Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie Telamon den Hügel stürmt

In der nervichten Rechten das blitzend Schwert, in der Linken den Schild stürmte der Witwenmacher hinauf gegen die festen Reihen der Seekrieger. Also der hehre Gelärm Schürer, der reisige Telamon. Ihm dicht auf, hurtigen Laufs folgend, des Mitteltreffen kühne Schar.
Eilends griff man auf dem Hügel nach allem, was an Wurfgeschossen noch verblieben oder als solches dienen mochte. Unter der spendablen Aares Wirtin, der kühnen Thorgesttochter Hundertschaft war ein Mann, den man den Haf-Eindal nannte. Er rühmte sich seines trefflichen Speerarmes. Dieser Eindal nun meinte zu den ihn Nächststehenden, sie sollte den zürnenden Telamon mit reichlich Wurf- geschossen bedenken und sehen, ob sie ihn nicht derart hart bedrängen konnten, dass er eine Lücke in der Abwehr zeige. Diese wollte Eindal dann nutzen und sein Geschoss auf diese Stelle lenken, dem grausen Mann zum Verderben. Und da die Vorstellung, der Söldnerführer könnte sie mit dem Schwert erreichen, alle aufs stärkste missvergnügte, meinten sie, dies wäre ein guter Plan.
Als die Feinde sich auf Wurfweite genähert, schleuderten die Degen Einars ihre Geschosse in solch großer Zahl, dass sie die Sonne zu verdunkeln schienen. Tödlich fuhren Speere, Äxte, Pfeile, Steine, Pfannen, Eier, Teller, Töpfe, Tomaten, zwei Hühner und einen Bib[er] unter die Reihen Lormyrs, fällten so viele von ihnen, dass der Angriff ins Stocken geriet. Viele auch rafften die tödlichen Wundwespen der untadligen Heldin Kh´Restrin dahin, dass Charons Börse immer praller wurde.
Wie geplant aber schossen nun viele Recken ihren Ger auf den Witwenmacher ab, dass dem bald nicht weniger als zwölf im Schilde staken. Erbost schleuderte der Kühne die nutzlose Wehr beiseite. Darauf aber hatte der Eindal nur gewartet. Mit dem Speer in der Rechten sprang der Mann vor die Front, zielte wohl und schoss das Blutholz ab. Der Speer flog und er flog gut. Mitten zwischen die Augen zielte er, auf ewig des Wüterichs Mordgier mit Blut und Hirn zu löschen. Schon wagte der Haf-Eindal den triumphierend Ruf, als des Telamons nervichte Linke den Speer im Fluge packte, herumriss und ihn dem Haf-Eindal zurücksandte. Hart geworfen, zerschlug es ihm Schild, Brünne, durchstieß die Niere und trat am Rücken ganze zwei Handbreit heraus. Das war eine schwere Wunde, und Eindal blieb wenig Zeit ob solch Heldenstücks zu staunen, denn er war sofort tot.
Die anderen aber hatten noch genug Zeit, ehe Garm ihnen das Mark aus den Knochen saugen sollte, und viele meinten da, dass dies ein sehr törichter Plan des Haf-Eindals gewesen sei, dem sie, hätte er sie nur gefragt, kaum ihre Zustimmung gegeben hätten. Aber, so meinten die Recken, im Leben müsse man ja Fehler machen, denn anders könne man wohl nicht daraus lernen. Nun fand sich keiner mehr, der des Telamon Glück forderte.

Bei seinen Gefolgsleuten aber ging es weniger gut. Viele von ihnen lagen tot oder verwundet auf der blutgetränkten Erde, und wer noch stehen konnte, der wagte nicht weiter den Hügel herauf zu stürmen.
Dies wurde dem Telamon gewahr. Und das Zögern der heldisch Scharen tadelnd sprach er itzo:
>Wie nun, was sehen meine Augen? Angst schwelt, wo Mordlust und Wut brennen sollen, heiß und unwiderstehlich, dass die Elenden vor ihr vergehen, wie das Erz in Vulkans Esse! Noch einmal lasst uns stürmen, ihr wogend Helden Reihen, denn sehet, schon naht der Lormyrer Entsatz, des streitbaren Tostes Gevolk und auch der Schwarzen Albin Scharen sieht man nicht zögernd stürmen gegen den Feind. Doch wem bebt vor Furcht das Herzen im weibisch Busen, Ladies natürlich ausgenommen, der mag einhier verharrend erwarten der streitbaren Verstärkung, dass sein Leben er verlängre und den Ruhm sich schmälere. Doch nimmer mag er sich dann nennen Mann des Telamon, denn in meinen Reihen findet er fürderhin nimmer einen Platz, die Mutter aber im heimischen Gefilde wird weinen vor Scham und den Sohn, den geliebten, tot sich lieber wünschen, als heil und ehrlos daheim. Da wird er vergeblich auf den Kuss der Mutter warten!<

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