Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Drei Liebende

>Ich möchte nicht darüber sprechen, sonst höre ich gar nicht mehr damit auf<, sagte Jelke bitter. >Nur soviel: zwischen Geschwistern steht es nicht immer zum besten!<
>Ich weiß, was Du meinst, Freund Jelke! Meine Schwester hat den Mörder meines Vaters geheiratet.<
>Meine Güte!<, rief Jelke entsetzt.
>Ja, aber sie tat es, um mein Leben zu retten.<
>Es muss schmerzen, aber sie wollte Dich wohl nur schützen. Sage, hast du ihr je dafür gedankt?<
Thal nickte grimmig.
>Wie, Freund, hast du Dich bei ihr für dein Leben bedankt?<, fragte Jelke besorgt, als sie Thals tiefe Zornesfalte auf der Stirn sah.
>Ich machte sie zur Witwe und ihre drei Kinder zu Halbwaisen!<, meinte er.
>Oh! Ach, Familie!<
>Da sagst Du was!<
Jelke legte dem Mann aus Munz den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. >Wir beide werden es denen schon zeigen, was?<
Er lächelte sie an und nickte ihr zu.
>Sag mal, was hast Du denn über den Centurio ´raus gefunden?<
Thal errötete heftig: >Ähm, na ja, ich hab´ ihn irgendwie in der Dunkelheit aus dem Auge verloren, hähä!<
>Soso, kann man wohl nichts machen. Wo ist eigentlich dein schwarzes Schwert?<
>Öhm, hab ich wohl in der Dunkelheit verloren, oder so!<
>Aha! Haste sonst noch was verloren in der Dunkelheit?<
Thal lächelte. >Mein Herz?<, dachte er, grinste aber nein. Thal ergriff die Initiative, ehe die neugierige Thorgesttochter weiter in ihn drang: >Hättest Du wirklich einen Meineid geleistet, Jelke?<
>Nein!<, sagte sie und musste mit einem Mal ausgelassen lachen. >Das ist nicht die ganze Wahrheit. Ich hätt´s wohl getan! Klar sicher!<
>Man, der Legat muss es dir ja echt angetan haben!<, meinte Thal.
>Huhu, ist schon ein netter, hähä!<
Sie kitzelte Thal an den Rippen, der empört einen Satz zur Seite machte und hysterisch kicherte. >Und Du, junger Mann, hättest Du dich wirklich ins Schwert des Legaten gestürzt?<
>Aber natürlich!<, meinte er scherzend.
>Thal, sag mal, hast Du überhaut kein Gehirn?<
Da packte der Munzianer die Thorgesttochter an den Schultern und schrie ihr ins Gesicht:
>Was bildest Du dir eigentlich ein, he? Nur weil ich es nicht immer dabei habe, heißt das noch lange nicht, dass ich überhaupt keins habe!<
Da blickte Jelke den Mann entgeistert an und endlich brachen sie in schallendes Gelächter aus. Derart meinten beide, lasse sich der Rückweg durchaus kurzweiliger gestalten.

>Nein, nein<, sagte Garmir. >Es geht einfach nicht mehr! Der ist tot!<
>Und wenn ich ihm noch einmal Leben einhauche?<, fragte eine gleichsam enttäuschte wie hoffnungsfrohe Stimme. >Nein<, meinte ein müder Zwerg, >der glaubt nicht an Wiederauferstehung!<
>He, Garmir!<, rief Jelke, die des Zwerges Stimme in der Dunkelheit vernommen hatte. >Wir wollen jetzt gehen! Kommste mit?<
>Ja, ja<, rief der erleichtert. >Komme gleich!<
>Von wegen!<, meinte die Zwergin da.
>Höre mal, Frau! Das war ein toller Kampf, den Du da geliefert hast! Hast du Lust, mich noch mal zu treffen, oder so!<
>Gern!<, meinte sie sanft!
>Juhu!<, rief der zwergisch´ Munzianer und klatschte freudig in die Hände. >Wann denn?<
>Morgen in der Schlacht.<
>Super! Ich freu mich schon.<
>Leb´ wohl, Lieber!<
>Bis Morgen, du Liebe!<
>Hallo Garmir!<, rief Thal, als sein Freund aus der Dunkelheit auf sie zu kam. >Hab den anderen gesagt, dass du kleiner Mistkerl noch nicht tot bist, aber sie wollten mir nicht glauben!<
>Hallo, Jelke! Hallo Thal! Du blutest ja!<
>Und du bist ziemlich blass!<
>Ach, war ´nen mörderischer Kampf, weiß du! Zwerge unter sich und so! Da wird einem nichts geschenkt!<
>Soso!<, meinte Jelke misstrauisch. Sie blickte in den Himmel und fragte, wann wohl der Tag anbreche.
>Noch ein Stündchen, würd´ ich wetten!<, meinte der Zwerg. >He, wie sieht´s aus<, meinte er, als sie an den Rand des Leichenfeldes gelangten, >wollt ihr pennen, oder gehen wir noch zu mir! Hab noch ein, zwei Flaschen von Papas Bestem!<
Jelke blickte auf die toten Leiber und meinte, es lohne wohl kaum sich für eine Stunde hinzulegen, wenn man am nächsten Tag für immer schlafen geschickt würde.
Die Munzianer sahen das genauso. Sie stapften durch den aufgeweichten Boden des Hügels, der so viele verschlungen hatte und nun die Schritte der drei nur widerwillig freigab. Sie kletterten über Tote hinweg und fühlten sich lebendig, wie seit langem nicht mehr.

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