Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie die Schlacht nun doch nicht beginnt

Nun preschte die Reiterei der Lormyrer herbei, auf Telamons Geheiß, um der drohend Überflügelung Einhalt zu gebieten. Also die kühn gesinnten Panzerreiter.
Indes im anderen Heer lachte der Seekönig, als er gewahr wurde seines Planes Gelingen. Eilig ließ er das verabredete Signal geben. Und siehe, beim Klange der Hörner verharrte nun die dünne Front der heldenbrüstigen Hundertschaftsführer. Die Reiterei, mit Einar selbst an der Spitze, schoss hervor, begierig des Telamons Reiter bei ihrem Sturm aufs Fußvolk zu hemmen.
Jedoch das Gros der Mannen Einars kehrte dem Schlachtfeld den Rücken und lief im Eilmarsch auf die zwei Hügel zu, zwischen denen ein Ausweg aus dem Tale lag. Die magere Deckung Tostes, die mit solch unheldischer Wendung nicht gerechnet, wurde überrannt. Also entschwand der reisigen Renner Schar dem Tal des Verhängnis.
An anderem Ort aber, fern vom Walstattlärme, zeigte sich, warum des Seekönigs Reiterei von solch geringer Stärke. In dem Lager der Wikinger fielen nun die Zeltbahnen von den Gerüsten und man sah viele Pferde, die dort verborgen waren. Doch nicht schwerte ihnen der Reiter Last die Rücken, sondern Säcke und Truhen voll der köstlichsten Kleinodien, welche die Nordmannen auf räub´rischer Fahrt zur Beute gemacht. Diese nun führten die Mannen an den Zügeln dem Fußvolk hinterdrein, sowohl Leben als auch Beute rettend vor zwiefach bittrem Verlust.
Höret jedoch weiter, wie es den Mannen erging, die den Rückzug deckten. Scham entflammt mein Antlitz, weiß ich doch, wie wenig geeignet meine Worte sind, der folgenden Taten Herrlichkeit zu preisen. Doch ich will´s tun, denn wie könnt ich anders, als die Feder führen und´s versuchen.
Hart trafen die Reiter beider Heere aufeinander, und waren die Seeschäumer an Zahl weit unterlegen, so fochten sie aufs höchste erregt. Nun erfasste starker Grimm den Telamon, denn er sah das feindlich Fußvolk weichen, sich seinem Todesgriff entziehen. Die Reiterei jedoch, die es wohl vermochte hätte, die Flüchtigen zu stellen, ihnen den Weg zu versperren, war nun gebunden. Siehe, unbehelligt wandte nun des Einars kühne Tausendschaft dem Telamon den Rücken zu und stürmte Hang aufwärts dem Ausweg entgegen. Die Reiterei hielt stand, gewann mit jedem Toten kostbarste Zeit.
Zornig schrie nun der Wüterich, der Ger-Recke Telamon, dass ihm Adern dick wie schiffsfesselnde Taue am Halse hervortraten. Mit dem Schwert in der harten Rechten gab er nun das Zeichen, die Männer zum hurtigen Laufe anspornend. Mit munteren Scheltworten sah man da die Hunderschaffführer dem Befehl ihres Herrn nachkommen und bald setzte das Mitteltreffen im vollem Laufschritt den Seeschäumern nach.
Als Toste sah, wie wenig die Schlacht zu einer Schlacht zu werden drohte, da ließ er seine Männer den Hang hinaufpeitschen, dem Telamon folgend, dass dieser ihm nicht allen Ruhm nähme.
Die dunkle Albe Tarna jedoch kümmerte sich wenig ums Befehlegeben. Sie rannte einfach los, und ihrem Treffen blieb nichts anderes zu tun, als mit den Schultern zu zucken und der Edlen zu folgen. Also der Lormyrer rüst´ge Scharen. Wie aber erging es nun den tummelnden Reiterscharen?

Mit größter Tapferkeit schlugen sich die Nordmannen. Wo der König selbst focht, da hielt ihm keiner stand. Mächtig, wie die Flügel einer Windmühle, fuhr sein breites Schwert hernieder, durchhieb wenig wählerisch die Hälse vom Mensch wie vom Pferd. Doch allzu drückend nur der Lormyrer Übermacht, und von den Seeschäumer fiel einer um den anderen. Endlich gab König Einar den Befehl zum Rückzug. Schnell löste man sich vom Feinde, peitschte die schweißnassen Rosse den Hang hinauf. Der Feind, nicht säumend, war ihnen dicht auf den Fersen. Von den zwei Hundertschaften aber lebten keine fünfzig mehr. So hart fochten sie wider die Lormyrer, dem Fußvolke Zeit verschaffend. Also flogen jene nun aufs schärfste verfolgt den Hang hinauf und näherten sich schon des Bohemunds Schar im schnellen Ritt, dass es den Lormyrern schien, als wollen sie die eigenen Männer niederreiten. Doch siehe, im letzten Augenblick öffnete sich eine Schneise und ließ die Reiter mit Einar an der Spitze hindurch. Begierig nun trieben die Lormyrer ihre Rosse hart an, dass sie ebenfalls durch die Schneise drängen und Tod und Verderben unter Bohemunds unberosste Recken tragen konnten. Schon waren sie dicht heran, als die Front stand, kehrte und nun die Reiter hart mit allerlei Wurfgeschossen bedrängte. Diese warfen sie mit Macht von oben auf die Lormyrer herab, die dem nicht widerstehen konnten. Gäule sah man da ihre Reiter begraben. Manch ein Huf, schon im Tode zuckend, zermalmte eines stolzen Reiters Schädel. Wen kein Wurfgeschoss getroffen, der stolperte über die vor ihm Gefallenen, dass der Weg den Hang hinauf bald von einer wogenden Barriere von Blut, Leibern und Qualen verwehrt wurde. Der Rest der Reiterei Lormyrs verharrte, des raschen Sieges betrogen, unschlüssig aufs nahende Fußvolk wartend. Die Seeschäumer jedoch erreichten unbehelligt die Hügel und bezogen dort Stellung, dem drohend Marsch des Telamon zu begegnen.
Als die Heerführer Lormyrs aber gewahr wurden, wie gut der Stand der Wikinger, da handelte jeder nach seiner Art. Tarna Silberhaar schwieg, Toste raste vor Wut wie der waidwunde Leu, des Telamons Kehle entfuhr der gellend Schlachten Ruf, als er nicht säumend über die Leiber der Pferd sprang, wild gegen die Seeschäumer stürmend. Am lautesten aber klang der Schrei des Legaten Lollius, der laut vernehmlich durchs Tal drang und noch lange dort hallte:
>Idioooooten!<

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