Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Von Jelkes Skalden-List

Weithin also durchquerte mordend der reisige Telamon, der grimme Vertilger, die Reihen von Jelkes Kriegern, ehe er vor der Thorgesttochter zu stehen kam. Heftig wölbte sich die mächt´ge Brust unter zwiefach gewebter Brünne, von des Krieges Mühen und freudiger Erwartung erregt. Der kühne Helmbusch wehte nicht länger von muntrer Brise bewegt, denn leblos klebte er an der Wehr, leichen- nass und hirnbesprengt. Hart stachen ihm die Wangen aus blut´gem Antlitze ab, und hart auch der Blick, der die Jelke traf. Fest fasste er das Schwert mit den nervichten Händen, dass die Lederriemen knirschten und Sehnen und Adern anschwollen, wie der reißende Gebirgsbach nach des ersten Frühlings Tag. Also gedachte der Soldmann Æthalberts zu tilgen seines Löhners Schmach. Schon wirbelte das Schwert und mit graus´gem Ruf auf den Lippen drang er auf die blondgelockte Heldin ein.
Fest stemmte da die Jelke die Beine auf die Erde, warf geschwind den Schild nach vorn, dem tödlich Streich zu begegnen. Weithin war das Bersten der rettend Wehr zu vernehmen, als Telamon ihn zertrümmerte. Das kam Jelke Eisenseite hart an, denn taub war nun die Linke, der Lilienarmigen Schildhand, von des Ungestümen machtvollem Hieb, und wehrlos stand sie jetzt. Schnell zuckte ihre Klinge vor, kraftlos doch, noch von des Hiebes Wüten gehemmt, dass der Vertilger diesem leicht entging. Hart bedrängte er die Schwertfrau, die jeden Schlag mit der eignen Klinge parierte, mit Mühen jedoch, und sie wich bald, ob solch Bedrängnis. Zwei, drei Schläge von des muskelstarken Helden Armen und die Jelke strauchelte zu Boden. Jauchzend schrie da der Held auf, gewiss des Sieges, Spott auf den Lippen:
>Nun fahre zu Hel, elende Schmäh´rin. Nimmer mag dann einer solch Rede führen, liegt dein Haupt erst blutig mir zu Füßen und deine Wehr in meinem Zelt zur Zier.<
Und Jelke, ganz heldisch im Anblick des nahend Todes:
>Was soll das denn heißen? In deinem Zelt zu Zier? Soll wohl ´nen Versuch von ´nem Stabreim sein, wie? Und noch ´nen kläglicher obendrein!<
Da dichtete die kund´ge Skaldin die Strophe:

Hohl wie Tursen Häupter,
Hönir spart´ wohl an ihm.
Kennt nicht des Bragis Kunst,
Kampfwut brennt nur in ihm.
Schwerter nur nicht Stäbe,
schmiedet sein harter Kopf,
Kluger Skalden Worte,
wird bald zum Stammeln ihm.

Da sah man, welch scharfe Zunge die Thorgesttochter führte, und nicht wenige meinten, dass sie wohl noch schärfer als Tyrfing schnitt. Des Telamons Gesicht lief rot an und es kostete ihm einiges an Mühe, die Thorgesttochter nicht sogleich zu töten. Doch zuvor galt es noch der neidlichen Rede zu widersprechen. Also der reisige Renner Telamon, stabender Weise:

Jelke Thorgesttochter fährt gleich tot zu Hel,
blöde Kuh, blökt dann nicht mehr...

Weiter kam er nicht, denn die Jelke musste nun lachen. Sie rief:
>Was war denn das? Weißt du denn nicht, dass der Hauptstab des Abverses immer auf der ersten Silbe des ersten betonten, sinnschweren Wortes liegt?<
Da wurde der Telamon noch röter. Er sprach:
>Thorgests Tochter Lohn, der Tod für ihre Tat...<
Jelke fasste sich an die Stirn und rief:
>Aber nein, der Abvers darf niemals zwei Stäbe tragen, immer nur einen, nie zwei! Alles klar? Nein? Gut, der Anvers kann einen oder zwei Stäbe tragen, ja? Gut! Der Abvers nur einen! Jetzt kapiert? Ja, genau nur einen, und immer...?<
Telamon kratze sich am Kinn und sagte:
>...und immer auf dem ersten betontem, sinnschweren Wort?<
>Genau, na bitte, wer sagt´s denn!<
Und der reisige Renner Telamon:
>Thorgests Tochter Lohn, der Tod für ihr.... äh Verbrechen?<
>Ja, ja, nicht schlecht, ich meine mit den Stäben und so. Aber wenn wir schon staben, dann wollen wir auch gleich richtig machen, oder nicht?<
>Doch, doch!<
>Na, also! Wir sind Skalden und keine Bauern, nicht wahr? Also staben wir im Dróttkvætt, alles klar, ja?<
>Ja!<
>Na, dann los!<
>Ähm...<
>Oje! Na gut, stell´n wir uns ´mal janz blöde! Was is denn ma´ ´nen Dróttkvætt? Ganz einfach, sechs Silben pro Vers, also...?<
>Ähm? Zwölf in einer Langzeile?<
>Genau! Prima, Los geht´s!<
>Thorgests (2) Tochter (2) Lohn. Ne, das sind nur fünf, verdammt.<
>Nur Mut Telamon, experimentiere ruhig!<
>Thorgests (2) Tochter (2) Lohn..., Löhnung...<
>Ganz genau!<
>Thorgests Tochter Löhnung, der Tod...<
>Ne, lass den Artikel lieber weg. Ist schöner, wenn der Hauptstab direkt am Anfang des Abverses steht!<
>Thorgests Tochter Löhnung, Tod für ihre, ähm...SCHMÄHUNG (6).<
>Mein Gott, dessen Existenz ich bekannter Weise ja leugne, jetzt hat er´s!<
>Thorgests Tochter Löhnung, Tod für ihre Schmähung.
den Schädel mit dem Schwert, spaltet ihr der.. ähm.. Ger-Held? Geht das?<
>Ja, ja, nicht schlecht. Ger-Held, toll, bisschen blutig, aber, ne, ist super!<
>Hallo!<
>Hallo, Bigode, Hallo Thal!
>Was macht ihr?<
>Einen Moment noch, sind gleich fertig!<
Und der Telamon:

Thorgests Tochter Löhnung,
Tod für ihre Schmähung.
den Schädel mit dem Schwert,
spaltet ihr der Ger-Held.
Dreist höhnte die Dise,
Drostes schmählich Walten,
Es stopft der Kecken Maul,
Mordrufer Telamon<

Und Jelke sprach da kühnen Sinnes:
>Na bitte, wer sagt´s denn! Nicht schlecht. Na ja gut, die Binnenreime fehlen noch, aber das machen wir ´nen anderen Mal! Thal? Bigode?<
Und die Helden beid:
>Ja?<
>Packt ihn!<
Das ließen sie sich da nicht zweimal sagen und schon stürzten sich die Helden all auf den Witwenmacher. Da endlich erkannte der geschwinde Ger-Wirb´ler Telamon der Jelke List und zornig wie der Leu, der, von dreifach wölfisch Übermacht umringt, der sich´ren Beute beraubt wird, brüllte da der Mann, dass dick am Halse traten hervor die Adern. Doch siehe, so groß sein Zorn auch war, vermochte er doch die drei Helden nicht zu überwinden. Jagdhunden gleich, die den schnaubend Eber gestellt, umringten sie den Vertilger und bedrängten ihn gar hart, dass der Helden-Zermorscher bald wich. Da nutzte kein wütend Gellen, noch unbändig Rasen. Kaum dass sein Schwertarm nun zum Hiebe taugte, denn dicht auf dicht fielen der Gefährten Schläge, dass nur auf Abwehr der starke Mann hoffen konnte. Bald sah man ihn da aus einer Wunde bluten, die Jelke, vorwitzig des Schwertes Spitze nach ihm stoßend, am Schenkel ihm gab. Also wich Telamon vor den starken Degen zurück durchs Heer, hin zu seinen Männern, zu sehen, ob nicht einer unter ihnen wäre, der ihm beistünde. Und wehe, dem Heere Lormyrs mangelte es nicht an kund´gen Streitern.

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