Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie der Berserker mit der Albe kämpft

Thal stieß einen Schrei aus, riss das Schwert hoch und rannte blind vor Wut auf die schwärzlich´ Albe zu. Kaum getraute sich die Eisenseite hinzublicken, denn verloren schien ihr nun der Freund, seine Seel´, wenn er die Geliebte erschlug, sein Leben, wenn die zaub´risch Albe ihn besiegte. Denn in ihrer Hand lag des Thals Schwert, von albisch Machart, nicht aus Eisen gefertigt. Verzweifelt versuchte sich die Thorgesttochter aufzustemmen, aber der Schmerz warf sie zurück. Der Mantel glitt fort und Jelke sah das zerfetzte Fleisch, in dem gesplitterte Knoch staken, sah ihre zertrümmerte Schulter. Alles begann sich zu drehen, ihr Blick schwamm und sie kippte neben dem verwundeten Gefährten. Der fing sie, bettete ihr Haupt in seinem Schoß. Jelke spürte das finst´re Verhängnis heraufziehen, zwang ihren Blick durch den schwarzen Schleier und sah den Thal, wie er sich auf die Albe warf.
Dreimal bestürmte er die Geliebte, stark wie ein Dämon. Dreimal stieß ihn die Albe mit dem Schild fort, längst nicht mühelos, sondern hart bedrängt bis aufs Leben. Das versetzte den Berserker nun erst in rechte Wut. Ein viertes Mal warf er sich auf die schöne Albe und gellte triumphierend auf, als er sie am Schwertarm traf. Da sah Jelke, dass auch die Dunkel-Alben rotes Blut in ihren Adern bargen, denn vom roten Lebenssaft floss nun reichlich in den Schnee. Die Gefährten brüllten, Jelke aber weinte.
Schon wollte Thal der Getroffenen den Rest geben, als die Albe die kostbare Klinge hoch in die Luft warf. Das verwirrte nun selbst einen Berserker, denn in Thals Wolfsheulen mischte sich ein fast fragender Ton ein, als er seinen Blick von der Geliebten nahm und der wirbelnden Klinge folgen ließ. So bemerkte er nicht, wie die kühngemut´ge Tarna Silberhaar ihren Schild fahren ließ und dem Thal die zartgliedrige Faust auf den Mund drosch. Da sah man, dass in der Albin schwarzen, makellos schönen Armen, die Jelke für ein wenig zu dünn geraten befand, genug Kraft steckte, einen rasenden Berserker zu beeindrucken. Die Wucht des Schlages warf den Mann um. Rasselnd stürzte Thal mit aufgesprungenen Lippen in den Schnee. Schon packte ihn die Wut erneut, wollte er zornig aufheulen, musste aber erst seinen Stiftzahn ausspuken. Als sich aus den dunklen Tiefen seiner Raserei das Heulen aus dem blutigen Maul erbrach, die Hand sich eisenfest um den Schwertgriff schloss und er sich erheben wollte, fing im nämlichen Moment die schwärzlich Albe die dunkle Klinge mit der Schildhand, behände und sicher, als pflücke sie sie aus der Luft, wirbelte den albisch´ Stahl hinterm Rücken empor und stieß das Schwert wie einen gewaltigen Dolch dem Thal in den Schenkel.
Da erstarb das Jubeln der Gefährten, das Heulen erlosch, und es wurde still, still genug, dass Jelkes entsetztes Flüstern sich vernehmlicher als jeder gellend Ruf ausnahm: >Thal!<, hauchte sie, streckte noch hilflos die Hand nach dem Gefährten und versank in der Bewusstlosigkeit.
So sah sie nicht, wie das glühende Feuer im Auge des Munzianers erlosch, als der Berserkerwahn von ihm glitt, als die Tarna Silberhaar, die schwärzlich Albe, sich über ihn beugte. Sie sah nicht, wie sich ihre Lippen bewegten, wie Thal sich auf die Arme stützte, die Albe traurig ansah und dann den leeren Blick nach der Jelke Eisenseite, der Tochter Thorgest suchen ließ. Sie sah nicht, wie Thals Auge auf ihr lag, sah nicht wie er sich wieder der Albe zuwandte, stumpf nickte, als er sich in sein Schicksal ergab. Und sie sah nicht, wie die Albe sich erhob, im weißen Nebel verschwand und Thal ihr nachblickte, ehe er erschöpft zu Boden sank. Das schwarze Schwert aber hatte die Tarna Silberhaar im Schenkel des Munzianers zurück gelassen.

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