Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Vom Kriegsrat und was Jelke von König Æthalbert hält

Das Grauen des Morgens nahte und mit ihm das der bevorstehenden Schlacht. Jelke fand sich in ihrem Zelt wieder. Ihr Kopf schmerzte und sie war übellaunig.
>Puh, was für eine Nacht. Wie lange haben wir denn noch getrunken und vor allem, wie bin ich zurück in mein Zelt gekommen? Mist, und die Runen konnt´ ich auch nicht mehr befragen.<
Sie schüttelte den Kopf, zuckte mit den breiten Schultern. >Ist nun auch egal!<
Sie goss sich einen Krug kalten Wassers übers Haupt. Sie fühlte sich schlecht, geladen und hatte das dringende Bedürfnis, jemanden umzubringen. Sie war also in der richtigen Stimmung für ein nettes kleines Gemetzel!
Sie vernahm ein Räuspern am Zelteingang und irgendwie gelang es ihr auch ein Wort über ihre Lippen zubringen, von dem sie wenigstens annahm, dass es >Herein< lautete, denn Thal trat ein. Er war ganz in seine Rüstung gehüllt, trug eherne Arm- und Beinschienen und einen breiten Schild. Wohlgefällig sah die Thorgesttochter, dass Einauge auch etwas blass um die Nase war. Wankenden Schrittes trat er auf die Heldin zu.
>Oh, war vielleicht keine so gute Idee, uns vor der Schlacht so zu betrinken? Wären wohl ´mal besser früh ins Bett gegangen, wie?<, sagte er mit matter Zunge. Sie blickten sich beide einen Moment lang an, schüttelten die Köpfe und sagten:
>Ah, nein!<
Als sie eine Weile gelacht, sagte Jelke:
>Genug des Säumens. Helfe mir die Wappnung anzulegen, denn bald schon wird das Schwertgetümmel beginnen und der König berief zuvor den Kriegsrat zusammen Eile denn!.<
So die Thorgesttochter, und der Thal half ihr in die schwere Rüstung zu steigen.

König Einar versammelte die Führer der Mannschaften in seinem Zelt, denn zu beraten galt´s, wie dem Feind am besten zu begegnen in mörderischer Feldschlacht. Also kamen die Edlen im Königszelt zusammen, Helden, hoch an Waffengeschick und Manneszucht. Auch Jelke und Einhand fehlten nicht. König Einar war bereits in seinen Jahren, doch des Königs Schwertarm besaß noch die Kraft eines jungen Mannes. Weithin galt er als großer Degen, der nicht mit Ringen des roten Flußerzes geizte, wenn es galt seiner Mannen Taten zu bedenken. Nun aber zerfurchten tiefe Falten des Edlen Stirn, denn schwer quälte ihn die Last auf seinen Schultern. Er besah sich die Recken im Zelte und Stolz glühte in seinen Augen, dass solch Heldenmacht sich zu seinen Fahnen gesellt. Also sprach der König:
>Nun gilt´s, ihr Maiden und Mannen. Drohend harrt des Feindes Heeresmacht an der Hügel Hänge. Schon schütteln die erzgegürteten Lormyrer den Kampfger, begierig ihn in unsre Reihen zu schleudern, dass das Morden endlich anhebe. Stark an Zahl sind ihre Scharen und ich gesteh´s, ihr Zorn gegen uns ist ein gerechter. Viel raubten wir an Gütern, zogen plündernd und mordend durchs Land nach Wikinger Art. Darin seh ich kein Fehl. Groß ist die Übermacht des Feindes, Hoffnung auf Sieg gibt es nicht.
Des Nachts kamen die Späher ins Lager zurück und ihre Kunde erfüllte mein Herz mit großer Sorge. Jovaheims Krieger sind aus ihren Garnisonen abgezogen und nahen in Eilmärschen dem Schlachtfeld herbei. Das aber würde uns zum dunklen Verhängnis werden, wenn die kriegslüstern´ wölfisch Mannen uns in die Zange nehmen. Keiner scheint´s mir, rettet dann sein Leben.<
Nun legten sich auch sorgenvolle Züge auf die Mienen der Recken. Alle Hoffnung endete nach des Königs Rede, denn weithin achtete man damals Jovaheims Macht.
>Oh, oh!<, sagte Thal leise.
>Scheiße! Das hätte er uns auch schonender beibringen können!<, ließ sich Jelke nicht nehmen zu sagen.
Als der König die Wirkung seiner Worte sah, sprach er:
>So manch einer von Euch fährt schon seit Jahren mit mir auf Raubfahrt und mag sich nun fragen: Hätte er uns das nicht schonender beibringen können? Zum Beispiel: Hört mal Jungs und Mädels, wir ziehn gleich in die Schlacht. Ein Paar werden wohl drauf gehen. Also nichts was uns Sorgen machen bräuchte. Ach, da fällt mir ein, falls wir wider Erwarten den morgigen Tag überlegen, ist´s auch egal, denn der Feind, der Schändliche, wirft uns dann frische Truppen entgegen. Ihr kennt sie bestimmt, die Wolfskrieger aus Jovaheim? Ihr wisst schon, diese Krieger, die für ihre Kampfkraft berühmt sind? Fast unbesiegbar? Ja genau die! Kein Problem also! Ach, heut Abend lade ich alle auf ein Bier ein, die Rechnung wird schon nicht allzu hoch werden! Hört sich auch nicht besser an, was?
Warum also nimmt er seinen Mannen den Mut aus den Herzen? Weil´s die Wahrheit ist. Die Blüte der Helden sitzt hierbei im Zelte, doch wird sie verwelken, zieht sie in die Schlacht. Dann rettet niemand sein Leben und noch vor dem Abend weilen wir an des Rauners Tafel.
So steht die Sache. Vor einer Stunde nun, kam eine Gesandtschaft der Lormyrer. Bevor ihr deren Worte vernehmt, hielt ich es für meine Pflicht, Euch über die Lage aufzuklären. Ich bin Euer König, doch folgt ihr mir als freie Männer und Frauen. Ich maße mir nicht an, über so vieler Recken Schicksal zu bestimmen. Entscheidet selbst. Holt die Gesandten!<

Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5378 Beiträge veröffentlicht!