Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie der Legat die Praefecta alae Jællen empfängt

Der Legatus Augusti pro praetore Quintus Petilius Lollius saß auf seiner sella curulis, die Ellenbogen auf den Arbeitstisch und das kluge Haupt auf die nervichten Fäuste gestützt. Vor ihm lag ausgebreitet eine leere Papyrosrolle, auf der sich eigentlich der Tagesbericht befinden sollte, aber der Legat war rastlos, wie auch seine Gedanken, die mal hierhin, mal dorthin zu wandern schienen, meist zu einer bestimmten Person, aber unter keinen Umständen sich dem unausweichlichem Papyruskrieg zuwenden wollten. Ein tiefer Seufzer entfuhr seiner Kehle. Er verschränkte die Arme hinterm Nacken, ließ sich zurücksinken, fragte sich, wo nur sein treuer Jason blieb und...
Der Legat fiel hintenüber. >... warum meine verfluchte sella curulis keine Rückenlehne hat!<
Er sprang auf, klopfte sich den Staub von der Tunika. Seine prächtige Toga lag noch in der Reisekiste. In diesem Land zog der Legat es vor stets beide Hände frei zu haben, nicht so sehr, um einen Angreifer abwehren zu können, als jederzeit die Götter anzuflehen. So tat er auch jetzt:
>Oh Jupiter Optimus Maximus, wie sieht´s aus? Willst du nicht machen, dass mein getreuer Jason zurückkehrt, oder willst du, dass ich noch länger allein in diesem Haufen von Spinnern bleibe!<
Da ging der Mann in die Knie und erhob die nervichten Arme flehendlich:
>Oh Jovis, sieh nur, einige fünfhundert der Seeschäumer fielen, doch die Mehrigen bei den Lormyrern. Ist doch nicht wahr, ich meine, da hat dieser goldbeflaumte Jüngling, dieser Toste, ein ganzes Heer und schafft es nicht, die dünnen Reihen der Gegner zu durchstoßen.
Oh Jupiter, eine untadligen weißen Stier verheiß ich Dir, willst du mir nur gewähren, dass Morgen der Toste obsiegt, dass geschwind der Jællen Reiter durch den Engpass stürmen, den Einar überholen und seine Schiffe in Brand setzen können. Das aber wäre aller schändlich Degene Ende, wenn dies du mir vergönnst, denn dicht auf will ich mit den Legionen ihnen nachsetzen und die Unbeschifften dann zur Schlacht stellen. Der Erste Bürger wird´s mir lohnen, wenn der Einar selbst in Ketten dann durch Jovaheims Gassen geführt wird.<
Dann sanfter:
>Oh Götter Vater, wenn eines du mir noch gewährst, dann will ich dir einen Tempel weihen, ganz von marmornen Säulen getragen. In kupfernen Dreifüßen soll immer Dir zu Ehren Weihrauch brennen. Hekatomben will ich Dir dort opfern, wenn du mir die Eine aussparst, wenn´s Morgen ans Sterben geht, die Eine, die mir die Schönste scheint im Herzen. Und legst du bei Venus noch ein gutes Wort für mich ein, dann lass ich noch ´ne Gigantomachie ´rausspringen, und du weiß, so was ist RICHTIG teuer.<
Da hörte der Lollius ein Räuspern vom Eingang her und eilends sprang er auf mit der Hand am elfenbeinern Griff des gladius . Doch als er sah, wer dort im Eingang stand, dann schien es dem Mann, als habe Jupiter sein Gebet erhört. Sorge beschlich da den Legaten, wo er auf die Schnelle das ganze Geld auftreiben sollte. Schnell jedoch sah´s der Mann, dass diese Gestalt nicht die Jelke war, obwohl sie der Thorgesttochter in einigem nicht unähnlich schien.
Denn dem Legaten war es, als sei die herrliche Juno, des Göttervaters linienarmiges Weib, selbst in sein Zelt hinabgestiegen sei, denn ganz herrlich war diese anzusehen, die wohl gewappnet vor ihm stand. Ein Törichter wäre nun vor Ehrfurcht auf die Knie gefallen, aber der Legat erkannte bald, dass dies nicht des Kroniden Gesponst war, wenngleich sie groß und stattlich war wie jene. Nein, denn ganz in Waffen war diese ja gekleidet, wie die jungfräuliche Minerva. Kühn und stolz ward ihr Antlitz, ihre Lippen waren von lieblicher Röte, gleich wohl ihr Haar, das, von des Rittes Mühen zerwühlt, wild und unbändig ihr um die Schultern floß. In ihren Augen aber las der Legat ihren Namen, denn in der smaragdenen Tiefe erspäht er eine Härte, die den kund´gen Ordner der krieg´rischen Scharen verriet. Tief verneigte sich der Feldherr Jovaheims und hieß die edle Praefecta alae Jællen willkommen. Der aber entstand auf den Wangen eine geziemende Röte, dass der Legat sie als Erste gegrüßt. Also das rüstige Weib:
>Heil Dir, oh mein Legatus Augusti pro praetore Quintus Petilius Lollius!<
>Danke! Ach, es reicht auch, wenn du mich „Oh mein Legat“, „Oh du mein Feldherr“ oder einfach „Oh Lollius“ nennst! Ist einfach kürzer!<
>Jawoll, oh du mein Feldherr!<
>Nun, edle Praefecta, sage mir der Dinge drei: warum hat dich der Tribun nicht angekündigt, wo ist mein getreuer Jason, denn ganz vor Sorge regt sich mir das Herz im Leib, und vor allem, wie lange stehst du hier schon?<
Die stolze Praefecta alae:
>Ersteren trafen wir, als er kacken wollt. Den haben wir gleich eingespannt, um meine Mannen zu versorgen. Zweiterer, der muskelstarke Jason, begab sich zum praefectus fabrum. Ich selbst aber stehe hier seit kurzem erst und habe rein gar nichts gesehen oder gehört!<
Der Legatus:
>Dann ist´s gut. Ach, dieser Jason, immer richtet sich sein ganzes Sinnen auf den Dienst. Dienst, Dienst und nochmals Dienst!<
>Jawoll, guter Mann!<
Der Legat gebot seiner Praefecta sich zu setzen, schenkte ihr selbst von gewürzten Wein ein und wartete bis die Kampfmaid getrunken, ehe er in sie drang:
>Wie nun, Jællen, war´s bestellt um meine Truppen, als der hurtige Jason Dich erreicht. Wie fern sind noch die Legionen beid, die erste Desperata und die zwote Mora auch? Auch künde mir, wie´s um deine ala steht. Sind sie kampfgemut, oder haben des scharfen Rittes Mühen die Mannen all zu stark ermüdet?<
Und die rotgelockte Maid:
>Ganz geschwind peitschte der Jason das tremsenkauende Ross uns entgegen. So hart war der Ritt, dass das Ross, schweißnass und schaumbedeckt, dem kühnen Centurio unter den Schenkeln zusammenbrach. Doch schneller noch als er, trieb Helios seine Rösser an, dass bereits die erste Desperata das castra errichtete, als der primi pili seine Legion erreichte. Ein halber Tagesmarsch trennt sie noch von Hr[...] . Die zwote Mora lag etwas zurück, dürfte aber mittlerweile im Lager angekommen sein!<
>Toll! Die zwote sollt man dezimieren!<
>Jawoll, dezimieren! Nun je, meine ala belgarum ist wohl auf, fünfhundert Mann stark, die nach einer Nacht Ruhe und Erholung bereit sind, dir für Geld überallhin zu folgen!<
>Na, dass lässt sich hören, oh Jællen. Eilen will ich hin zum Zelt des Toste nun, um dort den Lormyrern von deiner Ankunft zu melden. Du aber handle, wie dir´s am besten scheint, dich zur nächtlich Ruhe zu legen oder mir zum Rate zu folgen!<
>Da komm ich doch lieber mit!<
>Verstehe, eine dieser Nächte also, wie?<
Da ließ der Legat sich von der schönen Praefecta in die Rüstung kleiden, dem helmumkränzten Mars gleich, klemmte sich die sella curulis untern Arm, und es enteilten die Wolfskrieger beid, der Lollius und die hehre Maid Jællen, hin zum Ratszelt des Toste, des Æthalberts Lenden Zierde.
Auf dem Weg aber gesellte sich ein gut gelaunter primi pili centurio zu ihnen. Der musste gleich den Sessel schleppen.

Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5378 Beiträge veröffentlicht!