Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Vom weiteren Verlaufe der Schlacht

Auf dem Hügel, das Schlachtfeld überblickend, sah´s der Legatus Augusti pro praetore Quintus Petilius Lollius mit Staunen und nicht wenig Verzweiflung, wie sich die Heere dahinschlachteten. Er sprach da die geflügelten Worte zu sich:
>Der Plan des Einars war gewagt und töricht auch, und nur des Tostes größ´re Torheit gewährte ihm Gelingen. Verdammte Scheiße. Das da unten ist doch keine Schlacht! Blutige Amateure. <
Als er des Telamon Durchbruch sah, da ballte er die Faust, hoffend, dass der beste aller Mannen den Sieg erzwingt. Einer um den anderen fiel ihm vor die Füße, des Lebens beraubt, nimmer mehr zur Schlacht taugend. Doch als der grimme Mordrufer sich zur Jelke wandte, da bebte dem Legaten das Herz im heldisch Busen und seltsame Verwunderung ergriff den Mann:
>Wie nun, mein Herz, was bangst du um der edlen Jelke Heil? Der Schhmäh´rin Rede trieb den Toste wohl zum ungestümen Sturm. Was bebst du, ja, was hältst du inne, wenn hart der Telamon bedrängt die Dreiste? Ist´s Furcht, der Schreckliche könne sie erschlagen? Welche Narretei, zu bangen um der Feindin Leib, doch graust´s mir, denke ich, dies herrlich Weib läge tot danieder auf dem blut´gen Feld, der Lebenssaft aus ihren Adern fließt, die liebliche Röte ihrer Wangen ihr herrlich Antlitz flieht, ein letzter Atem aus den köstlichen Lippen dringt, und wär´s meine Name, den sie ruft, ich tät mit Freuden sterben, brächte nur das Leben ich der Edlen wieder! Doch siehe, Herz, hoffe auf, denn es hemmt den Streit die Kluge und es harret ein im Morde Telamon, staunend fast, der schreckliche Mann. Da, sie unterhalten sich, und schwer zieht der Gedanken Pflug Furchen auf des Recken Stirn. Noch ein wenig mehr er zögre, denn schon es nahen der Held zween, beizustehen der Tochter Thorgests wider den Graus´gen. Oh Herz, mein Herz, schlage, bebe fort, denn gerettet ist die Schöne, das holde Weib!<
Als der Legat sah, dass der Telamon nun ins Hintertreffen geriet, da schüttelte er sein Haupt und schallt sich einen Narren, zu fürchten um der Heldin Leben. Doch als er der Blondgelockten Leib im wogend Schlachtgewühl voll kühner Anmut fechten sah, da sprach er:
>Welch Torheit befällt mein Hirn? Ich fürchte um die Antwort, denn nimmer birgt mich eine Wehr vor dem, was Bettler und König gleich befällt und aus weisen Männern reine Toren macht!<
Endlich aber rief der Legat da nach dem Tribun, der hurtig kam heran und zackig salutierte, die Faust gegen den Harnisch schlagend, erhoben dann zum Gruße, rief der da:
>Heil Dir, oh Legatus Augusti pro Praetore Quintus Pet...<
Der Legat aber, um Zeit zu sparen, schnitt mit herrisch Bewegung dem Jüngling das Wort ab:
>Tribun Claudius Porcius Ambitus Assentator, eile in mein Zelt und bringe mir meine Rüstung. Den Harnisch, kostbar, goldverziert mit der Standarte unser Legio, den Helm, Arm- und Beinschienen auch, gewirkt aus Bronze und den gladius mit kunstvoll, elfenbeinern Griff. Geschwind enteile er, dass ich mich wappne wie zur Schlacht, dem helmumkränzten Ares gleich. Hinweg nun.<
Da sah man Schamesröte in des Jünglings Wangen schießen, ob solch niedren Dienstes Gebot. Doch unterm Feldherren hartem Blick, verließ gehorchend er den Hügel, zu erfüllen seines Herrn Befehl.
>Tribunen<, sagte der Legat Lollius und spuckte verächtlich zu Boden.
>Zu wenig sind sie gut, verweichlichte Patrizier Söhne sind sie all, und selbst der glücklichste aller Feldherren darf nicht auf Gutes von ihnen hoffen, nur im besten Falle auf nichts Schlechtes. Ach, das Rückgrat der Legion sind ihre Centurionen. Oh, Jason, mein primipilus, eile Dich und lass mich nicht mit diesen Idioten allein. Ambitus Assentator ist noch schlimmer als alle anderen. Er ist eifrig, recht intelligent und, wie sein Name schon sagt<, der Legat zog bei dem Wort ein Gesicht> AMBITIONIERT. Das ist eine gefährliche Mischung. Ich weiß, ich muss mich fügen, doch fällt es schwer, so schwer, aber seine Mutter ist die Kusine dritten Grades mütterlicherseits von der Freundin einer Bekannten, die der Kaiserin auf einem Empfang beinahe einmal vorgestellt wurde. Verdammte Vetternwirtschaft!<
Dann sprach er weiter in Gedanken, denn diese waren wenig dazu geeignet vom falschen Ohren vernommen zu werden:
>Damals, in der Republik, war alles anders. Da gab es so etwas nicht. Na gut, gab es schon, aber es war irgendwie RICHTIGER! Da wurden keine parfümierten Hofschranzen bestochen, um einen Posten zu erlangen, nein, da hat man den Senat und das VOLK bestochen! Das ist, was ich Republik nenne, ja, ist doch wahr!.
Bei Jupiter Optimus Maximus, was hat mein Vater damals den Pöbel geschmiert, damit ich Quaestor wurde. Ja, ja, oh, mein Vater, das war einer, ein pater familias, wie er in einer Papyrosrolle stand. Aber lassen wir das jetzt. Was war, war und wird nie wieder wahr. Scheiß Imperator! Na, Gedanken sind frei, man darf sie nur nicht laut aussprechen. Aber dieser Assentator ist ein gefährlicher Schmeichler, und, nun, ein Spion wohl auch. Besser er tritt bald ab, hihihi!<
Also der Legatus Augusti pro praetore Quintus Petilius Lollius und wandte erneut die Gedanken der Schlacht zu. Heran war nun der Toste und die Albe auch, doch standen die Wikinger wohl zur Abwehr bereit auf dem Hügel, vom oben schlagend auf den vom steilen Laufe schenkelmüden Gegner. Auch bot der Platz den Heere Lormyrs nicht genügend Raum, das freihin man konnte aufstellen zum Sturm die Reihen. Nicht wenig behinderten sich da die dichtgedrängten Recken, und nicht weniger mühsam erschien es den Führern, den kund´gen Rufern im Streite, sich zu bahnen den Weg durch freundlich Reihen, als durch feindlich wogend Gewühl. Und siehe, dort, wo der Tapfersten welche fochten, da wollte es den Lormyrern nicht glücken, die wehrhaften Reihen zu durchbrechen. Heftig schlugen sich die Munzianer, der Vieltürmigen unvergleichliche Krieger, ließen der Männer viele ihren Zorn bereuen. Doch wo der Marschall selbst, der hehre Bohemond, blut´ger Röterich der Wogen, stritt, da fielen die Kämpen Æthalberts wie Gras vor des Schnitters scharfer Sens´. Bald schon geriet dorten der Angriff ins Stocken, denn niemand schien geeignet und willens an diesem Tage, dem Kriegsmann zu widerstehen. Doch an andrer Stell, wo Toste, Lormyrs Zier und Stolz, das Schwert zum muntren Reigen führte, da hielt ihm keiner stand. Auch der Tarnas scharfe Klinge sah man nicht müßig in der Scheide ruhen, sondern manchen Seeschäumer Raub und Mord mit brechend Augen Schein bezahlen lassen.
Der Telamon aber, hart bedrängt, zog sich zurück suchend der eigen Reihen Deckung. So viele Männer lagen dahingemordet auf beiden Seiten, doch die Mehrigen, wie´s dem Legaten dünkte, auf des Tostes Teil vom blut´gen Walstattbett. Bereits neigte sich die Sonne dahin vom hohen Himmel; es strebte hinab der schnelle Lenker der Rosse Helios. Bald, so grämte es den Legaten, würde die Schlacht man wohl beenden, denn lahm wurden den Streitern die Glieder in den Heeren beid, dass gerne würde man folgen der Selene Ruf, zu Enden das Morden bei aufziehend Nacht.
>Prima<, dachte da der Legat Lollius, >bis Morgen ist Einar wahrscheinlich längst über alle Berge!<
Dann lächelte er in sich, denn vielleicht vermochte, war der Engpass erst geräumt, der belg´rischen Praefectae Jællen hurtiges Geschwader von tremsenkauenden Rossen des Einars vollbeladenen Zug überholen und die Drachen der Seeschäumer verbrennen. Das aber wäre aller Nordleute Ende.
Vom Schlachtfelde herauf aber erscholl nun ein gellend wütend Schrei, unheilsschwanger aus des Grausen Kehle, dass der Schreck dem Legaten in die Glieder fuhr. Besorgt suchte er der edlen Jelke Haupt, denn nimmer ließ des Telamons Ruf ihn Gutes ahnen.

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