TV-Leap: Die Power Shaolin vs. Meister Ling Liu
von Carsten Maday

Kapitel
 

Ich erwachte. Ich kniff die Augen verzweifelt zusammen. Nach einer Sekunde des Entsetzen dämmerte mir endlich die Erlösung. Ich war nicht tot. Und auch nicht untot. Ich hatte mich nicht in einen Zombie verwandelt. Anscheinend war ich rechtzeitig aus dem Zombie-Streifen gesprungen, ehe ich mich selbst in einen Untoten verwandeln konnte. Nach so einem Film konnte es diesmal nur besser werden.
Jetzt da die Panik und die Erinnerung an den letzten Film nachließen, spürte ich das Leben gierig durch meinen Körper schießen. Meine Arme pulsierten vor Kraft. Ich riss sie empor und sog die Luft in meine Lungen wie ein Neugeborenes seinen ersten Atemzug. Ich schrie meine Erlösung hinaus.
>ICH LEBE!< Dann öffnete ich die Augen.
Im Leben gab es Momente, in denen man mit neuen Dingen und Situationen konfrontiert wurde. Den meisten musste man sich stellen, vor einigen schaffte man es, davon zu laufen. Lebte man aber in einer fiktionalen alternierenden Realität und war dazu verdammt, von einer B-Movie Rolle in die nächste zu springen, dann gab es kein Davonlaufen. Ich ging nicht auf das Neue zu, es fiel über mich her, schlug über mir zusammen wie gewaltige Wogen, riss mich davon und versuchte mich mit hoher Wahrscheinlichkeit umzubringen. So gesehen unterschied sich meine Existenz leicht von den Leben normaler Menschen.
In anderer Hinsicht ähnelte es ihnen auf erschreckend Weise. Man wäre gerne ein Bruce Willis, der die Welt vor Asteroiden rettete, und war doch nur der Typ, der von Bud Spencer eins auf die Mütze bekam.
Ich spähte aus meinen vor Entsetzen aufgerissenen Augen auf das kleine Grüppchen Gestalten, das ehrerbietig auf einem Plateau inmitten einer rotglühenden Lavalandschaft kniete. Ich presste die Augen verzweifelt zusammen, aber die grellen Farbblitze meines ersten Blicks verfolgten mich. Sie kamen mir auf eine verzerrte Art erschreckend vertraut vor. Ich lugte vorsichtig aus einem Auge. Aus der knienden Gruppe erhob sich zögerlich ein Wesen.
Es war eine wilde Bestie, die wie ein Werwolf in Kettenrüstung aussah, jedoch mit kürzerer Schnauze und breiterem Gesicht. Die vollständig behaarte Kreatur sah auf und schenkte mir ein unterwürfiges Grinsen. Reihen messerscharfer Zähne blitzten auf. Seine verschlagenen Augen funkelten mich vor glücksseliger Verzückung an.
>Der Meister! Er lebt!<, schrie das Ungeheuer mit Geifer auf dem Lefzen, woraufhin bei dem Grüppchen offener Jubel ausbrach.
Ich sah betroffen an mir herab. Meine grünen mit ledrigen Schuppen bedeckten Füße standen in einem Beschwörungskreis voller okkulter und alberner Symbole. Meine schuppigen Hände
endeten in scharfen Krallen, um die mich sogar Freddy Krüger beneidet hätte.
Aber das erschreckte mich nicht. Es erschreckte mich auch nicht, dass mir das Ungeheuer und der Rest der Gruppe vertraut waren. Es erschreckte mich auch nicht, dass mir langsam bewusst wurde, in welche Rolle ich gesprungen war. Nein, tiefgehende und verzweifelte Panik ergriff mich, als ich mich umdrehte und mir bei dem atemberaubenden Anblick die Erkenntnis dämmerte. Ich stand an Fuße einer dunklen, aus schwarzen Vulkangestein errichteten Burg, deren finsteren Türme sich im wabernden Schein der Lavaflüsse in einen unheilschwangeren blutroten Himmel bohrten. Scharen nachtschwarzer Raben stoben von den anthrazitfarbenen Zinnen der Zwingburg, als ich mein Entsetzen hinausbrüllte:
>NEIIIIIIN! Doch kein MANGA!<

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