MIT TRETEN UND TORKELN
von Jürgen Karl Otto Bartsch (bartsch)

Kapitel
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Die Königsarznei

Auch wenn man es sich heute nicht mehr so recht vorstellen kann: Es gab Zeiten, in denen man aus Trauben lediglich Saft herstellte. Ja, schlimmer noch, die Menschen in diesen Zeiten tranken vom Traubensaft mit Genuss. In diese seit enorm langer Zeit vergangenen Zeiten Dschemschids (das ist des damaligen Herrschers Name) führt uns die Legende von der Entdeckung des Weines zurück. Die Handlung spielt in Persien.
„Die Traube, die liebliche Frucht, dauert nicht beim Wechsel der Jahreszeit, wenn Kälte eintritt. Aber vielen gelüstet auch winters und frühlings ihrer zu genießen. Also befahl Dschemschid, den Saft der Beeren, von Häuten und Kernen, abzupressen und ihn täglich ihm vors Angesicht zu bringen, damit er auf dem Probestein des Geschmacks Natur und Zustand desselben versuche. Dieses tat er, bis dass der Saft bitter ward. Da mutmaßte der König, nun sei er Gift und hieß das Gefäß wegtun und verschließen.
Nach diesem litt eine schöne und geliebte Sklavin an Kopfschmerz, unsäglich, dass sie zu sterben beschloss. Hierzu wählte sie das wohlverwahrte tödliche Gift. Da sie nur ein wenig zu sich genommen, fühlte sie sich ermuntert und froh belebt. Das Weh ließ nach. Mehr trank sie, da schlief sie ein, die mehrere Tage nicht geschlafen hatte. Einen Tag und eine Nacht schlief sie ohne Unterbrechung und da sie erwachte, war sie gesund.
Dies kam vor die Ohren Dschemschids, seine Seele erfreute sich, er pries den Wein, genoss von ihm und machte ihn zum Getränke aller. Weil viele Kranke vom Weine gesund wurden, gab man ihm den Namen Königsarznei.“

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