Das Licht der Hajeps
von doska

 

Das Licht der Hajeps Kapitel 14d

Obwohl der Lärm längst vorbei war, wagte sich Gulmur nicht zu rühren. Er hatte seine langen, haarigen Arme um die Knie geschlungen und den breiten Kopf mit dem Kraushaar zwischen die Schultern gezogen. So kauerte er immer noch ängstlich in dem Kleiderschrank hinter ein paar ordentlich aufgehängten Hemden, Hosen und Blusen. Hier war es sehr stickig und er schwitzte mächtig, doch er hatte Angst, dass Menschen diese Wohnung wieder betreten würden, nachdem die Jisken und Hajeps diese Stadt verlassen hatten. Sein Herz klopfte und ihm wurde übel, sobald ihm auch nur flüchtig all das Schreckliche und Unfassbare wieder in Erinnerung kam. All das, was mit dem Vater, den treuen Freunden, mit seiner Mutter und - das gab seinem Herzen den größten Stich! – mit seinem kleinen Bruder geschehen war. Trukir war doch immer so ein argloses Kind gewesen und die ganze Zeit während der Flucht hatten sie sich alle wie verrückt darum bemüht, ihm seine Lebensfreude zu erhalten. Nun würde es damit für den Kleinen entgültig vorbei sein. Gulmur fletschte die langen, spitzen Zähne. Sobald er hier hinaus war, würde seine Rache furchtbar werden. Wehe, wenn es hier noch ein paar verbliebene Hajeps gab. Er würde über sie herfallen, ihnen das Fleisch mit seinen scharfen Zähnen aus dem lebendigen Leibe reißen. Ja, er würde mit ihnen spielen, wie sie das mit seinem kleinen Bruder getan hatten, so lange, bis sie es bereuen würden, je geboren worden zu sein. Und das alles hatten diese erbarmungslosen Hajeps nur getan um heraus zu bekommen, wer von ihnen noch Danox besitzen könnte. Er schüttelte fassungslos den Kopf. Dadurch rutschte ein Hemd vom Bügel, fiel auf sein grünes, abstehendes Struwwelhaar. Er schob es sich mit einer unwirschen Bewegung vom Kopf, zog es sich von der weit vorgewölbten Schnauze.
Bei den Göttern des Alls, die Jisken waren zwar ein eigenartiges Volk, das auch unvorstellbare Dinge zu tun fähig war, getrieben von einem unbändigen Hass gegen die Hajeps, aber sie hatten sich heute zu Gulmurs Überraschung von einer ganz anderen Seite gezeigt. Unter Einsatz ihres Lebens hatten sie den Kampf mit den tückischen Hajeps gewagt, nur um seinen Vater und die Freunde zu befreien. Schrecklich, dass dabei das Glück nicht auf ihrer Seite gewesen war und sie so viele Verluste hatten erleiden müssen.
Ihm, Gulmur, war es bei diesem Handgemenge jedoch gelungen zu entkommen. Er hatte sich in dieses Mietshaus geflüchtet und trotzdem auf den sicheren Tod gewartet, weil es die hohe Technik den Hajeps eigentlich ermöglichte, jeden Flüchtling wieder einzufangen, wenn sie wirklich darauf aus waren.
Immer noch war er erstaunt, dass er lebte. Zögernd kroch er aus dem Kleiderschrank, ängstlich in alle Ecken schauend. Nein, da war niemand. Oder doch ein paar Soldaten, die mit ihm vielleicht nur einen kleinen Scherz machen wollten?
Er tappte durchs Schlafzimmer, immer noch mit weichen Knien. Würde jetzt jemand - zum Beispiel aus dem Vorhang da – hervorspringen? Er schluckte und die gelben Augen flackerten, als er weiter schlich. Und wenn ihm nun die Besitzer der Wohnung begegneten? Die würden dann bestimmt laut loskreischen, wenn sie solch ein grün behaartes Geschöpf wie ihn hier so schleichen sahen und was machte er dann? Seine giftgrüne Zunge huschte bei diesem Gedanken kurz über die schmalen, harten Lippen. Laute Menschen konnten Hajeps ganz gewiss aufmerksam machen. Er nahm deshalb das Seil fester in die Hand, das er schon die ganze Zeit mit sich getragen hatte. Bei Ubeka, er würde schneller sein als jeder Mensch, ihm diese Schlinge um den Hals legen und der Tod würde eher kommen als der Ton. Er schaute nun mit seinen kleinen gesprenkelten Augen aus dem Fenster, blickte auf die von hübschen Büschen und hohen Bäumen eingefasste Straße. Nein, keine Hajeps zu sehen. Also los, raus in die Freiheit.
Er hüpfte mit seinen kurzen, krummen Beinen schnell über die vielen Treppen, schwang sich zum Schluss über das Geländer, sprang einfach zur letzten Etage hinunter. Seine langer, muskelbepackter Arm riss mit einem Ruck weit die Haustür auf. Unten auf der Straße sah er erst einmal hinauf in die Blätter, tankte die frische Luft. Sowohl Hajeps als auch Jisken waren ja empfindlich und konnten ohne Helm auf diesem herrlichen Planeten nicht leben. Trowes jedoch schon! Er rieb zufrieden die scharfen Zähne gegeneinander. Er würde sich nun umschauen und ... plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Schulter.
„Bei Ubeka und Anthsorr, wen haben wir denn hier?“ hörte er auf hajeptisch, der meist gesprochenen Sprache des Sonnensystems von ´Raik Somto´.
Der Trowe erbleichte, dann fuhr er mit einem Satz herum und ... atmete erleichtert aus, denn er hatte ihre Zeichen auf den Uniformen erkannt. Hinter ihm standen drei riesige, schwer bewaffnete Jisken.

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Munk war völlig verzweifelt. Sein schwarz weiß gescheckter Schwanz schliff fast auf dem Boden und die schwarzen Ohren hingen schlaff nach vorne. Was war denn jetzt wieder passiert? Konnte man nicht einmal in seinem Leben seine Ruhe haben? Wie immer war er natürlich völlig unschuldig bei dieser ganzen Sache. Das alles hatte sich ja nur ereignet, weil die grässlichen Zweibeiner, also die, welche immer seine Leute drangsalierten, ihre unterirdischen Eingänge früher verschlossen hatten als sonst.
Er war nicht der Jüngste und das Jagen fiel ihm schon seit einiger Zeit nicht mehr so leicht. Es plagten ihn Schmerzen in den Knochen, vor allem hinten am Rücken. Da ging das Springen etwas schwer und auch beim Anschleichen, knackten bisweilen die Knochen und verscheuchten somit die beschwerlich erlauerte Beute. Dann kam noch hinzu, dass die widerlichen Zweibeiner etwas gegen Ratten und Mäuse ausgelegt hatten, woran er fast gestorben war. Heute ging`s ihm zwar etwas besser, aber die Suche nach Beute hatte ihn doch erschöpft.
Eigentlich wäre längst Zeit für ein Nickerchen gewesen, als er einen höchst vertrauten Zweibeiner weiblichen Geschlechts auf offener Straße wiedererkannte. Schnell wollte er hinterher, aber dann stoppte er doch. Der Käfer – also dieses Ding mit dem er früher oft herumgespielt hatte – folgte ihr. Bei seiner seligen Mutter, hatte der sich aber verändert! So war der ihm wirklich nicht mehr geheuer!
Also folgte Munk den beiden nur mit einem gewissen Abstand in die Stadt. Obwohl er hier und da etwas zum Schnüffeln und manchmal sogar etwas lecker Verfaultes zum Essen fand, ließ er die beiden nicht aus seinen schrägen Katzenaugen.
Allerlei Unruhiges war dann später passiert. Zum Beispiel hatte es plötzlich riesengroße Flatterlinge am Himmel gegeben und danach unnötiges Geflitze durch die Straßen. Man war wieder überall sehr laut gewesen. Niemand hatte daran gedacht ein Nickerchen zu halten. War wieder mal typisch! Und dann hatte da plötzlich dieser komische Behälter vor ihm mitten auf dem Bürgersteig gelegen. Weich war er. Munk hatte ihn kurz mit der Pfote angetippt. Jemand von diesen vielen Krachmachern musste ihn wohl vorhin verloren haben ... und er war rund ... RUUUND? Na ja und da war sie wieder über ihn gekommen, diese rätselhafte Lust, unbedingt damit herum spielen zu müssen. Vergessen waren die alten Knochen, vergessen, dass er kaum etwas in den Magen bekommen hatte, vergessen, dass sich die Zweibeiner um ihn herum immer noch ziemlich hirnrissig benahmen, vergessen auch der seltsam veränderte Käfer! Er gab dem Ding einen gekonnten Klaps und es sauste los. Die alten Knochen knirschten zwar als er hinterher wieselte, doch er konnte nicht anders, als diesem `paff´ zu lauschen, abermals los zu brettern, und dann wieder dieses ´zack´ zu hören und ... uuups? War ER das etwa gewesen, der das Ding so ein bisschen doll gegen den Baum dort hinten gepfeffert hatte? Gedankenvoll tippte er mehrmals mit der Pfote darauf. Und dann überkam ihn etwas anderes, wofür er sich jetzt noch schämte. Bei seiner seligen Mutter, warum bloß hatte er das getan? Er packte nämlich das Ding mit seinen wenigen Zähnen, schüttelte es wie wild, klatschte es auf den Boden und sprang dann mit allen vier Pfoten gleichzeitig darauf. Dabei hatte es unter ihm irgendwie ´zwosch´ gemacht und danach war nicht nur sein ganzes Fell mit einer sonderbaren Flüssigkeit bespritzt gewesen, er hatte auch noch soviel davon eingeatmet, dass er niesend, hustend und sich würgend mit einem Male völlig in sich zusammen gebrochen war.
Und ab da - nachdem er wieder wach geworden war - na ja ... ging es ihm halt so komisch! Er konnte das nicht begreifen! Also, über die Knochen, da gab es plötzlich nichts mehr zu meckern ... die spürte gar nicht mehr und hatte sogar inzwischen im lockeren Trab die Stadt verlassen und dabei zwei stramme Mäuse erlegen können ... aber ... was war plötzlich mit seinem Fell? Er hatte den Eindruck er verlor dauernd etwas davon! He, am Hintern war er sogar - wohl schon seit einer Weile - völlig nackt? Oh nein, wie peinlich?
Und den seltsam veränderten Käfer samt Frauchen hatte er auch nicht mehr wieder gefunden. Dafür war es aber inzwischen schön ruhig überall. Sollte er nun ein Nickerchen halten oder nicht? Nachdenklich bewegte er die kahle Schwanzspitze dabei hin und her.
He, da hörte er ja Blechbüchsengebrumm! Jemand kam also dort hinten die Straße entlang gefahren. Zweibeiner, wie nett! Und die eine Männerstimme kam ihm sogar bekannt vor. Er spitzte die nackerten Ohren, öffnete die Schnauze um laut zu maunzen und zwei Schnurrhaare fielen dabei hinab. Grässlich, das war wirklich gar nicht mehr schön! Ach, ach, er hatte jetzt sogar den Eindruck, dass zwei Zähne zu wackeln begonnen hatte.

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„Du hast Recht, sie scheinen wirklich alle weg zu sein.“ Martin suchte trotzdem noch einmal mit Georges ´Jawubani´ den Himmel ab.
„ Puh, gut, dass wir uns noch schnell verstecken konnten!“ ächzte Renate, die ebenfalls ein Fernrohr vor Augen hatte.
„Tja, solche kleinen, geheimen Verstecke lohnen sich eben doch!“ Erkan zwinkerte den beiden zu und verstaute das seinige. „Frage mich nur, weshalb sie so plötzlich wieder verschwunden sind?“
„Das brauchst du dich gar nicht großartig zu fragen“, entgegnete Martin, während alle drei aus der kleinen, schmalen Höhle hervorgekrochen kamen. „Sie haben die Jisken in einem für ihre Verhältnisse ziemlich langen Kampf vertrieben und nun ist für sie alles erledigt!“
„Alles, wirklich alles? Ich bin da noch skeptisch!“ meinte Renate und klopfte sich dabei Sand, Moos und Würzelchen von ihrer Hose.
„Na, weg sind sie jedenfalls!“ knurrte Erkan, sich ebenfalls abklopfend. “Jedenfalls die, welche hier im Südwesten gelandet sind.“
„Und die anderen? Brrr,“ Renate schüttelte sich, “Jisken UND Hajeps! Das war heute ja wirklich der
Gipfel!“ Und dann begannen sie gemeinschaftlich den Eingang der Höhle wieder zu tarnen. „Warum sie wohl ausgerechnet hier miteinander gekämpft haben?“ fragte dabei Erkan. „Ich meine, die Stadt war doch leer.“ „ „Stimmt!“ knurrte Martin. „Da gab`s wirklich nichts mehr zu holen! Na, George?“ Aus dem Augenwinkel hatten die drei ihn angesehen. “Auch alles gut überstanden?“
„Hat er!“ erwiderte für ihn Gesine und warf dabei einen ihrer langen, blonden Zöpfe zurück über ihre Schulter „War ja direkt gemütlich unsere Höhle! Nicht wahr, Georgilein?“
Dieser nickte nur knapp. Er war tief in Gedanken.
„He, wie geht’s deinem Fuß?“ meinte nun auch Martin, der nun noch eine paar frische Zweige über das kleine Bäumchen drapierte, welches sie direkt vor den Höhleneingang gepflanzt hatten. „Bisschen besser jetzt?“
George konnte sich nur mit Mühe aus seinen Gedanken reißen. „Kaum, aber San Chao meinte, da ist nichts gebrochen. Ein Bänderriss höchst wahrscheinlich!“
„San Chao ist kein Arzt. Der sollte die Klappe halten!“ murrte Martin und warf diesem dabei einen strafenden Blick zu.
„Zu Befehl, M.M.“ San Chao grinste. “Aber George darf ich doch wohl halten! “ Und schon legte er einfach den Arm um George um ihn zu stützen.
“He, lass deine feuchten Griffel von mir!“ protestierte George, schlug um sich, fiel aber dabei fast hin. „Das schaff` ich schon alleine!“
„Dickkopf!“ Gesine und Renate lachten ärgerlich. „He, an was denkst du eigentlich dauernd?“
„Gott, an seinen Knöchel bestimmt nicht!“ knurrte Martin.
„Wow, der ist ja immer noch so dick, George!“ ächzte Renate mitleidig. “Gut, dass du den Schuh ausgezogen hast, aber Barfuss?“
„Bin ich gewohnt!“ lachte George ziemlich verkrampft, während er ihnen hinterher humpelte. “So genannte Kindheitserfahrungen ... wann taucht endlich unser Jambo auf?“ Er spähte keuchend in die Ferne.
„Nur Geduld! Voilà!“ Erkan war inzwischen zu einer mächtigen Weide mit herab hängenden Zweigen gelaufen und zog nun mit einer stolzen Geste die grün-braun gemusterte Plane vom Jeep. Abgebrochene Äste und Zweige, mit denen man den Jambo noch zusätzlich getarnt hatte, rutschten dabei hinunter. Die Freunde halfen ihm, weiteres Gesträuch aus dem Weg zu räumen. George wollte mit zupacken, wurde aber zum Warten verdammt.
„Soll ich euch, so lange ihr zu tun habt, endlich mein Erlebnis erzählen?“ fragte er. “Ihr habt mich ja vorhin gar nicht danach gefragt.“ Seine Stimme klang jetzt direkt ein bisschen beleidigt. „Habt mich einfach aufgelesen, wie so`n Ding, seid gleich los mit mir über Stock und Stein ....“
„Na ja, wir hatten wohl kaum Zeit für unnötige Plappereien!“ murrte Martin und warf dabei einen schweren Ast ins Gebüsch. „Sei froh, dass wir dich bei diesem ganzen Durcheinander überhaupt gefunden haben und dass du von da weggekommen bist“.
„Und dass du lebst!“ schnaufte Renate. Sie hatte einen ganzen Berg kleiner Äste in den Armen.
„Jetzt aber kann ich doch ....?“ fragte George.
Mal mehr, mal weniger begeistert, stimmten sie schließlich zu.
Georges Augen leuchteten, als er begann. Hatte er doch dabei noch einmal alles ganz deutlich vor Augen, sah die hügelige Landschaft vor sich, den umgestürzten Jambo neben der Straße und Margrits Wolljacke, auf der er sich ausgestreckt hatte. Das lange Warten auf die Freunde war schließlich so langweilig gewesen, dass er aufgestanden war, um nach weiteren verstreuten Gütern zu suchen, nur um sich zu beschäftigen. Dabei hatte er sogar einen dicken Ast gefunden, auf den er sich stützen konnte. Und dann hatte er plötzlich Lärm in der Stadt gehört und dabei sofort an Margrit gedacht. Gerade als er sich entschlossen hatte, mit gezogener Waffe in die Stadt zu humpeln um ihr zu helfen, hörte er die typischen Geräusche außerirdischer Flugzeuge und dann waren sie auch schon am Himmel zu sehen
George war vor Schreck wie versteinert, dann aber kam ihm der Gedanke, sich in Sicherheit zu bringen. Schließlich faszinierte ihn dieser elegante Kampf Jisken gegen Hajeps dermaßen, dass er nicht mehr fähig war, sich vom Fleck zu rühren. Nach einem brillantem Flugmanöver beider Trestine wurde die hajeptische Maschine schließlich dermaßen schwer am linken Flügel getroffen, dass sie ganz in der Nähe von George notlanden musste. Kurz danach war auch das jiskische Trestin gelandet und der Krieg ging einfach am Boden weiter.
Nun erst versuchte sich George in Sicherheit zu bringen. Zu spät wohl, denn er hatte bei der Eile die Belastbarkeit seines Fußes gründlich überschätzt. Der Knöchel hatte sich in eine dicke Beule verwandelt und er hörte die kämpfenden außerirdischen Truppen näher kommen. Wo sollte er nur hin? Da, dieser Hügel war wohl günstig. Kaum hatte er den erreicht, verkroch er sich im Gebüsch, schliff sein Bein dabei vorsichtig hinter sich her und wer lag dort und schien nur noch ganz schwach zu atmen? Ein Hajep!
Georges Herz machte einen heftigen Sprung, denn beinahe hätte er ihn auch noch angerempelt. Hier war es ziemlich dunkel. Nun keuchte auch er, jedoch aus einem anderen Grunde, nämlich vor Entsetzen. Wie gelähmt starrte George für eine ihm endlos erscheinende Zeit nur noch auf den Feind, denn dieser war schwer bewaffnet und er selbst hatte lediglich einen kleinen Revolver in der Hand. Was sollte er nur tun? Wegschleichen? Was war, wenn der Soldat vielleicht durch ein unbeabsichtigtes Geräusch von ihm auf ihn aufmerksam wurde? Also muckste er sich vorerst nicht und dachte stattdessen weiter nach. Seine Gedanken jagten sich, denn er hörte dabei auch, dass die Jisken zu ihnen geschlichen kamen. Warum lediglich Jisken? Na ja, für George war das im Grunde egal. Jisken, Hajeps, Loteken … sie töteten gleichsam Menschen. Verdammt, was sollte er nur tun? Dauernd warten konnte er nun wirklich nicht mehr. Sich leise wegschleichen war wohl doch das Beste. Nein, dann konnte ihn dieser Hajep womöglich in den Rücken schießen! Schlief der oder was war mit dem los? Er musste ihn entwaffnen, aber wie, ohne dass der dabei zu sich kam? Erschießen – was er in diesem Falle sehr ungern getan hätte - konnte er ihn nicht, denn er hatte keinen Schalldämpfer für den Revolver und so hätten es die Jisken auch gehört. Nun, er würde so tun, als ob er eben vor hätte ihn zu erschießen. Also nur Angst einjagen, okay! Er drehte sich ganz zu ihm herum, die Zweige bebten und im Nu war der Hajep wieder auf den Beinen, keuchte zwar immer noch, aber hockte jetzt dicht vor ihm, wie eine Raubkatze.
„Pin to me dendon, pine noi tor rir dendon!“ raunte George ihm auf hajeptisch zu. „Tust du mir nichts, tue ich dir auch nichts!“ Und der Revolver zuckte in seiner Hand.
Der Soldat schien offensichtlich für einen Moment irritiert, dass George seine Sprache beherrschte, doch dann nickte er matt und erhob sehr langsam beide Hände. George wollte gerade erleichtert ausatmen, als der ihm mit einem gezielten Tritt aus der Hocke einfach den Revolver aus der Hand schlug. Das außerirdische Wesen war wahnsinnig geschmeidig, stürzte sich auf ihn, um ihn nur mit den Händen zu erwürgen. Also hatte der Hajep auch keinen Schalldämpfer für seine Waffen. War eigentlich klar, denn der Feind hatte überhaupt nicht mit einem erneuten Angriff der Jisken gerechnet. Es war deshalb ein ziemlich lautloser Kampf, ohne viel Bewegung, aber auf Leben und Tod.
George rang nach Atem. Zwar hatte die Kreatur eine ziemliche Kraft, doch die reichte nicht aus. George war stärker. Es gelang ihm, die Hände von seinem Hals zu ziehen und schmerzerfüllt fiel der Soldat nach hinten. Was war nur mit dem los? Täuschte der wieder nur oder ....? Keine Zeit zum Überlegen! Wie der Blitz riss George ihm den Waffengürtel vom Körper, packte das Gewehr auf seine Seite und dann tat er etwas, was ihm selbst unerklärlich war. Er kniete sich nämlich auf dessen Beine, drückte die Arme mit einer Hand nach hinten und mit der anderen suchte er nach einer Stelle, wo die Halterung für den Helm war und hob mit zitterigen Fingern einfach dem Soldaten den Helm vom Gesicht.
War es Neugierde gewesen? Das große Interesse, das er schon immer für die Hajeps empfunden hatte? Ein überraschtes “Oh?“ entfuhr seinen Lippen, denn es war eine wunderschöne Frau, die er da unter seinem Körper vergraben hatte und die nun mit großen, ängstlichen Augen zu ihm hinauf sah. „Mein Gott, bist du schön!“ flüsterte er fassungslos, richtete sich ein wenig auf, um sie besser betrachten zu können. Er lockerte nun doch etwas den Griff an ihren Armen. „Wie ein Engel.“ Weiter kam er nicht, denn schon hatte sie ihm eine Hand entwunden und es blitzte ein Messer auf, welches die junge Frau versteckt an ihrem Körper getragen hatte. Rote Augen funkelten George unter dichten, schwarzen Wimpern tückisch an. Das dunkelblaue, in unzählige kleine Zöpfchen, verziert mit Perlen und Talismanen, geflochtene Haar fiel ihr dabei zur Hälfte übers Gesicht. Sie warf den Kopf zurück und er entdeckte eine pferdeähnliche Tätowierung direkt zwischen ihren Augen.
„Ke loba, kir pin to tiz?“ zischelte die Hajepa hinter ihren herrlichen Zähnen hervor.
Doch er hatte mit einem weiteren Angriff gerechnet und drückte die Hand mit dem Messer neben sich auf den Boden. Er blickte auf diesen sinnlichen Mund und ... es war der reinste Wahnsinn! ... hätte den am liebsten geküsst.
„Utscha ir!“ wisperte er. „Noi zenedo tos tirpano! Ich lasse dich laufen. Hast du das begriffen?“
Sie keuchte so sehr, dass er nun auch zwei wohlgeformte Brüste unter ihrem Anzug erkennen konnte.
„Kamto to tes kontriglus pinon?“ erwiderte sie kalt. „Far kos to a millik!“
„Ja, vielleicht hast du Recht und ich bin dumm!“ erwiderte er ebenso ruhig. “Ich werde dir jedenfalls deine Waffen zurück geben. „To ujo ango tlebios sujelsa! Hast du das begriffen? Nenulonta?“
„Noi ... noi kal ango xrawin?“ ächzte sie verwundert.
„Okay, du magst mein Xrawin, mein Feind, sein, aber ich bin nicht deiner! To banis moi xrawin sio, galet noi kal
dendo angon. Siehst du ... “, er wies durch die Äste des Gebüschs. „Sanga to ... dort kommt dein wirklicher Feind ... pla Jisken!“
Ihre schwarz umrandeten Augen folgten seinem Finger und sie nickte. „Twach jisk!“ ächzte sie entsetzt.
Er strich ihr vorsichtig über das Haar um sie zu beruhigen und sie fuhr verwundert vor seiner Hand zurück. Einen Moment lang sahen sich beide tief in die Augen, doch dann wendete sie ihr Gesicht von ihm ab.
„Noi wet dendo rug angona tlebios!” sagte er leise. „Ich kann nicht mit deinen Waffen ....umgehen, aber du ... galet to! Du kannst uns beide retten!“
Und dann hatte er ihr tatsächlich den Helm und die Waffen wiedergegeben, keine Sekunde zu früh. Schon waren die Jisken da. Die junge Hajepa konnte hervorragend zielen, schien aber verletzt zu sein, denn George musste sie immer wieder stützen, ihr manchmal sogar aufhelfen und zum Schluss hatten sie sich so eingespielt, dass er ihr die entsprechende Munition reichen konnte.
Schließlich schlichen sie nur noch an jiskischen Leichen vorbei, aber dann hörten sie Stimmen. Die Freunde der Hajepa waren gekommen, suchten nach ihr. Schon waren sie da. Sie hatten den zerstörten Jambo von George entdeckt und wähnten deshalb Menschen in der Nähe. Suchend schauten sie sich um.
Georges Herz hämmerte. Er hatte sich wieder hinter einem der Hügel versteckt, dicht neben ihm kauerte die schöne Hajepa wie eine Katze im Gebüsch. Würde sie zu ihm halten oder ihn verraten? Sie schob die Zweige beiseite, lief etwas taumelig ihren Kameraden entgegen.
Zu Georges Überraschung zeigte sich niemand von ihnen besorgt, dass sie vielleicht verletzt sein könnte, auch bedauerte sie keiner. Außerdem waren bei ihnen kaum Anzeichen von Freude zu erkennen, dass endlich die Gefährtin wiedergefunden worden war.
“Lumantis mira?“ fragte nur der vorderste der Soldaten in knappem Ton. Sie schwieg, senkte dabei nachdenklich den Kopf, wendete sich um, blickte nach dort hin, wo George kauerte und dann sagte sie mit ihrer samtweichen Stimme: „Denda, truxin domar to?“
George sah noch immer das Bild vor sich, wie die zehn Hajeps von dannen trotteten, die Köpfe mit den schweren Helmen gesenkt. Zuletzt lief sie, zwar immer noch schwach, jedoch auf langen Beinen und elegant wie eine Katze. In einem unbeobachteten Moment nahm sie alle Kraft zusammen, drehte sich zu ihm herum, hob dabei ein wenig das Gewehr von der Schulter, legte die Faust an ihre Brust und während sie den Arm in Georges Richtung ausstreckte öffnete sie die Hand, als würde sie ihm zum Abschied etwas damit sagen wollen und es war eine für diesen Feind höchst erstaunliche, weil beinahe zärtliche Geste gewesen.

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Nun saßen sie im Jambo. George hatte gerade seinen Bericht beendet. Der Wind peitschte ihm die Haare ins Gesicht, aber es war ihm nicht kalt. Renate hatte ihm trotz seines Protestes eine warme Decke um die Schultern gelegt. Die Sonne schien noch ein bisschen. Er hatte den letzten Rest Apfelsaft ausgetrunken, aber immer noch Durst. Der erdige Duft frisch geernteter Kartoffeln durchzog den Jeep, der gerade wieder aus einer Sandmulde der schmalen Straße hinaus gefunden hatte, über die sie gerast waren. Georges Fuß war zwar sehr gut von San Chao verarztet worden, aber er schmerzte doch noch ganz schön. War ja klar, denn er hatte dem heute trotz Bänderriss viel zu viel abverlangt.
Dicht gedrängt saßen sie auf den schmalen Sitzen und niemand sprach ein Wort, denn sie mussten wohl erst einmal all das seelisch verarbeiten, was ihnen George gerade berichtet hatte. Tja, wahrscheinlich hatte George nur deswegen diesen großen Durst, weil er sich dabei heiser gequatscht hatte.
George sah, dass die Sonne inzwischen längere Schatten warf. Er blinzelte, denn in seinen Wimpern funkelten plötzlich Tränen, weil ihm mit einem Male klar geworden war, dass es inmitten der brutalen Feinde womöglich zwei Personen geben könnte, auf welche die Menschen ein wenig hoffen durften: Diguindi und .... oh, er hatte ja ganz vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen. Wer sie wohl war? Durfte bei den Hajeps überhaupt eine Frau Soldat sein? Er hatte noch nie davon gehört. Und wenn sie sich nur eingeschmuggelt haben sollte, weshalb konnte sie dann derart gut schießen? Welche Gründe konnten sie dazu bewegt haben, diese Truppe zu begeleiten? Zweifelsohne war sie nicht nur eine rätselhafte sondern auch mutige Frau. Bei diesem Gedanken angekommen, durchfuhr ihn wieder ein kalter Schreck, denn auch Margrit war ja heute sehr furchtlos gewesen. Oh Gott, was mochte wohl inzwischen mit ihr passiert sein? Hatte sie es noch rechtzeitig aus Würzburg hinaus geschafft? Das erschien ihm noch immer nicht unbedingt sicher.
„Aber diese Hajepa hat nicht hübscher ausgesehen als ich?“ fragte nun Gesine und knuffte George in die Seite, auf dass er aus seinen tiefen Gedanken erwachen sollte.
„Wobei man sich fragt, wie man denn rote Augen und blaue Haut überhaupt als schön empfinden kann!“ fügte Erkan einfach zu Gesines Worten hinzu und San Chao grinste.
„Puh, wie ekelig!“
„Ist eben Geschmackssache!“ kicherte nun auch Renate.
„Menschenkind, Gesine“, seufzte Martin, weil George noch immer keinen Ton von sich geben hatte. „Du kannst ganz unbesorgt sein. Ich bin mir sicher, das alles hat unser guter, lieber George bestimmt nur geträumt. He, he, ist es nicht so mein Kleiner?“ Er zwinkerte George zu und wollte dabei gleich den Arm um ihn legen.
George stieß dessen Arm, so gut es bei dieser Enge ging, von sich fort. „Erstens bin ich nicht dein Kleiner und zweitens habe ich das alles wirklich erlebt und drittens kehrt sofort um. Wir müssen sehen, wo Margrit geblieben ist. He, vielleicht ist sie ja noch in der Stadt und wir könnten...“
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir die ganze Stadt nach deiner Margrit durchkämmen!“ fiel ihm Martin ziemlich ungehalten ins Wort.
„Es ist nicht MEINE Margrit!“ fauchte George, errötete aber etwas.
„George ist ja so dooooof!“ fauchte Gesine zu Renate herüber, die sehr wohl gesehen hatte, dass er rot geworden war.
„Also, ich glaube George die Geschichte mit der Hajepa auch nicht“, plapperte Renate ziemlich nachdenklich einfach dazwischen.
„He, fahren wir dann mal die kleine Kurve bei Pomadenmaxe vorbei, okay?“ bettelte George trotzdem weiter.
„Warum?“ murrte nun auch Erkan, der vorne am Steuer saß. “Wir haben doch gar nichts zum Tauschen dabei!“
Alles nickte.
„Okay, dann fahre ich eben später selber noch mal los!“ George verschränkte wütend die Arme vor seiner Brust
„Mit dieser Pauke von Fuß? Wie willst du das machen?“ San Chao wendete sich auf seinem Beifahrersitz zu George herum. „Das möchte ich sehen, he, he!“
„ Nanu?“ quietschte plötzlich Renate. „Seht mal ... ein ganz zutraulicher Fuchs!“
„Das ... das ist kein Fuchs ... irgend etwas anderes!“ wendete Martin ein, der das seltsam gescheckte Tier nun auch hinter einem der Hügel hatte hervorschleichen sehen. “Und es scheint krank zu sein!“
„Stimmt, es hat die Räude oder irgend sowas!“ meinte nun auch Erkan hinter seinem Steuer.
„Seht mal“, kreischte Renate, „an einigen Stellen ist es richtig kahl!“
„Oh, Gott, wie ekelig!“ Gesine wollte sich schütteln, so schrecklich fand sie das Viech.
„Das lebt bestimmt nicht mehr sehr lange!“ stellte Erkan klar.
„Worauf wartest du?“ krächzte San Chao, denn das Tier tat ihm leid. „Fahr einfach drüber, dann ersparst du ihm viel Leid!“
Erkan kniff die Lippen fest zusammen. „Na gut!“ presste er hervor, denn er tötete Tiere ungern. “Is´ ja eh wurscht, aber ich finde, es sieht mehr aus wie eine zwar räudige, aber schwarz-weiß gescheckte Katze!“
„He, was sagst du da?“ kreischte George. „Halt, stopp! Ni...icht! Das ist Muuuunk!“ Er war fast zu Erkan auf den Fahrersitz gekrochen und hätte ihm ins Steuer gegriffen, nur der dumpfe Schmerz im Knöchel hatte ihn noch daran gehindert.
„Bist du wahnsinnig?“ schnaufte Erkan fassungslos. Er hatte den schweren Wagen gerade mit Mühe zum Halten bringen können.
“Ja, was soll denn der Quatsch?“ schimpfte nun auch Renate.
„Äh...wer oder was ist hier Munk?“ staunte Gesine.
„Mä-au?“ kam Munk angejammert, kaum dass er Georges Arm aus dem Jambo hinunter hatte baumeln sehen. Ach, er fühlte sich ja soooo grässlich komisch! Hoffentlich brachte ihn dieser stark nach Parfüm duftende Zweibeiner endlich zu jenen Zweibeinern, die ihm gehörten, zurück.
„Lass bloß diesen Kater in Ruhe!“ knurrte Martin und schlug Georges Hand zurück. „Wer weiß, mit welch einer schrecklichen Seuche der sich infiziert hat...“
„Ach, das bisschen Haarausfall“, George lächelte zu Munk hinunter und wollte er die Wagentür öffnen. „Ich werde ...“
„Nein, George, beim besten Willen nicht!“ Die kleine Schar war sich diesmal ganz einig und schon brauste der Jambo davon.
„Määä-aaauuu?“ krächzte Munk verzweifelt und sehr laut. Einsam und allein trottete er schließlich die breite Landstraße entlang. Mal hier ein kleines und da mal ein größeres Fellbüschel verlierend. Und der Wind spielte damit, als wären es Federn oder Laub, so lange, bis die vielen Härchen mit Sand vermischt schließlich liegen blieben.

Ende Band I

Natürlich ist das kein richtiges Ende – weiß ich ja! Und wer noch Fragen zu dieser Geschichte hat, darf sie mir ruhig stellen. Ich werde sie ganz bestimmt beantworten. Keine Angst, die Fortsetzung ist schon fertig, muss nur noch überarbeitet werden. Habt also etwas Geduld! Der Titel lautet:

Das Licht der Hajeps - Zarakuma

Ich hoffe nun sehr, dass euch das Lesen des ersten Bandes vom “Licht der Hajeps“ genauso viel Spaß gemacht hat, wie mir es zu schreiben und wünsche euch noch schöne und hoffentlich sonnige Tage.
Liebe Grüße an Euch und usomi sri palta,
Doska

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