Das Licht der Hajeps
von doska

 

Kapitel 9

Kapitel 9

„Keinen Ton will ich hören,“ zischelte er ihr leise zu, "und nimm sofort die Hand von der Klinke!"
Margrit verharrte schreckensstarr.
„Na, ein bisschen zack! Mach` schon ... lass` die Klinke doch endlich los!“ knurrte die Stimme hinter ihr. „Oder haben wir plötzlich einen Krampf?“
Langsam lösten sich ihre bebenden Finger vom Türgriff. Margrits Herz schlug zwar bis hinauf zu den roten Ohren, aber verrückterweise kam ihr diese warme Männerstimme irgendwie bekannt vor!
„Dreh` dich endlich zu mir herum, Margrit!“ forderte er sie auf und sein Griff löste sich von ihr. „Du wirst merken, dass du keine Angst zu haben brauchst!“
Margrit tat mit angehaltenem Atem wie ihr geheißen.
„George?“ keuchte sie und musterte ihn dabei ungläubig von oben bis unten und auch er betrachtete sie seiner¬seits, jedoch eher mit einem erschrockenen und mitleidigen Blick.
„Siehst ja furchtbar elend und heruntergekommen aus!“ murmelte er. „Aber das hast du verdient, du schreckli¬che Diebin du!“ Seine grünen Augen blitzten sie jetzt zornig an. „Mich so zu berauben! Ha, nicht mal meine Schuhe hattest du mir gelassen. Vielleicht kannst du dir denken, dass du mich dadurch in höchste Lebensgefahr gebracht hast?“
„In höchste Lebensgefahr?“ echote Margrit tief betroffen. „Das ist ja entsetzlich! Hattest du wegen mir etwa viel durchmachen müssen George?“
Er nickte traurig. „Und ob!“
„ Oh Gott, ist mir plötzlich schlecht!“ Sie hustete, hielt sich den Bauch, würgte sich. „Haben dich die Hajeps etwa ...“ sie wagte nicht weiterzusprechen, stattdessen ging ihr Atem nur noch stoßweise. „Nein, nein!“ keuchte sie schließlich und musterte ihn sorgenvoll. Rein äußerlich war ihm eigentlich nichts Besonderes anzusehen! „S...sssag` dass sie nichts, wenigstens nichts sonderlich Schlimmes mit dir gemacht haben! Ich .... ich könnte sonst vor lauter Selbstvorwürfen nicht mehr weiter leben. Hörst du? Oder sind dir die komischen Tro ...na... Trowes begegnet und die ....?“ schon wieder musste sie inne halten. Er sah in diese großen und weit aufgerisse¬nen Augen und dann auf ihren zitternden Mund und musste nun doch ein wenig lächeln.
„Es ehrt dich ein klein wenig, Margrit, dass du dir endlich Sorgen um mich machst. Aber die Trowes sind völlig harmlos.“
„Doch die Hajeps nicht und die haben dich gekriegt, nicht wahr?“ ächzte sie.
Er nickte noch einmal.
„Oh Gott!“ Sie würgte sich abermals, taumelte zum Geländer und hielt sich daran fest und er genoss das alles mit ganzem Herzen. Dann jedoch riss sie sich mit aller Macht zusammen „ Und?“ krächzte sie. „Wieso lebst du dann? Ich dachte nämlich bisher immer, niemand kann Hajeps entkommen?“ Sie sah ihn scharf an. „He, wieso treffe ich dich eigentlich ausgerechnet hier? “
Er runzelte die Stirn, machte eine wegwerfende Handbewegung. „ Später, Margrit! Jetzt haben wir keine Zeit.“
„Keine Zeit? Du bist richtig sadistisch!“ fauchte sie aufgebracht. „Könntest dich doch kurz fassen! Weißt du, dass es mich rein verrückt macht, was durch mich alles passiert sein könnte?“
Er kicherte jetzt ziemlich wild, ja fast hysterisch in sich hinein. „Hättest es dir eben vorher überlegen sollen, Margrit. Ha! Leide ruhig noch für ein hübsches Weilchen, das ist nur gerecht!“
„Aber du lebst!“ versuchte sie sich jetzt wenigstens damit zu trösten. „He, George, bist du wirklich aus Fleisch und Blut oder habe ich plötzlich nur noch Halluzinationen?“ Sie schaute wieder prüfend zu ihm hoch. „ Na ja, könnte doch inzwischen sein?“
„Tja, Margrit, du darfst dich ruhig kneifen! Überall und ziemlich doll, bitte! Oder gar ohrfeigen! Vielleicht wirst du dann wach!“
„Nein, ich weiß etwas anderes! Warte...“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, legte ihre Arme um seinen Hals, küsste den Verdutzten auf beide Wangen und dann auf die Stirn. „Ja, du bist echt, Danke!“ Sie fiel wieder auf ihre Füße und lächelte zu ihm hinauf.
Seine Raubtieraugen funkelten sie trotzdem sehr finster an „ Na, da würde ich mir nicht so sicher sein, kleine Margrit, denn vielleicht bin ich ja inzwischen ein Pajonit?“
Sie wich erschrocken vor ihm zurück. „ Im ... im Ernst? Oh, Gott?“
„Ja, ja, ja, hab` nur Angst! Denn im Grunde bin ich ja nur das geworden, wovor dich schon immer dein lieber, dein großartiger Paul gewarnt hatte? „
„Er ist nicht mehr mein Paul, George!“ Ihr traten ganz automatisch Tränen bei diesem Gedanken in die Augen.
„Ist er etwa ...?“ Nun schaute er doch betroffen drein.
„Nein, er ist nicht getötet worden, George. Hoffentlich jedenfalls!“ Margrit sah zunächst Erleichterung in seinem Gesicht und dann, als sich ihre Blicke trafen, ein kleines, irgendwie hoffnungsfrohes Funkeln in diesen rätselhaften Augen.
„ Soso!“ knurrte er, straffte sich und strich sich das dichte, schwarze Haar aus der Stirn.
„George“, sagte sie deshalb nach kurzer aber scharfer Überlegung. „Du bist weder ein Pajonit noch wirklich gefoltert worden und du entkamst den Hajeps durch eine List! Los, gib` es zu!“
Für einen Sekundenbruchteil schaute er nun doch ziemlich verblüfft drein, doch dann gab er seinem Gesicht wieder einen harten Ausdruck. „Margrit, du magst zwar eine ausgezeichnete Psychologin sein, aber so gut kann niemand ein Mienenspiel deuten. Verlass` dich nicht allzu sehr darauf. Ich warne dich!“ Und dann versuchte er schnellstens das Gesprächsthema zu wechseln. „He, weißt du eigentlich, dass ich auch bis eben noch an Halluzi¬nationen gedacht habe, denn ich habe fest geglaubt, dich hier nur in fein säuberlich gehackte kleine Stückchen vorzufinden!“
„Und nun bist du sicher schwer enttäuscht, mich nur als ganzes Stück anzutreffen? Starkes Stück, was?“
Er verkniff sich ein Grinsen. „Derart böse bin ich dir nun auch wieder nicht. Ehrlich, ich wüsst` nur zu gern, weshalb dich die Hajeps nicht getötet haben? Sah` nämlich ganz so aus, so laut, wie die hier hineinstürmt sind...“
„Was? Das hast du gesehen? Wie denn?“
” Geheimnis!“
„Komisch ...“, sie machte jetzt ganz kleine, schmale Augen und kam ihm wieder sehr nahe, „ ...diese Bemer¬kung habe ich doch heute schon einmal von irgendjemandem gehört? Wer war das doch gleich?“ Sie rieb sich das Kinn.
„Tatsächlich? Egal! Keine Zeit zum Nachdenken, Margrit.“ Er machte eine kleine Pause, schluckte wohl jetzt einen Klos hinunter. “Hier der Beweis, dass ich wirklich dachte, dass du ...“, und er holte eine mehrmals gefal¬tete Papiertüte aus der ziemlich großen Brusttasche seines Hemdes hervor und grinste unbeholfen. „Die ist echt zum Kotzen! Deshalb hat mich auch niemand bis hierher begleitet.”
„Ach nein? Wer denn, George?“
„Na, allesamt!“
Sie seufzte.
„Die hatten ganz einfach Schiss, nicht nur vor deinem ekelhaften Anblick - entschuldige Margrit, aber zermatschte Leichen sehen nun nicht gerade besonders heiß aus - sondern auch vor den Albträumen, die einen noch lange danach heimsuchen.“ Sein Gesicht bekam jetzt einen ungeduldigen Ausdruck. “Na, heraus mit der Sprache, wie hast du`s geschafft, dass du überleben konntest? ”
Margrit verschränkte die Arme trotzig vor der Brust. „Komisch, ich soll immer alles munter erzählen und du schweigst dich aus! “
„Komm, Margrit, werde jetzt nicht kleinlich. Das ist einfach wichtig, verstehst du?“
„Wichtig? Für wen denn? Na, schön.“ Sie seufzte abermals. „Ich hab` mich nur in einem der drei Kleidersäcke versteckt. Siehst du, dort?“ Margrit wies mit ihrem schwarz umrandeten Fingernagel zur Kellertüre. “Der Leere mit der ausgewühlten Wäsche dahinter ist meiner gewesen!“
„Hm, eigentlich keine besonders großartige Idee!“ murmelte er direkt ein bisschen enttäuscht. „Aber offensicht¬lich gut genug um zu überleben!“ Er warf ihr nun doch einen anerkennenden Blick zu. “Ich staune, dass du Hajeps mit solch einem simplen Trick überlisten konntest.“ Er wendete sich ganz herum und eilte nach kurzer Überlegung die Kellertreppe hinab. Dann begann er einfach die Kleider wieder in den Sack zu stopfen. “Denn Hajeps sollen ja sooo intelligent sein!“ setzte er jetzt knurrig hinzu.
„Das waren die vier wohl auch...“, Margrit beobachtete dabei erstaunt Georges Tun, „.....und versoffen!“ Sie kam langsam die Treppe zu ihm hinunter.
„Wie bitte?“ Er ergriff sich eine dicke Decke, um die wohl auch in dem Sack zu verstauen.
„Versoffen und ziemlich albern. He, warum machst du das alles, George? ”
„Geht` doch schnell! Es gibt keine albernen Hajeps, Margrit.” Er hielt inne, nachdem er noch die alte Jeans in den Sack gequetscht hatte und zog die hübschen Augenbrauen hoch. “Unser Feind ist ernst ... sehr ernst sogar!“
„Du meine Güte, bist du vielleicht ordentlich, George! Nein, der Feind ist wie ein Kind!“ Sie bückte sich und hob den Apfel auf, in welchen der Hajep vorhin gebissen hatte und ihre Finger tasteten die breite Bissspur entlang. “Wir Menschen haben es in Wahrheit mit einem verspielten, beinahe tollpatschigen Feind zu tun! Er ist auch sehr neugierig! Das ist es ja gerade, was mich völlig überrascht hat!“ Und sie nahm sich genau jene Stelle vor, in die zuvor der Hajep gebissen hatte. Beinahe andächtig kaute sie nun das kleine Apfelstückchen. Dann stopfte sie sich mit flinken Fingern auch noch eine kleine Milchtüte und etwas Wurst in die ausgeleierten Hosentaschen.
„Tollpatschig!“ wiederholte er ungläubig und lachte kurz und verdrießlich. „He, wenn das die Hajeps hören würden...“, dann wurde er wieder ernst und fragte : „Hattest du noch irgendetwas mit diesem Sack gemacht? Wie stand er da, als du in ihn hineingekrochen bist?“
„Ich habe mir noch eine Decke über den Kopf gezogen. Wieso? Ist das so wichtig?“ Margrit schnupperte an dem Eckchen Käse, das müffelte wirklich richtig schön.
Er ächzte laut und vernehmlich. “Ja, Margrit, sonst würde ich das nicht tun! Hajeps haben ein geradezu fotogra¬phisches Gedächtnis. Sie könnten wiederkommen und dann...“
„Sie sind also noch nicht weg?“ Margrit biss abwechselnd ein Stück Käse und ein Stück von dem Apfel ab.
„Sehr richtig! He, du bist gewiss sehr müde gewesen Margrit, richtig? Vorhin, als sie hier gewesen waren, und daher glaubtest du einen tollpatschigen Feind zu sehen. War es diese Decke hier?“
Sie nickte und kaute. „Oh, Gott ... fotographisch!“ keuchte sie jetzt und betrachtete dabei sorgenvoll nicht nur den ziemlich gründlich bebissenen Apfelgriebsch, sondern auch den bereits zur Hälfte aufgegessenen Käse.
„Na, so genau sind sie nun auch wieder nicht! Aber versteck den Griebsch so ein bisschen...“
Er öffnete die Kellertüre. „Los, komm!“
Für einen Moment zögerte sie nun doch, gerade als sie wieder einen Happen Käse und einen großen Schluck Milch aus der Tüte genommen hatte. „Aber was ist mit dem Satteliten?“ fragte sie etwas undeutlich, da sie kaute.
„Der ist weg!“
„Wirklich?“ Verdammt, woher wusste er das? Konnte George vielleicht doch so ein Pajonit sein, dem sie jetzt arglos folgen sollte, aus welchem Grunde auch immer? Sie schluckte das letzte Stückchen Käse bei diesem Gedanken nun doch ziemlich beklommen hinunter. “George, ...hm... also ...tja!“
„Ja, was ist?“ fragte er missmutig und sein Zeh wippte ungeduldig in dem schicken Schuh.
Oh Gott, wie sollte sie so etwas formulieren? Sie nahm daher tief in Gedanken noch einen weiteren großen Schluck Milch.
Er schraubte genervt die Augen nach oben. „ Mensch Margrit, musst du denn dauernd futtern oder trinken? Was ist mit dir plötzlich los?“
„George, ich habe tagelang kaum etwas gegessen. Willst du vielleicht auch einen Schluck?“ Sie hielt ihm die Tüte entgegen, doch ihre Hand zitterte dabei etwas.
„Nein, natürlich nicht! Lauf doch dann wenigstens weiter!“ schnaufte er zornig. „ Oder soll ich dich einfach hier stehen lassen? Möchtest du vielleicht dafür sorgen, dass ich später doch noch meine Kotztüte wegen dir gebrauchen kann?“
Ihr entfuhr ein kurzer Lacher, ziemlich verkrampft, wie sie fand. „Na gut!“ sagte sie ganz wie Tobias. Da hatte er sie auch schon bei den Schultern gepackt und einfach in die düsteren Kellergewölbe vor sich her geschoben. “Und von dem Keller aus willst du dann auf den Hof, richtig?“ krächzte sie, während er mit einer Hand die Türe hinter sich abschloss und die andere noch immer auf ihrer Schulter liegen ließ.
„Nein!“
„Aber ... was willst du dann hier unten?“ Verdammt, sie musste ihn irgendwie ablenken, damit sie weglaufen und zum Hof kommen konnte. Hoffentlich gab es hier überhaupt einen Ausgang nach dort!
„Wirst du schon sehen...“ knurrte er jetzt dicht an ihrem Ohr.
„ Aha-ah! Ich habe trotzdem noch ein paar Fragen dich?“
„Wer hat sie nicht!“
„Witzbold!“
„Da wir schon mal beim Fragen sind, Margrit, hier entlang bitte, hast du Danox oder irgendwo anders bei dir
versteckt?“ Er lenkte sie an beiden Schultern einfach nach links. Hu, war`s hier dunkel?
„Danox?“ Du lieber Himmel, wo brachte er sie eigentlich hin? Was machte er, wenn sie stolperte?
„ Ja!“ Er schob sie einfach weiter in dem schmalen Seitengang. Sie tapste wahnsinnig unsicher voran und er lief ihr geschmeidig wie ein Panther einfach hinterdrein. Warum hatte er kein Licht angeschaltet? Vielleicht war es ja auch nur kaputt!
„Ist dir denn der Name so unbekannt, Margrit?“ Er blieb dicht hinter ihr stehen. „Oder trinkst oder futterst du schon wieder irgendetwas? Man kann das jetzt nicht so richtig sehen. Verdammte Dunkelheit!“ Er hielt sie fest und so musste sie ganz automatisch auch anhalten. Oh Gott, was hatte er plötzlich vor?
„Nnnnein?“ piepste sie.
„Na, siehst du!“ Er drehte sie nun mit einem ziemlichen Ruck zu sich herum. Gott sei Dank war sie dabei nicht gestürzt. „Dann antworte doch endlich! Wo ist Danox, Menschenskind!“ Diesmal klang seine Stimme unglaub¬lich kalt und hart.
„Aber George ...äh .... woher soll ausgerechnet ich das wissen?“ Obwohl sie es nicht wollte, begann ihre Kinn¬lade dabei doch so ein bisschen zu zittern. Ach, war das peinlich, hoffentlich merkte er das alles nicht.
„Tu nicht so .... so scheinheilig!“ Er knirschte mit den Zähnen, „Aber bitteschön, wenn du es so haben willst!“
Er packte sie beim Kragen und schob sie gegen irgendeine dieser nasskalten, ekelhaften Wände.
“K...können wir nicht Licht machen?“ piepste sie. Bestimmt würde gleich eine Spinnenwebe auf sie herab fallen.
„Nein, aber dir wird vielleicht gleich eins aufgehen, verdammte Scheiße! Du weißt nämlich ganz genau, was ich haben will. Die Bombe natürlich!“„
„Die Bom ... Bombe?“ keuchte sie entsetzt. „Das war eine Bombe?“
„Aha, jetzt scheint der Verstand endlich zu arbeiten. Du hast dich nämlich damals bei Robert verplappert, denn ich hatte dir diese Wunderwaffe, unsere einzige Chance, die Hajeps doch zu besiegen, damals ja gar nicht gezeigt!“
„Das stimmt, aber...“
„Kein aber, Margrit, Robert hatte nämlich zu jener Zeit, als du bei ihm gewesen warst, noch gar keinen Kontakt mit mir gehabt und daher konnte er auch nicht wissen, dass du mich in Wahrheit bestohlen hattest.“
„Ich wollte dir aber gar nicht so etwas Wichtiges wegnehmen .... obwohl ich bezweifele, dass ausgerechnet eine Bombe überhaupt etwas so wahnsinnig Wichtiges sein kann!“
„Komm, komm, spiel` hier nicht die Unschuldige, was willst du dafür haben?“
„Quatsch,“ nun wurde sie aber doch ärgerlich, „was sollte ich denn dafür haben wollen? George, spinnst du vielleicht plötzlich so ein bisschen?“
„Überhaupt nicht! Zwar haben Dagmar und Onkel Achim in der Nacht sicherheitshalber in deinen und Muttschs Sachen nach Danox gesucht!“
„Was? So eine Unverschämtheit!“ fauchte Margrit.
Er schien zu grinsen, aber das konnte sie im Dunkeln schlecht sehen. „He, sogar die Rucksäcke der Kinder hatten sie mehrmals durchgewühlt und ...“
„Also, das ist ja nun ganz besonders verrückt, denn wieso sollten ausgerechnet Kinder so etwas mit sich herum¬schleppen!“ unterbrach Margrit ihn kopfschüttelnd.
„Warum nicht? Kinder sind neugierig! Selbst Munks Körbchen haben sie dabei nicht ausgelassen, aber das Ding nie gefunden. Na ja, weil sie eigentlich immer gedacht hatten, dass ich es noch haben müsste.“
Er machte eine nachdenkliche Pause und sagte dann. „Das hat Paul, nicht wahr?“
„Nein! Wieso sollte er? “
„Puh!“ Er fuhr sich mit der freien Hand schon wieder durchs Haar. „Wäre wohl auch ziemlich schlimm für mich gewesen ... also hast du es doch!“
„George, so begreif` es doch!“ Sie stülpte zum Beweise ihre Hosentaschen und die Taschen ihrer Jacke aus. „Danox ist ziemlich groß, wo sollte ich das Ding sonst noch gelassen haben? “
„Na, vielleicht hast du`s ja auch irgendwo versteckt?“
Sie seufzte und dann berichtete sie ihm in kurzen Worten, was damals so alles geschehen war, beschrieb ihm aber auf das Gründlichste genau jene Stelle, wo sie Danox hatte liegen lassen. Nachdem sie geendet hatte, schien er mit den Nerven völlig fertig zu sein, lief mit großen Schritten im düsteren, muffigen Korridor hin und her und murmelte dabei immer wieder. „Und was mach` ich nun? Was kann man da noch machen, verdammt, verdammt!“ Margrit war ganz überrascht, schien er sogar zu weinen? Denn sie hörte ein mehrmaliges Schnäu¬zen. Schließlich trat er gegen die Wände, dabei Unverständliches in sich hinein knurrend, schlug mit der Faust gegen Ziegel und der marode Putz blätterte dabei ab, doch dann hielt er inne, horchte erschrocken, wohl weil er fürchtete, dass man das vielleicht von draußen gehört haben könnte und dann kam er wieder zu Margrit gelaufen. „ Bist du dir eigentlich im klaren“, fauchte er sie an, “dass du eine wichtige Chance zur Rettung der Menschheit vertan hast, indem du Danox weggeschmissen hast wie ein Stück Müll?“
Sie nickte und senkte den Kopf. „Es tut mir ja so leid George, aber woher sollte ich denn wissen, dass ausge¬rechnet dieses kleine Ding solch eine besondere Sache sein soll? Außerdem, findest du es gut, wenn eine Mutter mit zwei kleinen Kindern eine Bombe mit sich herumträgt? „
„Du .... du hättest mich nicht zu bestehlen brauchen, Margrit!“ knirschte er.
„George,“ sie sprach etwas nuschelig, da er ihr Kinn plötzlich ziemlich schmerzhaft festhielt, “Paul und ich haben dich damals für einen Mörder gehalten .....“
„Auch noch für einen Mörder, fein! Das dann wohl eher Paul als du ...“
„Stimmt, aber man musste das wirklich glauben, weil du den Dörfler plötzlich in den Abgrund gestoßen hattest.“
„Oh Gott, den habt ihr also gefunden?“ wisperte er betroffen und ließ ihr Kinn endlich los. “Aber woher wollt ihr wissen, dass ich ...?“ Er wagte nicht weiter zu sprechen.
„He, du trugst nicht nur seine Uhr am Handgelenk, als wir dich schnarchend vorgefunden haben, sondern warst auch noch im Besitz seiner Schuhe .... es waren also nicht einmal deine Schuhe, über die du dich so aufregst, die wir weggeworfen haben!“
„Die hatte wohl eher Paul weggeschmissen als du, richtig?“
„Richtig, aber ....“
„Margrit, das hat mich immer getröstet, die Hoffnung, dass nicht du die Schuhe, sondern Paul ....“
„Hasse ihn nicht, denn der eigentliche Gedanke, nämlich der, dich zu beklauen...“, sie schluckte, „... war wirk¬lich meiner gewesen!“
„Du warst das also doch?“ Schon wieder griff er nach ihrem Kinn doch sie wich ihm aus.
„George, wenn man jemanden für einen Mörder hält, ist man manchmal sogar zu weitaus Schlimmeren fähig. Alles sah doch wirklich danach aus. Das musst du schon zugeben! Wir wussten damals noch nichts von dem seltsamen Mygistin, das dieser Mann bereits in seinem Körper hatte und an dem er letztendlich auch gestorben war. Und wir wussten auch nicht, wie hoch ansteckend das Zeug ist, mit dem uns die Hajeps jederzeit beschie¬ßen können. He, wieso bist du eigentlich damals nicht aufgewacht?“
Rasch erzählte er ihr, wie er sich betrunken hatte und dass es ein selbstgebrautes Gesöff gewesen wäre.
„Aber, wieso musstest du dich eigentlich derart betrinken, George, wenn du eine so hohe Verantwortung mit dir herumtrugst?“
Da wurde er ein wenig kurzatmig. “Das ... das waren halt die Nerven, Margrit! Ich ... ich war verzweifelt! Darf man das nicht sein? “ Und dann setzte er verdrießlich hinzu. “Ach, das geht dich doch alles gar nichts an!“
„George, es tut mir trotzdem leid, dass ich dich bestohlen habe, und ... das hat mich schon die ganze Zeit sehr belastet und belastet mich noch!“ Sie machte eine kleine Pause, ehe sie fragte: „Kannst du mir nicht endlich
sagen, was die Hajeps damals mit dir gemacht haben und wie du ihnen entkommen bist? Wir haben nun schon soviel geredet, da macht das winzige bisschen doch wohl auch nicht mehr so viel aus!“
„Du kannst einen vielleicht löchern! “ knurrte er. “Also gut! Aber nur kurz gefasst!“
Sie nickte aufgeregt.
„Nachdem mich die Hajeps geschnappt hatten, trieben sie mich einen schmalen Bergpfad zum Tal hinunter, wo bereits ein kleines aber geräumiges Trestin auf mich wartete...“ Und dann erzählte ihr auch noch, wie er versucht hatte zu fliehen und wie ihn die Hajeps zur Strafe hatten dafür den Berg hinabrollen lassen. Margrit stöhnte entsetzt und mitleidig, als er ihr seine vielen Wunden beschrieb, die er dadurch erhalten hatte und das tröstete ihn mächtig. „
„Und wollten sie dich anschließend nicht erschießen?“ keuchte sie.
„ igentlich, ja ... aber da griff ich zu einer List. Ich sagte, ich wüsste, wonach sie wohl suchen würden. Ich könnte ihnen den Weg nach dorthin zeigen, wüsste genau wo es läge!“
„Und dann?“ fragte Margrit.
„Nahmen sie mich mit. Ich flog! Margrit, ich saß zum ersten Male in meinem Leben in einem außerirdischen Flugschiff – verdammt!“ Er schlug sich jetzt tief enttäuscht selber auf den Schenkel. “Ich konnte trotzdem diesen Flug überhaupt nicht richtig genießen, denn ich dachte ja immerzu daran, dass bald mein letztes Stünd¬chen kommen würde! Denn in Wahrheit konnte ich ihnen doch gar nicht zeigen wo Danox liegt!“
„Und dann?“ ächzte Margrit entsetzt.
„Na, ich ließ sie landen und zwar genau dort, wo Paul damals nicht nur meine Schuhe sondern auch das Dechiff¬riergerät, welches ich vor einiger Zeit Rekomp Nireneska hatte abluchsen können, in den Abgrund geworfen hatte.“
„Oh Gott?“ Margrit presste sich die Hand vor dem Mund. „Stimmt, das war uns auch noch passiert! Ach, das tut mir ja alles so leid, George!“
„Wieso dir? Das war doch Paul gewesen! Aber in dem Fall war es ganz nützlich für mich. Ich stellte mich nämlich blöd. ´Da ist das Gerät,´ sagte ich zitternd, ´das ihr wohl sucht, aber man hat mich beraubt, es mir gestohlen und dann einfach in diesen Abgrunde geworfen ...´“
„Und? Haben sie dir geglaubt?“
„Der Zufall wollte es, dass Rekomp Nireneska in der Nähe war. Den riefen sie an und schon war der da, eben¬falls mit einem Trestin gekommen. Der blickte hinunter und erkannte sofort sein Gerät, denn es trug sein Zeichen, was glücklicherweise sehr schön zu sehen war!“
„Und nun?“
„Na, man sprach dann noch kurz über die Trowes, die damals von den Loteken gefangen und verhört worden waren und spielte dann noch einmal den genauen Wortlaut der Trowes über ein Bulbajak, ein technisches Über¬setzungsgerät, das den gespeichert hatte, ab. Dabei kam heraus, dass sie gesagt hätten, dass nicht Worgulmpf, der Anführer der entlaufenen Sklaven, ein besonders wichtiges Gerät bei sich hätte, sondern ich.
„Und jetzt?“
„Na, ich fiel vor Nireneska auf die Knie ...“
„Oh, Gott, das war ja richtig verrückt, George!“
„....und ich jammerte und weinte. Das alles wäre nur geschehen, erklärte ich, weil ich die Hajeps damit erfor¬schen, sie belauschen hätte wollen. Ich versprach, dass ich künftig wirklich nie, nie mehr Hajeps bestehlen würde. Aber es überkäme mich eben bei bestimmten Dingen manchmal, lange Finger zu machen, denn ich wäre einfach begeistert von dieser Macht, die uns alle erobert hat. Viele würden zwar sagen, ich wäre verrückt, aber das wäre ich nicht, nein, das solle Rekomp Nireneska nicht denken. Ich wäre wirklich ein Hajepforscher, ich hätte sogar eine eigene Organisation. Viele, ja abertausende würden zu mir gehören und alle würden die Hajeps erforschen wollen. Und dann schrie ich laut ´Denn wir alle liiieben die Hajeps!´ Und dann begann ich - bitte lach` jetzt nicht - seine Stiefel von unten bis oben gierig abzuküssen. Ich klammerte mich schließlich an seine Knie und erklärte dabei, er solle dazu mal meinen Cousin Robert befragen. Es stimme wirklich, dass ganz besonders ich die Hajeps lieben würde!“
„Oh Go – ott!“ Margrit wollte sich vor Lachen ausschütten.
„Du, der war so angewidert, vielleicht sogar erschrocken, dass er mir einen Tritt gab. Ich flog in weitem Bogen, du weißt, Hajeps sind sehr stark, direkt vor Tjufat Diguindis Füße. Er ist der ständige Begleiter unseres Rekom¬pen, weißt du , dessen persönlicher Chasbulak, weil Nireneska für Übersetzungen nicht nur auf technische Hilfsmittel angewiesen sein will, sondern auch auf einen Deuter des Mienenspiels und der Art der Betonung, also wie etwas gesagt wird, Wert legt. Im Gegensatz zu Nireneska schien sich Diguindi schon die ganze Zeit köstlich über mich zu amüsieren, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen, packte mich derb am Arm und zog mich von Nireneska fort, der mich mit einer Tirade wüster Schimpfworte verfolgte. Diguindi gelang es, sich zwischen ihn und mich zu stellen und ihn schließlich nicht nur zu beschwichtigen sondern sogar auch noch Robert anzurufen, der Nireneska dann ausgiebig schildern konnte, wie hoffnungslos wahnsinnig aber harmlos ich im Grunde doch war. Diguindi lieferte mich dann wenig später mit einem kleinen Lai – diesmal genoss ich den Flug – direkt bei Robert ab und Nireneska erklärte ihm dann über das Kontaktgerät, dass er künftig besser viel besser auf mich aufzupassen habe. Tja, liebe Margrit, dafür wird leider an meiner Statt weiterhin der arme Worgulmpf mit seinen Getreuen verfolgt, denn die Hajeps nehmen eben an, dass Slorbunka, dessen bester Freund, sie damals absichtlich auf eine falsche Fährte, nämlich auf mich gelockt hätte, um Worgulmpf zu scho¬nen.
„Sie glauben also, dass Worgulmpf noch immer der Besitzer von äh ... Danox ist?“
„Sehr Richtig! Nur wir beide wissen es besser, nicht wahr? Verdammte Diebin du!“
„Aber du bist auch ein Dieb, nicht viel anders als ich George, da brauchst du dich eigentlich nicht zu beklagen!“
Er nickte. „Schlimm ist nur, dass du auch meinen Cousin bestohlen hast, Margrit.... ”
„Ja, das tut mir ebenfalls leid, George!“ beeilte sie sich. „Wirklich! Oh Gott, diese ganze Sache mit dem Kontaktgerät ... hat dein Cousin etwa später ...“, sie nagte an ihrer Unterlippe, „...deswegen Ärger mit Rekomp Nireneska bekommen?“
„Das war eigentlich ein defektes Gerät, welches mein Cousin nur deshalb oben ins Bord gelegt hatte, weil er es Diguindi zum Reparieren wiedergeben wollte. Robert hatte inzwischen ein ganz neues und funktionstüchtiges und vergessen, dass es noch immer da oben lag. Es ist wirklich erstaunlich, wie das der Kleine geschafft hat, es doch noch in Gang zu bringen.“
„Tja, er war wirklich nicht ungeschickt, mein kleiner Tobias!“ sagte Margrit voller Stolz und wischte sich dabei eine Träne aus dem Augenwinkel. “Ob ... ob er wohl ...na ja ... ob er wohl noch lebt?“
„Wohl kaum! Aber, das war`s eigentlich nicht, worüber ich reden wollte, Margrit. Wo habt ihr das kleine Glas¬röhrchen gelassen, dass Dagmar extra eingeweckt hatte, damit es nicht einmal die Hajeps finden sollten?“
„Also .... du meinst ...“, sie schluckte, „Tobias und Muttsch und Julchen, die sind gar nicht mehr am ...?“
„Margrit, niemand weiß, was mit ihnen passiert ist, aber es ist doch wohl eher anzunehmen, dass sie ...na ja.... als dass sie ...!“ Er machte eine kurze Pause und nahm sie dabei in die Arme, da Margrit plötzlich in hoffnungsloser Verzweiflung einfach drauf los weinte. “Denk doch bitte trotzdem darüber nach“, wisperte er ihr ins Ohr, während seine Finger über ihr Haar strichen, „hast du damals vielleicht ein kaputtes Kirschglas am Boden liegen sehen?“
„Da .... da gab`s kein Kirschglas!“ Sie wischte mit dem Handrücken über ihre Nase.
„Doch, doch , Margrit, und darin hatte ein Glasröhrchen gelegen!“
„Kein Kirschglas, geschweige denn ein Glasröhrchen!“ fauchte sie.
Margrit du flunkerst schon wieder ... und das kann ich wirklich nicht an dir leiden!“ Er stieß sie von sich fort.
„Aber George, weshalb sollte ich dich denn belügen!“ zischelte sie ebenso zornig zurück. „Ich kann mich an so etwas einfach nicht mehr erinnern. Hörst du! Ich habe heute wirklich viel erlebt, weißt du, vielleicht fällt`s mir später irgendwann einmal ein, dein behämmertes Glasröhrchen, aber vielleicht auch nie .... aber glaube mir, wenn ich jetzt auch nur irgendetwas von solch einem behämmerten Röhrchen wüsste, würde ich`s dir sofort geben,! He, ist das denn auch schon wieder so verdammt wichtig?“
„Leider ja!“ ächzte er. „Aber komm“, er packte er sie völlig entnervt bei den Schultern und schob sie wieder vor sich her, „jetzt da entlang bitte.“ Er schob sie diesmal nach rechts.
„Wird ... wird Robert nun wegen diesem Ding Ärger von den Hajeps bekommen?“ keuchte sie tief betroffen.
„Von den Hajeps wohl nicht...“, knurrte er dicht hinter ihr, „....dann schon eher von den Jisken!“
„Den Jisken?“ wiederholte sie verdutzt. „Jetzt sag bloß, da gibt es noch ein Volk, das unsere Erde erobert hat.“
„Na, erobert würde ich nicht gerade sagen. Die Jisken haben sich wohl eher eingeschlichen!“
„Eingeschlichen? He, wo bringst du mich jetzt hin? Doch zum Hof, nicht wahr?“ beantwortete sie einfach ihre eigene Frage.
Er ließ sie langsam los. “Dort...“,sagte er und wies stolz mit dem Arm zu dem letzten der kleinen Keller hin, am Ende des Ganges, wo etwas Licht leuchtete, "... wird sich dir unser erstes Geheimnis offenbaren.“
Margrit starrte George verwirrt an, aber sie freute sich, dass es wenigstens ein bisschen heller war.
"Ich kam auf die Idee, die Türe dieses Hauses offen zu lassen...“, erklärte George flüsternd, "...aber erst, nach¬dem ich lange deinen etwas unruhigen Weg beobachtet hatte. Leider hatte Martin aber die Kellertüre abgeschlos¬sen. Er bricht immer gleich in Panik aus, wenn er auch nur das Wort Hajeps hört, weißt du?“
„Aha, dann ist Martin also einer deiner abertausend Anhänger ja?“
„Du bist wie Robert, Margrit. Das kann ich nicht leiden!“
„Aber, wieso konntest du mich beobachten?
Er lächelte geheimnisvoll. „Meine abertausend Anhänger – hähä - haben dich über unsere Bildschirme bis hier¬her eilen sehen und ich nahm an, dass du eine offene Tür nutzen würdest. Leider haben die Hajeps diese Chance auch genutzt, jedoch glücklicherweise nicht kapiert, was sich sonst noch so alles in dieser Stadt abspielt.“
„Da spielt sich nämlich immer dein Geheimnis ab, richtig?“
„Genau!“ Er nahm sie bei der Hand und zog sie an den vielen mit Gerümpel vollgepackten Kellerräumen vorbei. Schließlich hielt er vor einem ziemlich kleinen Raum an, ergriff sich das Vorhängeschloss, welches die lange und dicke Kette zusammenhielt, die zuvor um einen Pfosten und einen Stab der Gittertüre gewickelt worden war. „Hach, Margrit du kannst wirklich herrlich zynisch sein.“
Trotzdem überkam sie ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen. War bei George wirklich noch alles in Ordnung hoch oben in seinem Kopfe? „B...bist du dir auch sicher, dass es das Richtige ist, was du hier tust, George?“ fragte sie möglichst ruhig.“ Er antwortete nicht und sie schwieg ebenfalls für einen Moment nachdenklich. „Du willst dir sicher etwas aus diesem Keller holen, richtig?“
„Nein!“ Er kramte mit verdrießlicher Miene und nach längerem Suchen schließlich einen kleinen Schlüssel aus seiner Jackentasche hervor. „Ha, endlich hab` ich dich!“ fauchte er den Schlüssel an.
Margrit schob sich ihre Brille auf der Nase zurecht und betrachtete ihn mit einem Blick ... na ja, mit diesem gewissen Blick. Er merkte es jedoch nicht.
„He, ich werde dich überraschen .... hoffentlich!“ ächzte er.
„Wieso hoffentlich?“ fragte sie und ihre Kinnlade zitterte etwas, während sie dabei zusah, wie er aufschloss.
„Na, ich weiß nicht, ob sie dich meine Freunde ....“
„...deine Abertausenden“, warf sie ein wenig nuschelig ein, denn sie nagte dabei an ihrer Unterlippe.
„Sehr richtig!“ knurrte er, „....annehmen werden...“, und dann hatte er das Schloss auf. „Voila, gleich siehst du sie!“
„Aber da .... sind doch nur ein paar alte Möbel!“
„Unsinn, komm` erst mal ` rein!“ sagte er schmunzelnd und riss die Kellertüre, die in allen Scharnieren wackelte, für Margrit weit auf. Er machte eine ungeduldig auffordernde Bewegung mit dem Schlüssel, wohl weil sich Margrit an ihm vorbeischieben und noch vor ihm in den Winzkeller begeben sollte.
”... und wenn ich nicht will?“ wisperte sie.
„Möchtest du, dass ich vielleicht später doch noch meine Kotztüte .....?“
„Schon gut!“ hauchte sie ziemlich hastig.
„Na also!“ brummte er und lachte, schob sie einfach von hinten mitten ins Ungewisse und für einen Moment hatte sie sogar Angst, er würde draußen bleiben, von außen wieder abschließen, um sie doch noch den Hajeps zu überlassen, aber er zwängte sich ziemlich dicht neben sie, während er durch die Stäbe der Gittertüre fingerte, um von außen abzuschließen. „Ha, wusstest du, dass es sogar bereits blutige Revolutionen gegeben haben soll gegen Scolo? Zarakuma ist gestern mehrmals von unbekannten außerirdischen Flugzeugen angegriffen worden. Das alles, meine liebe Margrit, müssten wir kleinen Menschlein doch irgendwie geschickt für uns ausnutzen können, gelle?“
„Na ja, wenn du Abertausende zur Verfügung hast! Aber ich denke, die lieben alle die Hajeps ... autsch!“ Sie rieb sich das Knie, das sie sich an einem der alten, eckigen Stühle gestoßen hatte, die hier einzeln oder aufeinan¬der gestapelt herumstanden. Auf dem höchsten Klamottenberg lag übrigens eine kleine Taschenlampe, die ihnen schon die ganze Zeit entgegen geleuchtet hatte.
„Ach, du alte Zynikerin! Aber lach nur, lach mich ruhig aus! Das bin ich ja auch von Robert gewohnt! Ich baue trotzdem auf meine Freunde!“ Er machte eine weitschweifende Bewegung mit den Armen, was bei dieser Enge direkt schon ein Kunststück war. „Sie beschützen mich!“ begann er zu schwärmen. Verdammt, er wies dabei auf einzelne Möbel oder bildete sie sich das nur ein? „Sie kämpfen mit mir...“, tönte er weiter. Jetzt deutete er zum Beispiel auf einen kleinen, klapperigen Hocker. „Sie umgeben mich wie ein schützender Mantel!“ Entsetzlich, es hatte ihn also wirklich erwischt! Denn er wies nun sogar mit beiden Armen und sehr großem Stolz auf das Klappbett, das sich direkt vor ihnen befand.
Margrits Herz krampfte sich zusammen, sie schob sich nochmals die Brille auf ihrer Nase zurecht, fieberhaft suchten ihre Augen den kleinen, vollgepackten Kellerraum nach weiteren Personen ab. Nein, sie entdeckte wahrhaftig kein Plätzchen, worin oder wohinter sich auch nur irgendjemand hätte verstecken können. Hier gab es also selbst bei bestem Willen keine weitere Person als George und sie selbst.
„Hm, George, das ist wirklich sehr schön, dieses .... na ja ...Bett?“ Sie schluckte. Der arme Robert hatte gewiss nicht selten Kummer und Ärger mit George!
„Finde ich auch!“ rief George begeistert. „Habe wirklich lang` danach gesucht, bis ich es endlich gefunden habe!“
Von wegen Hajepforscher, guter Witz. Komisch nur, dass gerade sie darauf hereingefallen war! Sie hatte doch sonst eine nicht gerade schlechte Menschenkenntnis!
„He, mit einem Bett...“, schwärmte er weiter, „ ...ist es fast wie mit einem Freund ...“
„Ja, ja, George“, piepste sie jetzt überfreundlich.
„Man muss sich auf solch ein Bett verlassen können, Margrit!“
„Richtig, sehr richtig, mein Kleiner, doch reg` dich dabei nicht all zu sehr auf, ja?“
„Es begleitet einen viele Jahre hindurch....“
„Stimmt, aber....“
„Doch, doch!“ beharrte er.
Es war, wie schon gesagt, hier ziemlich eng, vielleicht weil der Raum kleiner war, als die übrigen, vielleicht auch weil hier mehr Gerümpel war, als sonst überall. Jedenfalls bewegte sich jetzt George direkt auf das Klapp¬bett zu.
Sie folgte ihm. ”Ganz ruhig bleiben, George!“ sagte sie möglichst sanft und streichelte ihm schließlich übers verschwitzte Haar. “Das wird schon!“
„Ja, das hoffe ich doch auch, Margrit!“ knurrte er. “Was meinst du wohl, was ich die ganze Zeit denke?“
Er war also krankheitseinsichtig, das war schon mal gut! Sie atmete erleichtert aus und schob sich die Brille auf ihrer Nase zurecht. „Du weißt also ...“, fühlte sie vorsichtig vor, „ .... dass ein Bett in Wahrheit ...?“
„Margrit, auch wenn uns manches hoffnungslos erscheint“, fiel er ihr ins Wort, und er nahm Margrit beim Ellen¬bogen und zog sie zur Seite, dann klappte er das Bett einfach hinunter, “so sollte man trotzdem nicht aufhören zu glauben!“
Was hatte er nun plötzlich vor? Margrit errötete. Wollte er etwa an Ort und Stelle mit ihr gleich in diesem Bett...? Nein, nein, sicher wollte nur endlich schlafen, labil wie er war und nach alledem, was er heute erlebt hatte!
Margrit staunte. Es war keine Holzwand mehr hinter diesem Bett, sondern lediglich ein recht stabiles Steinge¬mäuer.
George legte sich jedoch nicht hin, sondern stützte sich nur mit beiden Händen auf die blau karierte Zudecke und flüsterte der Steinwand jetzt wohl irgendetwas Zärtliches zu.
Oh, es stand wirklich ziemlich schlimmer als gedacht um ihn. Sie versuchte ihn abzulenken „Wa–as hast du eben zu der ...naja... Mauer gesagt, George?“
Ich sagte : „Maden haben einen Faden, über den sie Kräfte laden.“
„Oh Go-ott, George!“ keuchte Margrit mitleidig und stürzte zu ihm hinüber. „Tue lieber das, was du zuerst tun wolltest, ja? ”
„W...was wollte ich denn zuerst tun?“ stotterte er verdutzt.
„Na, mit mir ...ach Quatsch, nein, nein.... schlafen natürlich!“ Sie klimperte ziemlich nervös mit den Augende¬ckeln. „Kein so übler Gedanke, sage ich dir! Du musst dich jetzt endlich ganz, ganz dringend ausruhen, gelle?“
„Muss ich gar nicht!“ protestierte er.
Das war natürlich typisch, sie seufzte. „Doch, doch, doch!“ Und sie wedelte gemahnend mit dem Zeigefinger dicht vor seiner Nase. “Du weißt, ich habe darin Erfahrung! ”
Er machte hastige, abwehrende Bewegungen mit den Ellenbogen zu beiden Seiten, da Margrit nun recht zudringlich geworden war, indem sie ihm regelrecht auf den Leib rückte. “He, Margrit!?“ rief er verdutzt und lachte, da sie ihn nicht nur ins Bett geschuppst hatte, sondern weil er auch ziemlich kitzelig war. „Was ist denn nur plötzlich los mit dir, he? “
Das war natürlich ebenfalls typisch. Er wollte partout nicht liegen bleiben. Ha, den anderen für behämmert halten und es selbst sein. Er begann zu juchzen und zu quietschen wie ein kleines Schweinchen. Oder waren das etwa Angstschreie? Wahnsinnige gerieten nämlich immer sehr schnell in Panik. Also, ließ sie ihn los und stand lieber wieder auf. Sie brachte ihre Jacke, ihr Hemd wieder in Ordnung, während er keuchend wieder aufstand und begnügte sich neben ihm zu stehen, unterließ es jedoch nicht, mehrmals einladend auf die Zudecke zu klop¬fen und ihm dabei augenzwinkernd zuzugrinsen. Schon dachte sie, er würde ihr endlich gehorchen, aber er schob nur eines seiner Knie auf das Bett und klopfte, ungefähr im gleichen Rhythmus wie Margrit zuvor auf die Bett¬decke, gegen die Wand. Das konnte sie nicht mit ansehen, also hielt sie einfach seine Faust fest.
„Hör`auf!“ sagte sie und versuchte ihrer leider etwas quäkig gewordenen Stimme wenigstens eine feste, energi¬sche Tonlage zu geben. Da bewegte sich vor Margrits verblüfftem Gesicht ein kleiner, fast kreisrunder Teil in der Wand, welcher sich schließlich als eine mit Mauersteinen sehr gut getarnte Luke entpuppte, die sich vor der inzwischen neugierig nach vorn gebeugten Margrit aufschob.
Stimmen hallten ihnen von unter entgegen und Margrits weit aufgerissene Augen gewahrten im Inneren der Luke, wenn auch nur schemenhaft, eine winzige Kammer, in deren Fußboden sich plötzlich ein kohlschwarzer Schatten zeigte, welcher andeutete, dass dort wie von Geisterhand ebenfalls ein Loch entstanden war. Es dauerte nicht lange, da flackerten in diesem Loch Lichter auf. Oh, dort schien es aber reichlich tief hinunter zu gehen! Dann schepperte und schurrte es, irgend etwas wurde wohl hochgeschoben, schließlich zeigte sich das gut erhaltene Oberteil einer alten Aluleiter, zwar zunächst nur in der Öffnung des Fußbodens der kleinen Kammer, aber dann auch in der Luke des Kellers.
Margrit hörte ein leises Quietschen und zwar immer wieder in kurzen, gleichmäßigen Abständen. Die Leiter bebte in diesem Rhythmus mit und nun erschien ein recht igeliger Haarschopf im Loch am Boden der Kammer, der immer noch von unten beleuchtet wurde und zwei kräftige Männerfäuste umfasten nacheinander die Seiten der Leiter. Ein wuchtiger, gedrungener Oberkörper folgte und muskulöse Arme. Der Mann, welcher jetzt fast die ganze Winzkammer ausfüllte, hielt den Kopf gesenkt, blickte auf die Sprossen hinab, stieg schließlich auch noch die letzten hoch und dann spähte ein markantes, jedoch ordentlich rasiertes Gesicht hinaus aus der Luke. Dieses mochte wohl um die vierzig Jahre alt sein, aber Margrit konnte schon seit langem das Alter ihrer Mitmenschen nicht mehr richtig einschätzen, da der Krieg die meisten rapide hatte altern lassen. Graue, von vielen tiefen Falten umgebene Augen musterten Margrit mit einiger Überraschung aber auch etwas Abscheu, denn Margrit sah wirklich furchtbar heruntergekommen aus.
„Oh ...äh ...Hallo!“ grüßte Margrit höflich.
„Tzississis!“ murmelte der Mann (sollte das sein Gruß gewesen sein? ) und wich etwas von der Luke zurück, so dass man auch seinen Oberkörper sehen konnte, der in ein dunkelbraunes, gepflegtes Hemd gehüllt war. Er schien irgendwie verdrießlich zu sein, denn er runzelte die ohnehin stark gefurchte Stirn. „Da haben wir sie also, die von dir so viel Gepriesene, George?”
„Das hier ist Margrit, ja!“ erwiderte George.
„Sieht`n bisschen merkwürdig aus, nich? ” Der Mann betrachte sie abermals skeptisch.
„Tja, äh, dagegen kann ich wohl nichts machen!“ Margrit hob wie entschuldigend die mageren Schultern etwas an und ließ sie sogleich wieder fallen. Der Blick des Mannes war fast blitzartig wieder zu George gegangen.
„Lebt Sie also doch?” stellte der fest. „He, George, haben aber mächtig lang` auf euch warten müssen! Haben uns schon Sorgen gemacht! Musstest du deine Margrit denn erst freischießen oder was?“
„Es ist nicht meine Margrit.“ George wurde tiefrot und Margrit ebenfalls. “Äh, darf ich vorstellen, Martin!“ erklärte George und wies mit einer knappen Geste auf diesen.
”Ach, das ist also der, welcher mir die Kellertüre einfach abgeschlossen hatte?“ knurrte Margrit und dieser errötete nun auch automatisch.
„Und so ist der immer!“ fuhr George fort. „Merke dir dabei: Meckern ist typisch für Martin! Man könnte sogar eine sehr gute Abkürzung für ihn erfinden, nämlich : MM = Martin Meckerer! ”
Martin wurde noch röter. “Ha, erst viel zu spät kommen und dann noch frech werden!“ fauchte er.
„So, Margrit”, meinte George weiter, doch dann betrachtete er Margrit plötzlich nachdenklich und rieb sich dabei das gepflegte Kinn. „Eine ziemlich hohe Leiter hinabzusteigen traust du dir doch wohl zu, oder? “
Margrit schluckte. “Einen anderen Weg gibt es nicht?“
„Moment, Moment!” Martin machte abwehrende Handbewegungen und sich selbst dabei noch breiter in seiner Kammer. „Hat die Dame nun die ...äh.... George, du weißt schon... bei sich oder nicht? Eher kommt sie mir nämlich nicht hier hinein.“
Margrits Augen weiteten sich erstaunt. „W...was soll ich ...?“ Sie hielt inne, denn Georges Fuß trat ziemlich derb nach ihrem Zeh.
”Aber, Martin!“ ergriff George für Margrit einfach das Wort. „Das ist doch erst einmal unwichtig...“
„Nein, oh nein, oh nein!“ protestierte der. „Das ist schon sehr wichtig!“
„Unsinn! Lass` doch diese arme, verstörte Frau bitte sofort hinunter und sich bei uns ausruhen, dann sehen wir weiter, okay?“
„Richtig, ausruhen ist immer gut!“ warf Margrit ein.
„Nix ist hier okay!“ Martin wedelte wieder mit seinen breiten Händen so heftig herum als wären das zwei kleine Propeller.
„Werde jetzt nicht penibel, ja?“ zischelte George.
” Ja, zu penibel ist nicht gut”, bekräftige Margrit schon wieder. “Da gibt es zum Beispiel psychische Erkrankun¬gen die...“
„Und wir sind schließlich in Not!“
„He, diese ganze Stadt hier“, Martin machte eine weitschweifende Bewegung so gut es ging, „war in Not und ist es vielleicht noch! Wenn es danach gehen würde, hätten wir heute alle aber auch wirklich ALLE durch diese Luke hindurchklettern lassen müssen! „
„Ja, warum denn eigentlich nicht?“ fragte Margrit einfach weiter.
„Nicht nur durch diese Luke!“ verbesserte George Martin. “Es gibt viele solcher Luken in dieser Stadt!“
„Ach, tatsächlich?“ erkundigte sich Margrit verwundert.
„Doch kaum ein Bewohner dieser Stadt wusste je davon!“
„Wir verrieten nichts! Sind wir deshalb schlechte Leute? ”
„Ja, das seid ihr!“ schimpfte Margrit, begriff aber, dass man trotzdem nicht auf sie hören würde.
Martin machte nur eine wegwerfende Handbewegung Richtung Margrit. „Also los, George, erst die Bezahlung, oder das verdreckte und verlauste Ding kommt mir hier nicht runter!“
„Martin, Margrit wird uns noch recht nützlich sein, das kannst du mir glauben!“
„Das ich nicht lache! Wie denn? Die ist doch schwächlich gebaut!“
Margrit blickte auf ihre dürren Oberarme.
”Wird also niemals richtig kämpfen können! Nie, sage ich dir, nie wird aus DER eine tüchtige Guerilla!“
Margrit schob sich mit zitterigen Fingern ihre Brille auf der Nase zurecht. „Äh, was soll ich doch gleich werden?“ keuchte sie erschrocken.
„Na, eine Guerilla! Margrit unterbrich uns bitte nicht andauernd, ja?”
„He, und ich wette mit dir, dass die noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hat!” fuhr Martin weiter fort.
„Na, in der Hand gehalten schon...“, warf Margrit nachdenklich ein.
„Außerdem trägt sie eine Brille, scheint keine ruhige Hand zu haben und geduldig ist sie auch nicht, eher vorlaut und geschwätzig!“
„Ich bin überhaupt nicht vorlaut!“ protestierte Margrit. ” Nur manchmal ein bisschen laut!“ räumte sie ein.
„Wir brauchen keine nutzlosen Fresser!“ machte Martin einfach weiter. „Können ja selbst kaum leben! Das Weib muss also bezahlen, bevor es durch diese Luke darf!“
„Was meint der eigentlich immerzu mit bezahl ....?“ Margrit kam nicht weiter, da sie schon wieder einen Tritt bekommen hatte.
„Sie hat aber besondere Gaben, die uns vielleicht eines Tages sehr nutzen könnten!“
„Besondere Gaben!“ ächzte Martin sarkastisch.
„Habe ich die denn wirklich?“ fragte Margrit unglaublich leise.
„Dass ich nicht lache!“ brüllte Martin. „George, bei dir funktioniert doch nichts außer dein sogenanntes gutes Herz! Daher siehst du praktisch in jedem Menschen irgendetwas Besonderes! Denk` dabei nur an diese Kleine, diese niedliche Blonde, na ja, unsere Gesine, die ist uns doch heute nur noch eine Last!”
„War halt Pech!“ gestand George kleinlaut ein.
„Kein Pech!“ tobte Martin weiter. “Bist nur tickhaft. Wirst immer schlimmer, mein Kerlchen. Dein verdammter Idealismus bringt uns noch eines Tages alle um! “
„He, lassen wir sie zurück, könnte sie uns womöglich verraten!“ erklärte George jetzt triumphierend.
„Genau!“ bestätigte Margrit.
„ So, meinst du?“ Martin sprach nicht weiter, nur seine Augen funkelten jetzt zu Margrit hinüber und zwar ziemlich kalt.
George sah diesen Blick und erbleichte. “Das ist doch nicht dein Ernst! Du willst .....“, er brach ab, schluckte und Margrit schluckte ebenfalls, „... sie doch etwa nicht ..?“ Sein letztes Wort war in einem unverständlichen Flüstern untergegangen, doch Margrits Herz schlug trotzdem bis zum Halse.
Martin nickte cool und ohne zu zögern.
„Du tötest Menschen?“ wiederholte George seine zuvor geflüsterten Worte endlich laut. „Du wirst auch immer schlimmer.”
„Stimmt!“ ächzte Margrit und schluckte abermals.
Martin zuckte geringschätzig die wuchtigen Schultern. “Warum nicht?“ erklärte er knapp. „Ich habe es schon oft getan, ohne dass du es je bemerkt hättest, mein Kleiner, aber nur, wenn es nötig war.“
„Wenn du es für nötig hieltest!“ korrigierte ihn George zähneknirschend.
„Kann schon sein! Aber wenn du diese ausgesprochen mickerige Person einfach hier einschleust, könnte es großen Ärger geben, George! Denk` an unsere Abmachung, denk` auch an unseren Präsidenten! Du hast es der gesamten Organisation versprochen. Nur deswegen haben wir so manches für dich getan! Du kannst diesen dürren Knochenhaufen nicht retten, wenn wir es nicht wollen! Auch später nicht! Also, wo ist nun diese ...die sogenannte Wunderwaffe?“ Er brach ab und wartete.
„Also die Wunder... ”, Margrits Satz konnte wieder nicht enden, da sie plötzlich Georges Ellenbogen dicht an ihren Rippen spürte.
„Selbstverständlich hat sie mir die bereits gegeben“, George klopfte sich stolz auf jene dicke Stelle seines Hemdes, von der Margrit wusste, dass es da nur eine riesige, aufgeblähte Kotztüte gab und sonst weiter nichts. “Aber ich finde es trotzdem mies von dir, so sehr darauf zu pochen!“
„Zeig` her!“ verlangte Martin und streckte den kräftigen Arm aus seiner Luke. „Bin neugierig! Sieht diese großartige Waffe denn wirklich ganz so aus wie wir sie von den vielen Fotos und Filmen her kennen? Oder ist sie doch ein bisschen anders? ” ungeduldig griff er nach Georges Hemd.
Dieser konnte gerade noch ausweichen. “Bist du verrückt?“ keuchte der. “Nachher fällt sie dir noch herunter! Nein, mein Bester. Deine Neugierde musst du schon bezähmen. Erst wenn wir daheim sind, werde ich sie zeigen! So war es abgemacht. Du bist nicht unser Präsident, nicht einmal Feldwebel unserer Einheit!“
Martin wollte zwar an diese offensichtliche Tatsache nicht so recht heran, das zeigte sein Mienenspiel auch ganz deutlich, doch dann fügte er sich und warf George das Ende eines festen Seils zu, das schon die ganze Zeit hinter ihm von der Decke der kleinen Kammer herab gehangen hatte. Während er die Leiter wieder hinabstieg, brum¬melte er aber trotzdem leise vor sich hin : „Na, da bin ich ja mal gespannt, was so alles mit dir und ihr passieren wird, wenn sich herausstellen sollte, dass du doch gelogen hast, verdammtes Weichei!“
George schien diese Bemerkung nicht gehört zu haben. Er schlug sich nur mehrmals mit dem Seil, das am Ende eine Schlaufe hatte, in die offene Handfläche und grinste recht seltsam, wie Margrit fand, vor sich hin. Margrit horchte indes in die Stille hinein. Das Quietschen der Leiter mischte sich nämlich, während Martin hinabstieg, mit ziemlich aufgeregten Männer- und Frauenstimmen, die irgendwo von unten hinaufhallten. Margrit meinte sogar, wenn sie sich konzentrierte, einige Worte, manchmal sogar Sätze, verstehen zu können, obwohl nicht übertrieben laut gesprochen wurde.
„He Martin, was is´ oben los gewesen?“ hörte Margrit jetzt eine ziemlich helle Frauenstimme.
„Is´ mir Wurst!“ grunzte Martin einfach hinunter.
„Aber Martin, wir haben so lange gewartet, da muss doch oben etwas passiert sein?“ hakte nun eine andere, recht energische Frauenstimme nach.
„ He, was hab` ich eben gesagt?“ knurrte Martin nun erst recht aufgebracht. „Ich hab` gesagt, dass mir das ganze scheißegal is´, verdammt noch mal!“ und er blieb dann wohl für einen Moment auf der Leiter stehen. Was er machte, konnte man nicht sehen, aber die Leiter quietschte nicht mehr. War er etwa schon unten angekommen?
„Warum hat dir Martin dieses Seil gegeben, George?“ fragte Margrit nun sehr leise und nachdenklich.

„Siehst du diese Schlaufe hier, Margrit? ” antwortete George. Na, immerhin hatte er endlich aufgehört damit herumzuspielen. Sie nickte und schaute zu, wie er aufstand und sich mit dem Seil zum Fußende des Klappbettes begab und dann einen ziemlich großen Haken aus Metall hinter der Matratze hervorschob.
„Der ist fest verankert mit dem Bett. Ich werde die Öse über den Haken stülpen. Im Inneren der Luke ...“, er wies dabei mit einer knappen Bewegung hinter sich, „...befindet sich ein besonderer Mechanismus mit einer Kurbel. Es erfordert viel Kraft, Geschick und vor allem Erfahrung, nicht nur solch ein großes Bett von der anderen Seite her, also von innen, hochzubekommen und vernünftig einzuklappen, auch die Luken, die aus schwerem Metall sind, müssen ebenfalls von innen manuell verschlossen werden und dann muss ich noch so einiges anderes tun.“ Er brach ab und schaute ihr fest in die Augen. “Weißt du , das kann ich dir jetzt alles nicht auch noch erklären. Aber dass wir hier alle schnellstens aus dieser Stadt verschwinden müssen, möglichst ohne Spuren zu hinterlas¬sen, ist dir wohl klar! Darum möchte ich, dass du noch vor mir durch diese Luke kriechst und dann die Leiter hinabsteigst. Erst wenn auch du hinunter bist, werde ich dir folgen, sobald mir das möglich ist!“
Margrit schüttelte den Kopf. “Aber das ist zu gefährlich!“
„Das Leben ist immer lebensgefährlich!“ murrte er. „Also, was fürchtest du? Ach so, wohl die Leiter! Nein, keine Angst, du wirst schon nicht hinabfallen. Es ist noch niemand, der ....“
„Das meinte ich nicht, George. Dieser Martin ist uns absolut nicht grün! Noch haben wir die Möglichkeit einfach abzuhauen! Wir müssen hier nicht unbedingt hinunter, George!“
Er seufzte. „Margrit, denkst du, das weiß ich nicht? Aber wo willst du denn sonst hin?“
Sie zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung!“
„Na siehst du, es bleibt uns doch keine andere Möglichkeit als innerhalb dieser Organisation weiterzuleben!“
„Aber was werden diese Leute mit uns tun, wenn sie erfahren, dass weder du noch ich ....?“
George konnte nicht antworten, denn plötzlich vernahmen sie eine weitere Stimme von unten - sie gehörte wohl einem ausgesprochen temperamentvollem Mann - ziemlich laut bis nach oben tönen. „Komm, komm, Martin, wir wissen zwar nicht, welche Laus dir mal wieder über die Leber gelaufen ist, aber du hast uns vernünftig zu antworten.“
„Heiko hat recht!“ fielen die übrigen Guerillas ziemlich verärgert mit ein. „Also endlich heraus mit der Spra¬che. Hat George mit den Hajeps kämpfen müssen, die in dieses Haus eingedrungen waren?“
„Ha, kämpfen, deeer?“ grunzte Martin nun ziemlich geringschätzig und die Leiter quietschte wieder, also hatte er noch immer keinen festen Boden unter den Füßen. „Gut, George kann sich prügeln“, räumte er ein, „aber, habt ihr je seine Pistole woanders gesehen als in seinem Gürtel?“ Er machte eine kleine Pause und sagte dann so halb nach oben. „ Man könnte ihn daher auch gut G. Z. nennen, nämlich George Zauderich! Hä, hä, hä! “
Und wieder schien Martins launige Bemerkung George nicht sonderlich zu kratzen. Er grinste abermals nur so ein bisschen vor sich hin, während er Margrit ein Zeichen - ziemlich ungeduldig, wie sie fand - gab , nun endlich über das Bett zur Luke zu krabbeln. Martin war zwar noch immer nicht ganz von der Leiter hinunter, aber er hatte indes einen ziemlichen Lacherfolg mit seiner Bemerkung gehabt. Zu seinem Verdruss wurde er danach trotzdem weiter ausgefragt.
“Ist George verletzt? Hatte die Frau tatsächlich Danox bei sich? “ konnte man nun aus dem Stimmengewirr heraus hören.
“...die Frau tot, oder uns nur wieder weggelaufen?“
„.... haben es langsam satt, dauernd hinter ihr her zu sein!“ Dieser letzte Satz war allerdings gleich mehrmals zu hören gewesen. Margrit spähte unsicher zum Rand der Luke. Die Leiter bebte nicht mehr und man vernahm, nachdem Martin wohl das Vokabular für Schimpfworte für einen Moment ausgegangen war, nicht nur seine Schritte über Gestein, sondern auch die der anderen Guerillas und konnte sich daher sehr gut vorstellen, wie sie Martin nun neugierig bedrängten.
“Hat dir George Danox gegeben?“ konnte Margrit wieder aus dem undeutlichem Gemurmel herausfiltern.
„He, wie sieht denn so `ne Wunderwaffe wirklich aus?“ übertönte fast gleichzeitig die kräftige Männerstimme, alle anderen.
„Sehr richtig Heiko!“ knurrte die Meute und geduldig. „Martin, soll`s endlich hervor holen.”
Und dann rief wieder irgendjemand ziemlich laut dazwischen „He Martin, wirst du uns wohl das Ding endlich zeigen?“
„Ja, ich möchte auch mal so ne Waffe in der Hand halten, Martin.!“ bettelte wieder die helle Mädchenstimme.
„Ausgerechnet du, Gesine?“ fauchte es von irgendwo her. „Da bin ich doch wohl zuverlässiger, mir mal Danox selber anzusehen!“
“Kommt, kommt,“ empörte sich jetzt die dunkele Frauenstimme. „Was meinst ihr wohl, was wir hier alle wollen?“
„Sehr richtig!“ schimpften jetzt auch einige Männer. „Denkt wohl, wir haben hier aus Jux stundenlang gewartet, was?“
„Oh Gott“, ächzte Margrit betroffen, „meinst du tatsächlich, dass ich als erste von uns beiden hinunter soll? Du, die werden mich zerfleischen. Sie werden mich von der Leiter abernten wie einen Apfel ...und sollten sie mich noch für eine Sekunde am Leben lassen, was soll ich dann in dieser Sekunde überhaupt sagen? Soll ich ihnen sagen : Ja , der George, der kommt hinter mir, aber der hat keine Bombe für euch, nur eine wunderhübsche Kotztüte?“
“Hach, Margrit, ich liebe deinen Sarkasmus! Aber nun bist du schon so weit bis zur Luke gekrabbelt, da kannst du wohl auch noch wagen, deinen süßen Hintern durch die Luke zu schwingen und die langen Läuferchen auf die Sprossen der Leiter zu stellen! He, notfalls kannst du ja mit denen treten, falls sie angriffslustig werden sollten!“
„Also, zum tausendsten Mal, verdammt!“ brüllte Martin währenddessen gegen alle Unruhe an. „Ich hab` diese ganze Scheiße nicht bei mir! Kapiert? He, he-eeeh? Was is´ denn nu los? Weg mit euren unegalen Fettfingern, sage ich! Weg von meinem Alabasterkööörper! Schei ....werdet ihr wohl aufhören mich so dämlich zu betaschen? Bin ich denn eine Schwuchtel? Also ihr wollt wohl erst einmal sehen, wie das ist , wenn diese Knospe hier aufgeht, was?“
Indes hatte sich Margrit auf dem Bett herumgedreht und war mit den Beinen zuerst – wenn auch zitterig - durch die Luke geklettert. Ängstlich hielt sie sich zu beiden Seiten an deren Rand fest. „George ich verlasse mich jetzt darauf, dass diese Wildkatzen mir nicht gleich die Kleider vom Leibe reißen werden, um darin nach Danox zu wühlen!“
„Du musst dich eben behaupten, Margrit, wenn du eine echte Guerilla werden willst!“ Er zwinkerte ihr zu und holte dann sein Kontaktgerät aus einer kleinen Tasche, die er an seinem Gürtel hatte, direkt neben einer winzi¬gen, jedoch ziemlich gut gepflegten Handfeuerwaffe.
„Wollte ich das denn je werden?“ fragte sie sich leise und blickte dabei an der Leiter vorbei. Diese stand in einem schmalen Schacht, der etwa sechs Meter nach unten führte.
„Wer viel fragt kriegt viel Antwort, Margrit!“ Er wählte eine Nummer.
„Hä, hä, George, stell dir vor, ich kann deinen Humor im Augenblick irgendwie nicht richtig genießen!“
Für etwa drei weitere Meter schien die Leiter nicht mehr von Wänden umgeben zu sein, sondern völlig frei irgendwo in einem Tunnelgewölbe zu stehen.
„Ist halt Galgenhumor, Margrit!“ Und dann hatte er wohl jemanden am Telefon, denn sie hörte ihn : „ Hallo, Karlchen! Na wie sieht`s denn jetzt aus?“
„Hui, das macht mir aber Mut!“ zischelte sie trotzdem zornig zu ihm zurück und so laut, dass er es hören musste. Zwar war es hier oben ziemlich dunkel, weil hier auch nur eine kleine Funzel in einer Ecke der Kammer stand, direkt neben dem Läufer, der zum Teil an der zweiten Luke befestigt worden war und das ergab nur spär¬liches Licht. Aber die Guerillas hatten eine große und weit leuchtende Laterne tief unten auf den Steinboden gestellt, welche wirklich jede Sprosse der Leiter ziemlich gut erhellte. Man konnte eigentlich nicht daneben treten.
„He, das hättest du uns auch gleich sagen können, Martin“, hörte man jetzt wieder die helle, sehr enttäuschte Jungmädchenstimme aus der Tiefe und Margrit konnte dabei sogar die Hand der jungen Frau und dann den dicken Ärmel von deren Jacke unter sich sehen, “dass die Hajeps unsere Waffe der Frau längst geklaut haben.“
„Und wer redet hier mal wieder großartig vom Stehlen, ausgerechnet unsere Gesine!“ fauchte Martin. Auch ihn sah Margrit ganz kurz direkt neben der Leiter stehen und hatte dabei gleich entdecken können, dass eine kleine Glatze an seinem struppigen Hinterkopf schimmerte.
“He, wo ist denn nun George?“ fragte die dunkele Männerstimme und eine große, ziemlich kräftige Gestalt war danach ebenfalls nur zum Teil neben der Leiter zu erkennen. „Der wird nämlich Danox bei sich haben!“ Danach klang alles schon wieder reichlich wild und durcheinander.
„Mein Gott, diese Unruhe und vor allem die Lautstärke!“ wehrte Martin weiter ab. Margrit sah ihn mit seinen Armen nach allen Seiten rudern. “So wartet doch mal endlich nur eine Sekunde ab, ja? “
„Sekunde ist gut! “ fauchte es wütend aus der Menge.
„Aber Martin, gewartet haben wir doch wohl heute inzwischen lange genug!“
„Sehr richtig und dafür ....“, tönte jemand aus der Meute.
“He, da fällt mir etwas ein“, hallte es weiter bis zu Margrit. „Wir klettern einfach hoch und schauen nach!“
„Wartet, ich glaub`, ich hab vorhin einen Schatten da oben gesehen!“ Das Mädchen mit der dicken Jacke und den langen blonden Haaren lief wieder zur Leiter und schaute hinauf. Margrit brach in Schweiß aus. Sie war schon vier Sprossen hinabgestiegen und zwar mauseleise. Hier oben war es dunkel, also konnte das Mädchen Margrit nicht entdecken - hoffentlich! Doch Margrit war ein anderer, wirklich sehr verrückter Gedanke gekom¬men, denn sie hatte eben die Türe vom kleinen Kellerraum rasseln und dann quietschen hören, als wäre die ganz kurz geöffnet und dann geschlossen worden. Was war, wenn George Margrit gar nicht mehr hinterher kam? Margrit konnte ihn nicht dazu zwingen, oder? Unsicher schob sie sich darum die Brille auf der Nase zurecht und blickte knapp über den Rand der Luke. Ein eisiger Schreck durchfuhr sie. Sie taumelte und wäre dabei beinahe von der Leiter gefallen, denn George war wirklich nicht mehr da! Sie brauchte sich nicht sonderlich auf ihr gutes Gehör zu konzentrieren, um nun seine durch die Kellergewölbe fortflitzenden Schritte zu vernehmen. Was hatte George vor? Warum schloss er jetzt auch noch oben die Türe auf?
„He George, bist du`s? “ rief das Mädchen indes von unten und setzte tief enttäuscht hinzu : „Du Martin, der is´ nich´ mehr da!“
Margrit überlegte, wenn sie weiter hinunter kletterte, würde man das jetzt bestimmt auch von unten recht gut bemerken. „
“Huhuuu, Geo-orge?“ trällerte jetzt die Frau mit der dunklen Stimme, dicht neben der Leiter. „Komm endlich und ...“
„Schschscht... zum Kuckuck mit euch!“ fauchte Martin entnervt und zog beide Frauen ziemlich grob von der Leiter weg und Margrit atmete erleichtert aus. „Gleich werden hier Hajeps aufkreuzen, nur weil ihr Arschbacken so laut gewesen seid. Er lebt, kapiert? Na ja, und diese elende Tussi auch!“
„Sie leben, Gott sei Dank!“Ausrufe der Erleichterung waren zu hören.
Diesen Moment des Abgelenktseins und des allgemeinen Lärms nutzte Margrit für sich aus, indem sie nun ziemlich zügig hinabstieg, die Zähne dabei aufeinander gepresst und peinlich genau auf jede einzelne Sprosse achtend.
„Ja, hocken nur im Bett und zieren sich noch ein bisschen!“ keifte Martin unten weiter.
Komisch, Margrit hatte jetzt das Gefühl, als würde die Leiter plötzlich in einem völlig anderen Rhythmus beben. Zuvor schien es auch noch im Kellerraum und danach in der Kammer irgendwie gepoltert und gerumpelt zu haben.
„Beide im Bett?“ hörte Margrit dann wieder von unten. “Ha, ha, ha!“
Oh Gott! Viel schneller als Margrit gedacht hatte, war sie hinunter gekommen. Wenn die Guerillas nun in den Schacht spähten, konnten sie gewiss Margrits zerfledderte Turnschuhe und ihre Hängehosen von unten aus recht gut sehen. Doch es spähte komischerweise keiner mehr in diesen Schacht. Die Meute war nämlich wieder ziem¬lich wild miteinander am Plappern, denn man war sich uneins, ob nun einer trotzdem hinaufklettern sollte oder nicht.
“Ist denn auch wirklich nichts weiter passiert?“ meldete sich trotzdem wieder die dunkle, kräftige Männer¬stimme skeptisch. Der große Kerl stand jetzt mit dem Rücken zur Leiter. Margrit sah sein schulterlanges, dunkelblondes Haar, das wohl von einem roten Stirnband aus dem Gesicht gehalten wurde. Er trug an einem Lederriemen über der linken Schulter ein schweres Maschinengewehr.
„Kann ich nicht garantieren!“ brummte Martin, ebenso dicht neben der Leiter stehend. „Alt genug sind die beiden ja und könnten deshalb in diesem Bett doch so ein bisschen miteinander ...na, ihr wisst schon ...“
Einige kicherten nun doch, andere grummelten weiter.
„Nein, nein“, grunzte jetzt Martin vollständig entnervt, „es ist denen nichts weiter passiert, als dass sie inzwi¬schen in Tjufate umgewandelt worden sind.“ Und er entfernte sich dabei wieder für ein gutes Stück von dem Schacht. „Tja, ja ...“, er gab seiner Stimme einen traurigen Klang, „...wohl, damit die Hajeps endlich herauskrie¬gen können, wo sich die letzten Menschlein noch versteckt haben könnten.“
Von einen Moment auf den anderen war ihm etwas geglückt, was er heute schon die ganze Zeit vergeblich angestrebt hatte, nämlich, diesen grässlich-quirligen Gesprächslärm in totales Schweigen zu verwandeln. Alle Münder waren zu. Die Menge schien Martin wohl völlig entsetzt anzustarren.
„Sehr humorig, wirklich!“ donnerte stattdessen eine kühne Männerstimme durch die knisternde Stille. Sie kam aus dem Schacht. „Aber dieser Scherz scheint mir wirklich einer von der allerübelsten Sorte zu sein, Martin!“
„George!“ rief alles wie erlöst und die Menge brach in regelrechten Jubel aus. Margrit blinzelte ebenfalls zutiefst erleichtert nach oben in den Schacht, wo sie im Dämmerlicht seine große Gestalt zu erkennen glaubte. Seltsamerweise trug er dicht an seinem Körper gepresst irgendetwas schweres, was er sich auch noch zum Teil einfach über die Schulter geworfen hatte. Mit was und vor allem warum hatte er sich plötzlich so schwer bepackt? Du meine Güte, wenn er jetzt nur ein bisschen aus dem Gleichgewicht kam? Beim Hinunterklettern ließ Margrit darum einige Sprossen aus um ihm schleunigst Platz zu machen. Dabei war sie wohl abgerutscht, ihre Finger fanden nicht schnell genug Halt und schon sauste sie hilflos der Tiefe entgegen. Das alles war so blitzar¬tig gegangen, dass sie nicht einmal Zeit gehabt hatte dabei einen Angstschrei auszustoßen.
Die meisten der Guerillas waren, kaum dass sie etwas hinabrauschen gehört hatten erst einmal vor Schreck auseinander gefahren. Nur einer von ihnen, der kräftige, große Kerl mit dem langen Haar und dem roten Stirn¬band war Muts genug gewesen, Margrit geistesgegenwärtig aufzufangen. Er schaute nun ziemlich verdutzt auf das, was er da in den muskelbepackten Armen hielt.
Margrit lächelte ihm sehr dankbar zu : „Hallo!“ sagte sie leise und er grinste ein wenig unsicher zurück. „Will¬kommen bei den Maden!“ brummte er und Margrit erkannte dabei jene dunkele Stimme wieder, die sie schon die ganze Zeit gehört hatte. „Und du willst eine Guerilla werden?“ bemerkte er sehr verwundert weiter. „Bist ja ein Fliegengewicht, nur Haut und Knochen! “ Er ließ sie – so vorsichtig, als könne sie dabei zerbrechen - vor sich auf den Boden.
Margrit schwankte ein wenig. Sie schaute sich um. Sie befand sich in einem mächtigen Tunnelgewölbe. Die Wände glänzten feucht und wirkten irgendwie vermodert. Abwasser schaukelte nur einige Meter vor den – Margrit
schätzte , es wären ungefähr zwanzig – Guerillas wie ein breites, silbernes Tuch dahin und machte einige Meter weiter weg eine Kurve, wo hinter einer verschnörkelten Säule, die das alte Fundament stützte, Licht schimmerte. Hinter Margrit verzweigte sich der große Tunnel, der wohl bereits im späten Mittelalter erbaut worden war und damals vielleicht schon den Menschen als letzte Zuflucht gedient hatte, in drei schmalere Gänge, von denen der eine nur mit kleinen Funzeln ebenfalls recht schwach beleuchtet war, die anderen hingegen sogar in totale Dunkelheit hineinführten. Margrit fühlte sich nach alledem, was sie durchgemacht hatte, plötzlich erschöpft und irgendwie krank, aber sie spürte auch ganz genau, wie alle Augen auf ihr ruhten.
„Tja, die ist wirklich sehr zart!“ rief endlich jemand aus der Menge und hob seine Laterne, damit alle Margrit genauer in Augenschein nehmen konnten. „Aber vielleicht kann man sie hochpäppeln?“
„Weiß nicht! Das soll Margrit sein?“ meldete sich nun auch ein anderer ziemlich skeptisch, der genau wie dieser ein Maschinengewehr über der linken Schulter trug .
„He, wir haben dich draußen über unsere Monitoren mit den Hajeps herumturnen sehen. Du warst genial!“ rief plötzlich die Frau mit der dunklen Stimme, die Margrit auch schon so oft gehört hatte, richtig begeistert. Sie hatte kurzes, schwarzes Haar und trug ebenfalls ein rotes Stirnband. “Bist fünf Stunden lang fast immer nur gelaufen, und das bei dieser körperlichen Verfassung! Und dann diese Todesangst! Obwohl du so einiges hattest mit ansehen müssen, bist du eigentlich immer ziemlich ruhig geblieben. Wir wissen nämlich, dass es furchtbar schwierig ist, einen klaren Kopf zu behalten, wenn einem Hajeps hinterher sind.“
„Wirklich, ich muss mich Renates Meinung anschließen! “ brummte jetzt auch ein stämmiger Mann, der außer zweier Handfeuerwaffen und einem breiten Patronengürtel gleich mehrere Handgranaten am Körper trug. „Du hast immer genau im richtigen Moment Haken geschlagen oder plötzlich kehrt gemacht, wenn es erforderlich war!“
„Ja, woher hast du nur solche Instinkte?“ bemerkte nun auch ein Mädchen mit langen roten Haaren.
„Du solltest wissen, dass wir Maden Menschen mit psychologischem Gespür ganz dringend suchen!“ meldete sich nun von hinten ein ganz junger Kerl, der eine Axt über der Schulter trug. „Wir brauchen sie nämlich immer dann, wenn wir einfach nicht mehr weiter wissen! Und wir wissen oft nicht mehr weiter, nicht wahr, Dirkilein?“ Er gab seinem Kameraden, der für diese Verhältnisse ebenfalls erstaunlich gut bewaffnet war, mit dem Ellenbo¬gen einige `Knuffis´ und dieser gackerte gleich drauf los, nickte dabei aber zustimmend.
Da quietschte es plötzlich wieder im Schacht und dann sauste abermals etwas hinab und zwar haarscharf an Margrit und ihrem Retter vorbei. Margrit musterte stirnrunzelnd den notgelandeten Beutel mit Obst, denn gleich mehrere Äpfel waren dabei rausgerollt und lagen nun auf den feucht glänzenden Steinen. Offensichtlich war der Beutel George entglitten. So vollgepackt wie George war, schaffte er es kaum die Leiter hinunter. Margrit konnte ihn heute einfach nicht mehr begreifen. Hatte er ihr nicht vorhin noch laut und deutlich gesagt, dass die Hajeps ein fotografisches Gedächtnis hätten? Er war es doch gewesen, der ihr geraten hatte, alles möglichst so liegen zu lassen wie es war. Hatte er nicht sogar deswegen den einen Wäschesack selber aufgestockt, in dem sie sich vorhin versteckt gehalten hatte?
Sämtliche Laternen strahlten nicht nur zunächst den Beutel neugierig an, sondern auch von unten die langen Beine. Hose und Schuhe waren allen bekannt, so wie das kräftige Hinterteil, das sich jetzt zeigte. Auch brauchte der schwarze Schatten unten niemanden, der ihm half. Man merkte ihm an, dass ihm hier alles längst zur Gewohnheit geworden war, denn er sprang trotz schweren Gepäcks wie ein Panther einfach in die Tiefe.
„George, George!“ rief schon wieder alles aufgeregt und strömte ihm entgegen. Nur Martin tapste etwas zöger¬lich hinter drein. „He, nichts für ungut mit dem kleinen Witzchen von vorhin, ja?“ brummte er ziemlich schuld¬bewusst, nachdem er sich einen Weg durch die wilde Meute gebahnt hatte. Er hatte nun beide Hände so erhoben, als würde er sich George ergeben. „Wollt` doch nur diesen ganzen Haufen Hosenschisser für all das Gesummse so`n bisschen bestrafen! Is` mir ja auch für einen Moment geglückt. Das musst du schon zugeben! Aber hast schon Recht! Sowas sagt man nicht. Nicht einmal zum Scherz!“
George hatte keine Zeit mehr zu antworten, denn von allen Seiten wurde er bedrängt, redete die Meute auf ihn ein, stellte sie ihm Fragen. Er hielt sich deshalb lachend die Hände an die Ohren. Aber dann legte er kamerad¬schaftlich seinen kräftigen Arm um Martin, zwinkerte ihm verzeihend zu und drückte ihn, ganz zuvor Margrits Retter, kurz an sich, wie es eben nur mit diesen vielen Beuteln ging.
“He, was willst du mit all diesen Sachen, George?“ rief schon wieder jemand aus der Menge. George schmun¬zelte geheimnisvoll und dann ließ er beinahe feierlich einen Beutel nach dem anderen – es waren im ganzen sieben - inmitten der Menge auf die schlierigen Steine gleiten.
„Sind ... sind die etwa alle für uns?“ fragte das Mädchen mit der hellen Stimme neugierig und kam etwas näher.
Margrit, die neben George stand, schob sich ihre Brille auf der Nase zurecht, denn sie glaubte plötzlich an ihrem Verstand zweifeln zu müssen, weil sie ausgerechnet jene junge Mutter in diesem Mädchen wiederzuerkennen meinte, welche ihr schon heute Vormittag die Satteliten der Außerirdischen erklärt hatte, gerade als die Stadt von den Hajeps angegriffen worden war. Aber wo hatte diese Frau dann ihr Baby? Margrits Blicke huschten suchend umher, doch sie konnte selbst bei bestem Willen hier nirgends ein kleines Kind entdecken.

Inzwischen hatte George mit lustigen Sprüchen zuerst Heiko -wie Margrits Retter von allen genannt wurde- ermuntert, in einen der Säcke reinzugreifen. Oh, wie johlte die Menge, als der langhaarige Bär plötzlich eine Flasche Bier in seiner Pranke hielt. George konnte wirklich sehr witzig reden, Margrit war ganz erstaunt, denn schon hatte er die Meute auf diese Weise ermuntert, endlich die Beutel zu plündern. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Jubelnd, ja, eigentlich kreischend, machten sie sich über die Säcke her.
„Guckt mal, was der George uns aber auch alles mitgebracht hat ...“
„Wirklich?“ hörte Margrit.
„Hm , lecker!“ vernahm sie immer wieder und : „Oh Gott, Äpfel! “
„Willst du mal hier reinbeißen, Heidrun?“
„Oh, verda-aaammt! Ja, das schmeckt aber auch ganz gut!“
Das Eigenartige daran war, das fand jedenfalls Margrit, dass niemand fragte, woher George eigentlich diese ganzen Genüsse bekommen hatte. Selbst Margrits Retter wendete sich ohne jede Hemmung den Beuteln zu, ja, er wühlte darin herum wie ein Verrückter. Da George, genau wie Margrit, nur dabei zuschaute, einen Apfel hatte er sich allerdings genommen, ergriff sie sich einfach dessen Hand. Er sah ihr erstaunt in`s Gesicht, während er vor sich hin kaute. Da es so laut geblieben war, machte sie ihm mit Zeichensprache deutlich, ob er sie nicht ein kleines Stück von dieser wilden Meute weg führen könnte? Er nickte und dann liefen sie an dem schimmernden Abwasserstrom vorbei um die Kurve. Hinter der Säule machten sie halt, weil es dort ruhiger war und sie mitein¬ander reden konnten, doch noch ehe Margrit auch nur den Mund öffnen konnte, hörte sie genau aus jenem Teil des Tunnelgewölbes, das sie gerade verlassen hatten.
„He, was is`n hier los? “ Zwei stämmige Kerle waren nämlich dort gerade aus einem der Seitentunnel zum Vorschein gekommen. Es wurde danach wesentlich stiller. Margrit lugte daher um die Säule herum und sah zu ihrem Erstaunen, dass diese Männer sich mit allerlei technischen Gerätschaften abmühten, an denen sie offen¬sichtlich schwer zu schleppen hatten. „Findet hier plötzlich ne heiße Fete statt, oder was?“ Sie waren stehen geblieben und musterten jetzt ärgerlich und neidisch die Meute, die immer noch unten am Schacht stand, in Säcken wühlte und munter irgendetwas in sich hinein futterte. „He, warum sagt uns denn hier keiner Bescheid?“ weitere Männer, ja sogar Frauen, waren nun ebenfalls aus dem beleuchteten Tunnel herbei gekommen. Einige von ihnen hatten gleich mehrere Kopfhörer um den Hals und ebenfalls recht altertümliche Monitore und andere technische Apparaturen mit beträchtlichem Gewicht in den Armen. Sie stellten ihre Sachen ab, stemmten die Fäuste in die Hüften und schüttelten verwirrt ihre Köpfe, weil schon wieder alles lachte und jubelte und weil sogar Martins Stimme völlig im Trubel unterging.
„Wo kommen denn plötzlich diese vielen technischen Geräte her? “ fragte Margrit verdutzt und schaute über ihre Schulter hinauf in Georges Gesicht. Der biss in alles Ruhe noch ein Stückchen von seinem Apfel ab.
“Aus unserem Kontrollraum“, erklärte er kauend. „Weißt du, lange Jahre haben wir unter dieser Stadt unsere Zentrale gehabt. Wir brauchten ein Plätzchen, von dem die Hajeps denken sollten, diese elektrischen Wellen sind noch von den alten Radios und anderen Geräten der Menschen dieser Stadt. Denn du weißt ja, eine einzige Radiostation oberhalb der Erde durfte ja jedes Land eigentlich behalten, damit uns die Außerirdischen auch darüber erreichen können, wenn sie uns mal etwas mitzuteilen haben.“
Margrit nickte. „Und nun zieht ihr um?“
„Richtig! Gott sei Dank haben wir jetzt Zeit genug dazu und müssen nicht alles stehen und liegen lassen!“
Margrit sah jetzt, dass einer der Guerillas, welche die Geräte geschleppt hatten, sich nun einen Weg durch die Menge gebahnt hatte, um zu sehen, was da los war und er kam nun mit einem großen Stück Käse in der Hand zurück, das er sich dabei erkämpft hatte
„Schade, das Bier is´ schon alle!“ brüllte er. „Sind ja die reinsten Gierschlunte, sage ich euch.“ Er gab jedem ein Eckchen ab.
„Ich verstehe nur nicht, weshalb ihr so laut seid!“ wisperte Margrit George zu. „Und auch nicht , warum du diese Beutel...“ Sie brach ab und sagte dann : „Die gehören doch den Hajeps!“
„Nein, den Menschen!“ protestierte er.
„Aber George, die Hajeps werden wiederkommen und dann?“
„Margrit, sicher hast du gesehen, dass ich vorhin mit Karlchen telefoniert habe, richtig?“
„Von Karlchen weiß ich zwar nichts, aber trotzdem richtig!“
„Dazu solltest du wissen, dass jeder von uns einen besonderen Job hat. Somit ist Karlchen ein Beobachter. Er ist sogar einer unserer besten Beobachter und deswegen habe ich ihn angerufen und der hat mir mitgeteilt, dass sämtliche Hajeps inzwischen die Stadt verlassen mussten, weil immer mehr jiskische Jäger Zarakuma, den Regierungssitz unserer Feinde, attackieren würden!“ George schmunzelte jetzt richtig schadenfroh.
„Aha, und weil sämtliche Hajeps sich eine Schlacht mit den Jisken um Zarakuma liefern, hast du dir plötzlich gedacht: lenk` die Meute doch erst einmal ab und zwar mit diesen Beuteln hier.“
George nickte und seine Augen leuchteten.
„He, das hast du wirklich gut gemacht George. Doch jetzt sind deine Freunde mehr oder weniger voll gefressen und was machst du nun?“
„Na, im Augenblick helfen sie Bert, siehst du? “ Margrit nickte und sah mit Erstaunen , wie jetzt wirklich jeder mit anpackte. Die Guerillas gingen oder kamen schwer bepackt aus jenem Tunnel, der erleuchtet war. „He, vielleicht fällt ja mal Margrit zur Abwechslung eine kleine List ein?“
„Ganz bestimmt nicht, George. Denn ich kenne hier ja kaum jemanden und weiß daher auch nicht, wie ich mit denen umgehen soll! Es tröstet mich nur, dass sie mir vorhin nicht allzu feindlich begegnet sind!“
„Sie bewundern dich, Margrit. Du bist zäh, du bist sportlich, du bist ganz schön abgebrüht!“
„Geoorge?“ knurrte Margrit völlig fassungslos und drehte sich dabei wieder vollends zu ihm herum . „Ich mag vielleicht alles mögliche sein, aber abgebrüht bin ich nun wirklich nicht!“
„Doch, doch! Und ich glaube schon, dass wir dich sehr brauchen werden , Margrit!“
„Aber, als was?“
„Nun, du bist Psychologin, nicht wahr?“
„Bin ich und jetzt?“
„Hat die Meute denn nicht auch über dein besonderes Gespür für Gefahren geredet?“
„Ja, das haben sie, aber das ist doch alles Quatsch, George!“
„Jeder hier in unserem Kreis hat eine besondere Aufgabe, Margrit, und deine wird höchst wahrscheinlich die eines Profilers sein ...“
„Wie das?“ Sie kicherte verstohlen. „Ich kann mir so etwas Komisches gar nicht vorstellen? Werde ich ganz alleine irgendwo sitzen oder ....“
„Nein, du wirst nicht alleine sein sondern mit einem weiteren Profiler zusammen arbeiten. Nämlich mit mir!“
Margrit schob sich ihre Brille auf der Nase zurecht. „Waas .... hast du doch gleich gesagt?“ Sie blickte mit großen Augen zu ihm hinauf. „Du bist in Wahrheit gar kein Hajepforscher sondern auch ein Psycholog ...äh ... so ein Profiler?“
In diesem Moment knallte es ganz erheblich hinten in den Tunnelgewölben. Die gewaltige Explosion ließ Steine und Putz hinunter prasseln, zusätzlich polterte es bedenklich im Schacht. Die Guerillas schrieen gellend auf, umgeben von dichtem Staub ließen sie die Sachen stehen und zogen ihre Waffen.
„Doch die Hajeps?“ stotterte Margrit entsetzt.
„Ich ... ich kann mir das jetzt auch nicht erklären!“ keuchte George . Er hatte ebenfalls seine Waffe gezogen „ Aber komm ....wir müssen hier weg!“

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