Lemming
von Carsten Maday

 

Kapitel

Ich wälzte mich also von Krämpfen geschüttelt durchs Gras. Das schien die Schnee-Eule zu verwirren, jedenfalls hüpfte sie unschlüssig auf ihnen Beinen auf und ab, und zwang meinen Körper dazu, noch mehr zu zucken, als ich mein Gelächter herunter schlucken musste. Der weiße Todesbote mag ja majestätisch seine gierigen Bahnen am Himmel ziehen, aber am Boden, wenn er auf seinen gefiederten Beinen angewiesen war, machte der eine klägliche Figur. Der runde Kopf folgte drehend meinen Verrenkungen, der Schnabel öffnete sich wieder und wieder, halb hungernd halb angewidert.
Ich denke, ich habe keinen besonders appetitlichen Anblick abgegeben. Jedenfalls meinte die Schnee-Eule, als ein weiterer Krampf durch meinen Körper schoss, mir die Luft aus den Lungen presste, dass der Schaum in einer weißen Fontäne nach oben geschleudert wurde:
>Ähm, naja, dann wollen wir es für Heute ´mal gut sein lassen, was! Noch ´mal Glück gehabt. Du darfst jetzt gehen, aber beim nächsten Mal fresse ich Dich. So, troll Dich!<
Es kam mich hart an, ihr das letzte weise Eulen-Wort zu lassen, aber bei aller Liebe zum Widerspruch, zog ich es vor zu warten, bis sie sich in die Lüfte erhob und verschwand, als mit einer brillanten, demütigenden Entgegnung auf den Lippen doch noch zu sterben.
Zugegeben nicht sehr einfallsreich, obwohl ich das mit dem Schaum vorm Mund ganz gut hingekriegt habe, aber ich bin ja noch ein Anfänger als Individuum. Außerdem fiel mir nichts besseres ein. Ja, ja, Euch hätte ich gerne mal gesehen. Was soll´s! Der Erfolg gab mir Recht, selten genug für einen Lemming. Die Eule verschwand, ich war noch am Leben. Aber das reichte mir nicht, oh nein, ich wollte mehr. Ich folgte ihr.

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