Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie der Bohemond die Lormyrer noch im Tode aufhält


Als die Seeschäumer sahen, wie das lormyrische Heer sich den fliehenden Jovenern öffnete, da verdoppelten die nordischen Mannen ihre Bemühungen, um ebenfalls durch die Lücke zu schlüpfen. Solches zu dulden war der Telamon, der graus´ge Witwenmacher, nicht der Mann. Wut hatte ihn gepackt, als vom Rand des Tales her die Legion ihre Ankunft schmetterte, und der Recke die feige fliehenden Jovener einlassen musste. Doch die enttäuschte Wut wandelte sich umgehend in eine freudige, denn gleich sah er´s, dass der Wikinger nachzusetzen begehrte, eilends den glitschigen Hang hinabstürmend, dicht den Weichenden auf den Fersen. Ein Befehl rang sich aus der mordrufenden Kehle des Vertilgers. Seine Männer kamen ihm nach. Zwiefach Furcht sie ja dazu drängte, dass die Seeschäumer durchbrachen und ärger noch des Anführers Zorn, wenn´s nicht gelang Front zu machen. Die Front schloss sich, stand fest so gut es ging im stiefelzerfurchtem Schlamm, verwandelte sich in einen wehrhaften Igel, verderblich spitzige Spieße nach außen gewandt. Der Feind, vom eigenen Verlangen und Gewicht beflügelt, konnte seinen Lauf nicht rechtzeitig hemmen, dass mit voller Wucht er rannte in den tödlich, stählern Zaun.
Wenig hatte der Bohemond, des Einars Marschall, seine Wunden geschont und noch vielen Jovenern die Leben geraubt. Nicht achtete er der furchtbaren Wundquellen, die sich erbrachen unter den Verbänden und vom rötlich Blut vergossen. Zuviel, um noch auf Leben zu hoffen, nicht genug, um seinen Mut und Lauf zu zügeln, denn voran vor den anderen warf er sich auf die Lormyrer, hinein in Spieße. Vier drangen ihm in den Leib, einer durchschnitt Sehnen und Muskeln am Schildarm, einer drang durch die Brünne in den Unterleib, wühlend im Gedärme, und zwei zerfetzten die Organe, als des Marschalls eigener Schwung sie ihm in die Brust trieb. Blut schoss ihm in den Mund, über die Lippen gespritzt im tödlichem Husten, die Augen blickten bereits in die Ferne, die Muskeln spannten sich noch einmal und sein Arm hob noch das Schwert, wie zum Hiebe, als die Glieder schlaff wurden, sein mächtiger Leib zusammensank, aufrecht gehalten allein noch von den Speeren, welche die Männer in ihren bebenden Händen hielten.
Weh, welch trübes Ende für den Mann, der besseres wohl vom Schicksal verdient hätte. Ja, kein Jammer ob solch eines Gewaltigen Fall regte sich da bei den Seeschäumern, denn allzu sehr waren diese ja im mörderischen Gefechte verwickelt, als dass sie des Bohemond Tod gewahr wurden. Vielen erging es wie ihrem Anführer, zappelnd gespießt auf lormyrische Gere.
Den einen oder anderen gelang es wohl, wenn ein Voranrennender die eisernen Blätter der Speere mit seinem Leib umschlang, hineinzustürmen ins feindlich Gewühl, einigen noch Wunden zu geben, ehe er im dichten Schwerthagel fiel. Die jedoch, die nicht sofort krepierten, die wandten die Schenkel zur Flucht, hinauf den glitschigen Hügel, hinauf über die verfluchte Blut-Erde, den Schild fortwerfend, dem Tod ein wenig länger durch Flucht zu entrinnen .
Und wirklich, sie setzten sich ein wenig ab, schenkelmüde und blutwund zwar, denn die Lormyrer zögerten nun, begierig den gefällten Recken Einars die Rüstungen von den erschlafften Leibern zerrend.
Solches sahen der Toste und der Telamon ungern, denn nicht einer der diebischen Seeschäumer sollten ihnen entgehen. Also mahnten sie mit Worten die Mannen, innezuhalten im blutigen Raube und dem Feind nachzusetzen. Zeit Beute zu machen war ja genug, wenn erst alle tot. Die Mannen aber scherten sich wenig um solche Rede, denn sie fürchteten, dass, wenn sie die Rüstungen der Feinde zurückließen, ein anderer sich ihr annähme.
In höchstes Ungemach versetzt nun, kam der Vertilger, der starke Recke Telamon, zu den vier Männern, die den Bohemond getötet hatten. Unter ihnen war längst ein Streit entbrannt, wer wohl am meisten Anrecht auf die herrliche Wappnung des Hünen hatte.
Da ging es wie folgt: die mit den Leibtreffern meinten, der mit dem Armtreffer hätte wohl am wenigsten Anspruch. War ja nur ein Kratzer, sagten sie. Wenn es denn wenigstens seine Schwerthand gewesen wäre, hätte man wohl anders entscheiden können, denn als der Sterbende noch einmal ausholte, da hat es sie nicht wenig gegraust. Aber so? ´Ne! Da die Sache nun drei zu eins gegen ihn stand, blieb dem Mann nichts anderes, als sich zu trollen und anderswo Beute blutig zu erwerben. Nun meinten die zwei mit den Brusttreffern zu dem mit dem Bauchtreffer, er habe eher geschadet, als geholfen. Tödlich war der Stoß gewiss, solches gestanden sie ihm gerne zu, aber so ´ne Bauchwunde konnte sich ja ewig hinziehen, da brauchte man ja nicht ´drüber zu sprechen. Der schreckliche Bohemond hätte sie wohl alle noch mit heraushängendem Gedärm erschlagen, hätten sie ihn nicht in der Brust erwischt. So hatte die schöne Rüstung nur ein Loch mehr. Das wäre ein schöner Jammer und er sollte froh sein, wenn er ihnen nichts für die Reparatur zu zahlen hätte. Da waren´s nur noch zwei, denn der Bauchstoß-Mann wich missmutig fluchend hinfort.
Nun wäre die Sache ja recht schwer geworden, meinten die beiden. Tödliche Wunden haben sie ihm wohl beide gegeben, wie sollte man da entscheiden. Der eine meinte, man sollte den Bohemond aufscheiden und sehen, wer von ihren unter den Organen die wildeste Unordnung gebracht hatte. Der andere meinte, das wäre wohl etwas ekelhaft und ziemlich krank. Besser wäre es wohl zu teilen, so hart es ihn auch anging. Aber wie? Der andere sah den Telamon neben sich stehen, der ihrer Unterhaltung nun lange genug gelauscht hatte und meinte, man sollte den Witwenmacher fragen, der wusste ja immer Rat in solchen Dingen. Gerne, meinte der andere und Telamon entschied so: er erschlug die beiden, ließ die Rüstung in sein Zelt schaffen. Da sah man viele Lormyrer, die die Beute bereits in ihren Armen trugen, alles fallen lassen und wieder mutig vorgehen, denn, meinten sie, der Telamon habe ganz recht getan, weil es ja auch zu dumm war, an Beute zu denken, während noch ein paar Feinde am Leben waren.
Die Sache aber hatte lange genug gedauert, dass die Wikinger etwas Boden gewinnen konnten. So hatte der Marschall Bohemond die Feinde noch im Tode aufgehalten.
Der Telamon aber war ein hurtiger Renner.

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