Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie Garmir dem Gunther die Rüstung stehlen will

>He<, schrie der Zwerg. >Gunther, warte doch!< Der hünenhafte Munzianer hatte den zwergischen beinahe abgehängt, als der den Ruf seines Freundes vernahm. Er drehte sich um, sah ihn, d.h. den wandelnden Schlamm, aus dem zwei rotädrige, wild funkelnde Augen hervorstachen. Dahinter die Lormyrer. Garmir würde es nicht schaffen. Gunther hielt an, rückte den Helm zurecht, der ungewohnt drückte, lockerte sich genüsslich und fasste das Schwert endlich fest mit der nervichten Rechten. Den Schild hatte er fortgeworfen, leider. Mit der Linken riss er sich den einst schwarzen, nun schlammigen Umhang der Munzianer ab und wickelte ihn um den Unterarm. Der wütende Zwerg stampfte weiter, die Axt wild mit den Händen überm Haupt schwingend.
>Ich mache Euch kalt, ihr widerlichen Schweine, wie damals im Schweinefjord!<, schrie der Zwerg mit gefletschten Zähnen.
Empört schrie Gunther auf, dass sein Gesicht sich rot verfärbte:
>Bist du von Sinnen, du kleiner Mistkerl. Dir zeig´ ich´s, wie ich´s damals im Trollfjord gemacht habe!<
Und der Zwerg erregt, die Lormyrer hart hinter sich:
>Hundsfott! Nein, nein! Nicht wie im Trollfjord! Außerdem bist du jetzt dran!< Damit warf er sich auf seinen Freund, der nur knapp der Axt entging. Gunther holte aus:
>Was? Niemals! Das letzte ´mal war ja wohl bei der Schlacht Mützen! Damals mit Gallenstein! Und da war ich dran!<
Garmir tauchte unter dem Schlag und hieb nach den Knien des helmumkränzten Gunther:
>Ach?<, fragte der Zwerg erbost. >Und was ist mit den `Drei Fingern von Hatin´?<
Ein beherzter Sprung rettete dem Gunther seine Beine. Das war gut, denn sein Rechtes konnte er nun gebrauchen, um dem Zwerg ins Gesicht zu treten.
>Hm<, überlegte Gunther, >war das nicht das Mal davor?<
Der Zwerg riss den Stiel seiner Axt hoch, lenkte das Bein über sein Haupt, lächelte:
>Nein Gunther, tut mir Leid, aber das war es nicht!<
Garmir trat dem Freund auf aufs Standbein, Gunther fiel um und landete schwer mit dem Rücken im Schlamm.
>Sch...ade!<, meinte er betrübt. >Dann muss ich wohl dran glauben, was? Na, nur gut, dass ich diesmal einen Helm auf habe! Beim letzten mal hab...<
Ein Hieb auf sein Haupt brachte ihn zum Schweigen und zur Bewusstlosigkeit.
Garmir setzte sich auf die Brust des Gefallenen und machte sich schon daran ihm die Rüstung abzuschnallen, als auch schon die ersten Lormyrer heran waren. Der Zwerg ließ von seiner Arbeit, legte sich die Axt auf den Schoß und meinte:
>Verpisst Euch! Der gehört mir! Sucht Euch selber einen!< Das sagte er mit dunkler, befehlsgewohnter Stimme, wie es einem Munzianer wohl anstand. Leider schien es die Lormyrer nicht zu überzeugen. Der Regen wischten ihnen den Schlamm von den Gesichtern und Rüstungen, als sie zögernd vor dem Zwerg standen. Einer endlich meinte:
>Hab Dich noch nie gesehen bei uns!<
>Ach!<, sagte Garmir und drehte die Axt. >Na, ist ja auch ein echt großes Heer, nicht! Wer ist denn Euer Anführer?<
>Ähm, der Telamon.<
>Na, das erklärt ´s dann. Ich gehöre ja zum Toste. Kein Wunder also, dass man sich nicht kennt, was?<
Die Männer sahen sich an, runzelten einträchtig die Stirn, blickten wieder auf den Zwerg, hoben ein klein wenig die Schilde, fasste die Waffen vielleicht etwas fester.
>Dein Mantel!<, sagte der eine wieder, der dem Garmir mittlerweile verhasst war, wie nur einer.
>Hä?<, machte der Zwerg und blickte auch seinen Mantel. Regen spülte den Schlamm ab. Schwarze Wolle kam zum Vorschein. >Scheiße!<, dachte er und wandte sich mit unschuldiger Miene wieder an den Mann: >Ja, ein Mantel? Und?<
>Ach, nur, dass man ja von einen zwergischen Munzianer gehört hat! Munzianer tragen alle schwarz!<
Mittlerweile wurden es immer mehr Krieger die sich um den Garmir scharten.
>Scheiße! Scheiße! Scheiße! Das wird nix, das wird nix!<, fuhr es ihm durch den Sinn. Seine Stirne zerfurchte sich und grub zwei drohende Zornesfalten in sein bärtiges Antlitz. Mit dem Daumen fuhr er prüfend über die Schneide seiner Axt. >Pah< Er spukte in den Schlamm. >`Ne ganze Menge Leute tragen schwarze Umhänge!<
>Ja<, sagte der eine wieder und deutete auf den Arm von Gunther. >Der da auch!<
Der Kreis von Kriegern wich einen Schritt vom Zwerg zurück, die Waffen auf ihn gerichtet.
>Sag´ mal<, murmelte er in seinen Bart, >muss sich hier das ganze Scheiß-Heer der Lormyrer um mich versammeln? Haben die nichts besseres zu tun?<
>Was hast Du gesagt?<
>Ähm, hört ´mal Jungs, ihr seid da im Begriff einen großen Fehler zu machen<, sagte der Munzianer, erhob sich und schwang probeweise die Axt. >Ich meine, macht nix, was ihr später bereuen könntet!<
>Also gut!<, rief einer, >Gibt es hier irgendjemanden, der den kleinen Mistkerl kennt?<
Schweigen erst, dann überraschtes He- und Holla-,Immerlangsammitdenjungen
PferdenmeineDame und AutschmeinFuß-Rufe, bis sich eine kleine Gestalt durch die Krieger schob und in die Mitte des Kreises trat. >Ja! Ich kenne ihn<, sagte die blondbezopfte Zwergin und schenkte dem bebarteten Zwerg ein Lächeln, lieblich und anzüglich zugleich. Und es hätte der Zwerg zurückgelächelt, wäre nicht im nämlichen Moment das Wolfsheulen vom anderen Hügel her gekommen. Da wurde Garmir sehr traurig und besorgt.

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