Die Saga von Jelke Eisenseite
von Carsten Maday

 

Wie der Legat den Tribunen lobt

Der Legatus Augusti pro praetore Quintus Petilius Lollius stand unterm Vorzelt und blickte auf den Regen, der die Erde keine zwei Schritte vor dem Legaten in Schlamm verwandelte. Wenn es weiter so regnet, dachte Lollius, wird es Morgen der reine Selbstmord sein, den Hügel zu stürmen. Die schweren Tropfen prasselten monoton aufs Zeltdach, und Lollius spürte die Blicke seiner drei Untergebenen, die den schweigenden Legaten ratlos musterten. Dieser Assentator, tausendmal verfluchter Hund! Wie gern würde ich diesen Verräter ans Kreuz schlagen lassen, aber seine Familie ist leider von nicht geringem Einfluss am Hofe. Er dachte an den Wutausbruch des Toste, als er ihm seinen Wunsch nannte. Das erzielte Lächeln stellte sich ein und mit ihm wandte der Legat sich frohgemut dem Tribunen zu. Väterlich legte er ihm die Hände auf die Schulter, widerstand dem Drang die Schultern mit seinen starken Händen zu zermalmen und sprach liebevoll:
>Ah, lieber Ambitus, das war tapfer gesprochen.<
Kalter Schweiß entstand auf des Tribunen Stirne, der nicht recht wusste, wie ihm geschah. Jason und Jællen tauschten einen ratlosen Blick.
>Hab ihr gesehen, liebe Praefecta<, fuhr der Legat zur Jællen gewandt fort, >wie mutig dieser Jüngling die Ehre des Imperators und seines Feldherrn verteidigt hat? Mache er nur weiter so!<
Er tätschelte die stolzerröteten Wangen des Tribunen, der nun recht erleichtert schien, dass der Lollius die Sache so aufnahm und nicht anders.
>Pflicht und Liebe zwangen mich dazu<, sagte er >so dreist das Wort zu ergreifen, oh du mein Legat, doch lieber wollt ich deinen Unmut erwecken, als zu dulden, dass schmähend Wort deine untadlige Ehre besudelt!<
Und Lollius:
>Braver Mann. Sorge Dich nicht, lieber, guter Ambitus, denn nicht zornig bin ich dir gesinnt, sondern ganz in Freundschaft und väterlicher Zuneigung bin ich dir gewogen. Deine gute Tat aber soll nicht ohne Lohn bleiben. Morgen, wenn es ans Kämpfen geht, will ich dir daher die Ehre erweisen, an meiner Seite in der vordersten Schlachtreihe zu stehen!<
Da schien der Tribun vor lauter Dankbarkeit sprachlos zu sein, denn seine patrizische Kinnlade klappte nun auf und zu, ohne dass ihr ein Laut entkam. Sein Gesicht aber erbleichte ganz. Da sah man, wie sehr der Jüngling von dieser Ehre übermannt wurde. Und Lollius:
>Na, dann solltest du wohl mal besser machen, dass du ins Bett kommst. Du musst ja auch früh raus, nicht wahr. Geh und sei so gut und nimm meinen Stuhl mit!<
Und es enteilte betroffenen Schritts der Tribun, der hündische Verräter Ambitus.
>Scheißkerl!<, sagte Lollius laut, als der Tribun im nächtlichen Regen verschwand.
>Eben nicht<, meinte da der Centurio, der reisige Renner Jason, und berichtete dem Legaten und der schönen Jællen von seinem übelriechenden Streich und wie er entdeckte, dass der Tribun ein Verräter war.
>Hättest du mir auch früher sagen können<, sagte da der Lollius. Der Centurio verdrehte die Augen.
Lollius zur holden Praefecta:
>Jællen, eile zu deiner ala und setz sie davon in Kenntnis, was Morgen auf sie zu kommt. Ich folge Dir später nach, um mir selbst ein Bild von deinen Belgern zu machen. Du aber, Freund Jason, eile dem Tribunen, dem Verhassten, nach, denn schwerlich glaube ich´s, dass er sich bettet. Wenn wir Glück haben, gelüstete es ihn nach seinem Verräterlohn und er führt Dich zu seinem Löhner! Auf, auf denn, ihr edlen Krieger, meine Freunde. Fort ins Dunkel der regnerischen Nacht, die uns nicht enden will.<
Und es entschwanden die drei ins Dunkel, ein jeder in eine andre Richtung.

Autorenplattform seit 13.04.2001. Zur Zeit haben 687 Autoren 5378 Beiträge veröffentlicht!