen die Oberländer vergleichsweise etwas leichtlebiger in vielen Dingen. Warum?
Der Grund dafür liegt – wie zu erwarten war – in den außerordentlich ungünstigen Voraussetzungen, mit denen der Oberschwabe im Ernstfall zu kämpfen hat. Genauer, im Erbfall.
Bei Alt-Württembergern wurde jedes Erbe jeweils auf alle Kinder aufgeteilt und war dementsprechend bald zu klein – die mussten fleißig sein. Dieses Verfahren heißt Realteilung. Oberschwäbisches Vererben hingegen fußt auf dem Anerbenrecht: Der Oberschwabe ist entweder ältester Sohn und kriegt alles. Das reicht in der Regel. Oder er geht zum Einheiraten auf einen anderen Hof. Der reicht ebenfalls.
Falls beides nicht gelingt, wandert er aus. Zwar muss er dann, in der Fremde, oftmals fleißiger werden als daheim. Nur, jetzt ist er ja gar kein Oberschwabe mehr, Fleiß hin oder her.
Und so bleibt die schwäbische Fleißverteilung trotzdem im Lot. Statistisch.

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