Der Traum vom Seewein

Guter Wein basiert auf drei Komponenten: qualitativ hochwertige Trauben, ein guter Boden und ein mildes Klima. Der Bodensee verbindet alle drei. Bei den Trauben setzt er vor allem auf die Blaue Spätburgunder, die auch Blauburgunder heißt, und natürlich auf die ganz in der Nähe von Herrn Müller-Thurgau erfundene Müller- Thurgau, die aus Riesling und Silvaner gezüchtet wurde und auch Rivaner heißt. Der Boden am Bodensee – Moräneschotter und Molasse, Grüße aus der letzten Eiszeit – ist einzigartig in Deutschlands Weinbau. Und in Verbindung mit dem Föhn schafft der See ein mildes Klima ohne viel Frost. Trauben mögen das.
Allerdings hat der Bodensee auch ein Handikap. Er neigt ziemlich oft und nachdrücklich zum Nebeln. Dieser Nebel und die damit verbundene Feuchtigkeit begünstigen Erkrankungen der Reben. Von derartigen Erkrankungen gibt es eine Reihe, und sie werden gern unterstützt von hinterhältigen und fiesen Insekten wie der Gemeinen (!) Reblaus. So hat der Kampf der Rebe gegen ihre Feinde am Bodensee immer wieder eine Folge: Der Traum vom Seewein wird ein paar Jahre hinausgeschoben.
Heute konzentriert sich der Weinbau am Bodensee auf Überlingen, Meersburg, Hagnau, Kirchberg und Immenstaad sowie Bermatingen und Markdorf. Bodenseeweine sind so beliebt, dass die Nachfrage das Angebot weit übersteigt. Das ist gut für den Preis, der bleibt hoch. In der Tat wird nur eine vergleichsweise geringe Menge Wein am Bodensee produziert. Eine Seeweinschwemme wie in den letzten fünf Jahrhunderten ist vermutlich so schnell nicht mehr zu erwarten.

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