Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie der Kampf noch einmal heftiger wird

Schon hoffte da der Recke Telamon die eigenen Reihen zu erreichen, dass von dort ihm Rettung werde zuteil, denn hart gingen ihn die Bigode, der Munzianer und die Jelke an, dass schon aus vielen Wundbrunnen ihm der rote Lebenssaft floss. Dreifach vereinter Heldenmacht wagte er selbst zu überwinden nicht hoffen. Wenig gefiel´s der Jelke, den mörd´risch Mann entkommen zu lassen und rief, den Mut der Freunde zu erneuern:
>Weh uns, entkommt der Schreckliche, dem gräulich Ares gleich, dem nur Mord und Krieg gefallen.
Da wird uns wenig Ruhm daraus, wenn er der dreifach Übermacht entgeht. Seht, dort blutete aus der Wunde er, die am Schenkel ich ihm gab. Lasst seinen Lauf uns nun zur Gänze hemmen, beherzt noch einmal stürmen, zu rauben ihm Leben und Wehr zugleich. Fürderhin aber würden unsere Namen vor allen anderen gelobt werden an den Feuern, wenn uns dieses Heldenstück gelänge.<
Und es traf nicht die Rede auf unwillig Herzen. Thal sprang da hervor, und Bigode ebenfalls und Jelke hintendrein.
Der Telamon aber wehrte des Einhand Schlag mit dem eignen Schwerte ab, leicht, wie der stolze Stier die lästig Fliege mit dem Schwanz vertreibt, drückte er den Schwanzgepanzerten weg und schlug ihm den Knauf gegen den Helm, dass es dem Thal laut im Hirne dröhnte, als des Telamons Armes Kraft ihn zu Boden warf. Doch Bigode nun, das herrisch Weib, ihm in den Rücken fiel, den Hammer schwingend, dem starken Mjölmnir gleich. Schon senkte sich die schreckliche Waffe hinab, zielend auf des Helden starke Schultern. Telamon aber, von des Thal Drängen befreit, riss das Schwert über die Schulter und blockte den Schlag der Bigode ab, dass es laut gellte und Funken stoben. Mit dem starken Schenkel aber trat er nach der Frau, dass weithin sie flog übers Feld und rasselnd zu Boden schlug.
Schon wollte er dem Thal aus Munz die Todeswunde geben, da warf Jelke sich auf den Wüterich. Das Schwert stieß sie nach ihm, doch vermocht sie nicht die Brünne zu durchschneiden. Schon traf des Telamons Klinge sie am Helme, doch mit der flachen Seite, dass Jelke wirbelnd nun aufs leichennasse Feld sank. Das wäre der Helden zween Ende, doch Bigode rief nun wutentbrannt auf, den Hammer wirbelnd zum Wurfe, dem starken Rotbart gleich, schoss sie ihn ab. Und mit Mühen gelang es dem Telamon dem Geschoss zu entgehen. Dann griff er nach einem Feldstein, zackig, scharf und schwer, wie drei Männer ihn nicht zu heben vermochten und warf in behände nach der Kühnen.
Der Felsen traf sie in der Beuge zwischen Hals und Schulter, und ein scheußlich Knirschen ward zu vernehmen, als der Bigode Sehnen, Fleisch und Knochen zerschmettert wurden. Da ging sie in die Knie, der Arm hing schlaff und nimmer mehr zu Kampfe taugend herab. Und schon spürte die Kampfmaid des Todes nahend Schwärze vor den Augen. Telamon aber trat an sie heran, erhob das Schwert und brüllte, stark wie ein Dämon, als er der Wehrlosen in den entblößten Nacken hieb, dass weithin rollte der Heldin Haupt. Thal und Jelke aber sahen´s mit Grausen, wie der schreckliche Mann die Bigode dahinmordete. Schon wollte er sich über das Weib beugen, um sie der Rüstung zu berauben, als Jelke Eisenseite und der Mann aus Munz ihn angingen, dass nicht zwiefach Scham falle auf der Gefährtin Leib. Kühn wie die Löwin, die ihre Jungen verteidigt, fiel Jelke den Mann an, dass dieser ob der Heldin ungestümen Wütens weichen musste. Auch Thal wehrte nun des Rasenden Trachten, und viele meinten später, nie habe man Helden derart heftig um eine Tote streiten gesehen. Wie oft aber der Telamon die Gefährten bestürmte, wurde er doch jedes Mal zurück geworfen. Jedoch, wie oft die Helden den Stürmenden zurückwarfen, so vermochten sie ihn doch nicht zu vertreiben. Bald nun blutete da die Jelke aus einer Wunde an der Weiche, dass Blut ihr den Schenkel nässte und in den Stiefel lief. Doch zu erregt focht sie, dass sie der Wunde kaum gewahr ward. Also das heldisch Weib, den Telamon begegnend.
Itzo konnte weder der Telamon die Beiden vertreiben, um der Bigode die Rüstung von Leibe zu ziehen, noch vermochten die Seeschäumer die Tote zu bergen. Da riefen sie nach den Gefährten und es vernahmen viele den Ruf der Streiter in den Heeren beid.
Wohl vernahm´s der Toste und strebte schnell durchs Heer, denn nicht verborgen blieb´s dem Ordner der Reihen, dass dort die Schmäh´rin Jelke stritt. Also der Sohn Æthalberts, der kühne Toste. Ihm folgend sein Gefährte, der treue Jugendfreund Herman. Er trug dem Freunde zwei der Speere nach, schwer und lang, mit bronzenen Widerhaken. An seiner Seit´ schlug ihm die Axt im Laufe gegen den Schenkel. Das war ein Trollwaffe, mit einem spitzigen Dornen bewehrt, ein gräulich Panzerstecher. Dieser Held ward dem Toste der liebste ihm ganzen Heere und nie entfernte der eine sich im wildem Speersturm weit vom anderen.
Im Heer der Seeschäumer aber lief Felwig, der starke Tjostier, den Gefährten zur Hilf.
Die schöne Kh´Restrin sandte ihre schnellen Geschosse nach den Mannen Lormyrs und hatte schon der Sechse gefällt, als Helmgerd, der reisige Greis, sich an die Fernhintreff´rin wandte:
>Oh Kh´Restrin, du tücht´ges Weib, siehe, dort streiten große Recken um den Leib der herrlichen Bigode. Schon langt des Mörders Rechte nach der Toten Rüstung, doch noch wehren dem Raub der Helden zween. Dort läuft Felwig hin, den Gefährten beizustehen. Siehe dort, ja Hilfe ist von Nöten, stürmt dort schon dem Telamon der Toste zur Seite. Ihm folgte auf dem Fuße der starke Herman, der dem Toste der liebste ist im Heere. Uns lass nun entscheiden, was uns klüger dünkt, all hier zu verharren, der Lormyrer Reihen zu bekämpfen, gewiss kein kleines Werk, oder der Jelke beizustehen gegen den wütenden Dämon Telamon. Dies scheint mir den größ´ren Ruhm zu bringen.<
Und die schöne Kh´Restrin, den Pfeil von der schwirrend Sehne lassend, dass bald der Siebte vor ihr sank:
>Aus deinem Munde spricht des Alters Weisheit, edler Greis. Gerne will ich dem folgen, was dir das kühnere von beiden scheint. Eilend lass uns streben, wo blutig um die Leiche fechten, die starken Helden Jelke und Telamon. Dort will ich sehen, ob nicht etwas ein Gott mir die Glieder leicht macht, das Auge schärft und meinen Pfeil auf den Telamon lenkt, dass der Tod ihm löse die starken Glieder und rasselnd er zu Boden fällt.<
Also die Schöne kühnen Sinnes und an ihrer Seit´ der ratkundige Greis Helmgerd.
An andrer Stelle stritt der Wögenröter. Auch der vernahm die Rufer im Streite, die Jelke und den Telamon auch. Gern wollten ihm die starken Schenkel folgen dem Drängen des mut´gen Herzen, denn nicht wenig gelüstete es ihn, den Gang zu wagen gegen den Telamon, der doch der Stärkste im feindlich´ Heere ihm schien. Doch nicht gestattete ihm dies die Dunkel-Albe Tarna, die den Marschall hart anging. Dicht fielen der Recken Hiebe, und führte der Bohemond die machtvolleren, so waren die der Albe die gewandteren; lange Zeit vermochte keiner den anderen zu überwinden. Da sprach der Wogenröter die geflügelten Worte:
>Siehe, edle Tarna von albisch dunklem Geschlecht, dort begegnet sich beider Heere Heldenblüte, zu bergen die Tote oder zu rauben ihre Wehr. Da liegt der größte Ruhm am heut´gen Tage. Wir aber schlagen uns hier, nicht müßig wie´s mir scheint,< Der Bohemond drosch mit muskelstarkem Arme die stählern blut´ge Zunge auf der Albin Schild, dass laut hin dröhnte es vom Schlage. >doch will das Schicksal den Sieg wohl keinem von uns vergönnen. Höre meine Vorschlag also, dass wir ruhen lassen unsre Schwerter für heut´ und streben nach dem dichten Heldengewühl. Dort können wir uns and´re suchen, denen wir das Leben rauben, oder unsren Kampf erneuern. Sage, edle Tarna, wie´s dir das Beste scheint.<
Der Albin Klinge schoss nach vorn, schnell wie die zustoßende Natter, und mit Mühen und dem Schilde rettete des Einars Marschall sein Leben. Die blinde Tarna rief da, wie´s ihr am besten schien:
>Gerne will ich deinem Rate folgen, oh Bohemond. Lass´ uns den Kampfe enden, dass wir zu dem dichten Heldengewühl streben. Dort wollen wir uns and´re suchen, denen wir das Leben rauben, oder unsren Kampf erneuern. <
Da senkten die Helden die Waffen wie in Freundschaft und die Albin schenkte dem Marschall ihr Schwert. Das war eine sehr kostbare Klinge, von albisch Hand geschmiedet. Das Schwert hieß `Biss´, und vom Heft bis zur Spitze waren zaub´rische Runen auf dem schwarzen Stahl gewirkt, geheimnisvoll und dunkel, wie das Zeitalter, aus dem sie stammten. Da freute sich der Bohemond sehr, verneigte sich artig und übergab ihr sein eignes Schwert. Das war nicht so kostbar und hieß nur ´Schwert´, war aber sehr schwer und scharf. Also die Helden, der kühngesinnte Bohemond und die untadlige Tarna Silberhaar, vom Stamm der Dunkel-Alben.

Voll wildem Ingrimm stritt auch der zwergisch Munzianer Garmir. So manchem Lormyrer schlug der Zwerg die Beine unterm Rumpf weg, dass sich die wogenden Scharen an ihm brachen, wie selbst das stolzeste Wogenross an den Schären scheitert. Also verwehrte es der Vieltürmigen Kriegszögling dem lormyrischem Volke an dieser Stelle durchzubrechen.
Wie er nun so stritt und der verhassten Feinde nicht wenige niedermachte, da befiel ein großes Staunen den Mann, dass ihm das Kriegswerk so leicht von der Hand ging, da nirgends ihm ein starker Held begegnete im Waffengang. Da fürchtete er, dass anderswo der Vertilger Telamon, der Toste und die schreckliche Elfe auch, das Heer nun stark bedrängten.
Dicht wogten die Reihen und wie sehr er auch sprang, vermochte der schwarzgepanzerte Zwerg nicht die Schlacht zu überblicken. Schnell griff er die doppelschneidige Axt fest mit der knorrigen Rechten, erschlug flugs drei Männer, dass diese entseelt übereinander fielen, und sprang auf den Leichenberg und sah mit scharfen Blick des Kampfes Wendung. Gern wollt er da enteilen zum bittren Kampf um die Bigode, wo die herrlichsten Helden einander dahinmordeten, als im nämlichen Augenblick zu seiner Linken großes Wehgeschrei aus seiner Hundertschaft erklang. Bald sah er da, wie einer nach dem anderen seiner Krieger wie von unsichtbarer Hand dahinsank und die Mordschneise eilends auf den Munzianer zuhielt.
Nun bebten dem kühnen Degen die Glieder, wähnte er, dass wohl ein Gott den Lormyrern zu Hilfe geeilt sei, der schreckliche Ares gar, dem nur Mord und dergleichen gefielen.
Da aber fielen mit einem Mal drei seiner Krieger und ein helmumkränztes Antlitz ragte über die Reihen der Männer empor, sich Überblick verschaffend, wild den Schildtroll um sich wirbelnd, dass manch ein Mann des Munzianers auf Leichen-Zehrers reichgedecktem Tisch dahinsank.
Unter dem Helm aber lugten zwei Zöpfe hervor, von blonder Röte, wie rotes Gold. Als sich ihre Blicke trafen schrieen die beiden Zwerge kampflüstern auf, sprangen von ihren Leichenhügeln und stürmten aufeinander zu.

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