MIT TRETEN UND TORKELN
von Jürgen Karl Otto Bartsch (bartsch)

Kapitel
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Der lokale Beitrag

Geheimnisumwittert ist sie schon, die Rebe, die überall auf der Welt – mit Ausnahme in der Schweiz – nach ihrem Schöpfer Müller-Thurgau und Im Zuge verstärkter Verkaufsbemühungen neuerdings auch Rivaner genannt wird. Ist sie nun eine Kreuzung von Riesling und Silvaner, oder ist sie ein Klon des Riesling? Erst gentechnische Untersuchungen im Jahre 1998 deckten die wahren Verhältnisse auf:? Die Traube entstand aus der Kreuzung der Sorten Riesling und Madeleine Royale, einer Gutedel-Art.
Ihr Schöpfer, Prof. Dr. Hermann Müller(-Thurgau), wurde am 21. Oktober 1850 in Tägerwilen in der Nähe des Untersees geboren. Unter Direktor Rebsamen in Kreuzlingen bildete sich der Knabe zunächst zum Lehrer aus, studierte später in Würzburg Botanik und wurde bereits mit 26 Jahren Mitarbeiter der preußischen Versuchsanstalt in Geisenheim am Rhein.
Um 1880 begann er mit Kreuzungsversuchen. Sein Ziel war eine wenig anspruchsvolle Rebe mit früh reifenden Trauben, die einen milden Wein ergeben sollte. Und als Herr Müller 1890 zum Leiter der neuen Schweizer Versuchsanstalt Wädenswil berufen wurde, da nahm er die 150 besten Sämlinge der Neuzüchtung mit.
Dort entdeckte sie um 1920 der markgräfliche Weingutverwalter Johann Baptist Röhrenbach. Gemeinsam mit seinem Sohn Albert Bruno ruderte er sie – gegen den Willen seines Dienstherrn, des Markgrafen – 1925 bei Nacht und Nebel über den See und pflanzte sie bei Kirchberg auf.
Nach wie vor ist die Müller-Thurgau eine der am weitesten verbreiteten Rebsorten in Deutschland und weltweit die erfolgreichste Neuzüchtung. Noch 1995 war er der beliebteste Wein in Deutschland. Heute – knapp 90 Jahre nach der Röhrenbachschen Nacht- und Nebelaktion – belegt er sowohl hinsichtlich der Anbaufläche als auch im Verbrauch den zweiten Platz nach dem Riesling.

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